Willkommen! Anmelden Ein neues Profil erzeugen

Erweiterte Suche

Botanik: Der Gummibaum - Ficus elastica

Juelich-Logo

 
Impressum
 
Forumregeln
 
Lupen
Mikroskope
Schulung
Messtische
Mess-Software
Mikroskopierdienst
Mikroskopservice
Sonderanfertigungen
 
Ferngläser
Spektive
Teleskope
Globen
 
Sonderposten
Veranstaltungen
Forum
Testberichte
 
AGB
Impressum
Haftungsauschluss
Datenschutzerklärung
Kontakt

 

30. Juli 2016 21:08
Liebe Pflanzenfreunde,

auch wenn es draußen heftig grünt, man kann sich ja auch mal drinnen um sehen. Und da war doch noch ein Gummibaum. Die Pflanze haben wir vor einigen Jahren mal als Hochstämmchen bei Ikea gekauft. Für einen klassischen Gummibaum sind die Blätter zu klein und auch der Wuchs zu verzweigt, die sonstigen Merkmale stimmen aber gut überein. Es scheint sich also um eine Zuchtform von Ficus elastica oder vielleicht auch eine Hybride zu handeln. Die Alternativen Ficus obliqua (graue Rinde und andere Blattform) sowie Ficus rubiginosa (gänzliches Fehlen der rötlichen Behaarung der jungen Blätter und Triebe) scheinen mir nicht so recht zu passen, eine kleine Restunsicherheit bleibt jedoch.

Bild 1: Ein frischer Trieb


Der Gummibaum (Ficus elastica) aus der Gattung der Feigen (Ficus) gehört in die Familie der Maulbeergewächse (Moraceae), in der sich auch die essbaren Feigen wieder finden. Er wird in die Gruppe der Banyan-Feigen eingeordnet, zu denen auch die Pappelfeige (Banyan-Baum) gehört, ist jedoch nicht näher mit dem Kautschukbaum (Hevea brasiliensis) verwandt.
Seine ursprüngliche Heimat hat Ficus elastica in einem Gebiet von Nordost-Indien (Assam) bis nach Indonesien (Sumatra und Java). Heute ist er jedoch eine weit verbreitete Zimmerpflanze und wird in tropischen und subtropischen Regionen als Ziergehölz in Parks, Gärten und an Straßenrändern geschätzt.

Der immergrünen Baum erreicht eine Wuchshöhe von 20 bis 40 Meter (selten bis 60 Meter) bei einem Stammdurchmesser von bis zu 2 Metern. Die Borke ist hellbraun bis mittelbraun. Am Stamm entwickeln sich Luftwurzeln und Brettwurzeln zur festen Verankerung im Boden und zur Abstützung der schweren Äste. Junge Pflanzen findet man auch als Epiphyten wachsend.
Die wechselständigen Laubblätter sind gestielt und glattrandig. Der Blattstiel ist 2 bis 5 cm lang, die ledrige Blattspreite wird 8 bis 35 cm lang und 5 bis 15 cm breit. Die Blattoberseite ist glänzend dunkelgrün und auf der hellgrünen Blattunterseite zeichnet sich die Blattadern netzförmig ab. Die Blattgröße ist bei jungen Pflanzen, die in der Natur mit dem wenigen Licht im Unterholz auskommen müssen, am größten (gelegentlich bis 45 cm) und viel kleiner bei älteren Bäumen oder Pflanzen an hellsonnigen Standorten. Die verwachsenen Nebenblätter schützen das junge Blatt vor der Entfaltung wie eine Tüte. Sie sind hellgrün bis dunkelrot und werden beim Entfalten des Blattes abgestoßen.

Ficus elastica ist einhäusig getrenntgeschlechtlich. Wie bei anderen Ficus-Arten benötigen die Blüten eine besondere Art symbiotisch lebender Feigenwespen zur Bestäubung. Die Blüten beiderlei Geschlechts befinden sich im Inneren eines Blütenstandes, der paarweise achselständig an blattlosen Kurzsprossen gebildet wird.

Bei Verletzung geben die vegetativen Pflanzenteile reichlich weißen Milchsaft (Latex) ab, der allergische Reaktionen auslösen kann.

Bild 2: Auch am jungen Stamm bilden sich schon zahlreiche Luftwurzeln.


Bild 3: Eine schöne Illustration zu Ficus elastica

Köhler's Medizinal-Pflanzen, 1897, Franz Eugen Köhler, Public Domain. Quelle: www.biolib.de von Kurt Stüber.

Kurz zur Präparation:

Blatt und Blattstiel wurden nach zweitägiger AFE-Fixierung geschnitten, die Sprossquerschnitte nach dem Schnitt für ca. 20 Minuten in AFE fixiert. Geschnitten wurde auf dem Handzylindermikrotom mit Leica Einmalklingen im SHK-Klingenhalter. Die Schnittdicke beträgt in allen Fällen ca. 50 µm.
Der zähe Spross ließ sich dabei nur schwer schneiden, der Zylinder des Mikrotoms wurde bei der Schnittführung oft angehoben. Ganz im Gegenteil dazu waren Blatt (freistehend!) und Blattstiel sehr einfach zu schneiden.

Gefärbt habe ich alle Pflanzenteile mit Rolf-Dieter Müllers W3Asim II. Entsprechende Arbeitsblätter können im Downloadbereich der MKB-Webseite herunter geladen werden.

Hier kommt nun noch der Spross; Blattstiel, Blatt, Wurzel und Luftwurzel gibt es in den direkt folgenden Antworten bzw. auf der zweiten Seite des Threads.
Und auch zum Milchsaft gibt es etwas zu entdecken.

Der Spross

Bild 4: Spross in der Übersicht, Makroaufnahme des Präparates mit der Canon S3is

Hier schon zu erkennen: die Farben wirken gedeckt, ja stumpf. Ich denke, das ist auf die Reste des Milchsaftes zurück zu führen, die bei der kurzen Schnittfixierung im Gewebe verblieben sind.

Bild 5a/b: Ein wenig näher heran, Bild 5b mit Beschriftung. Vergrößerung 50x, Stapel aus 12 Bildern.


Die Beschriftung von innen nach außen:
MP: Markparenchym
PXl: Protoxylem
XL: Xylem
T: Trachee
MS: Markstrahl
Ca: Cambium
Pl: Phloem
Skl: Sklerenchym
RP: Rindenparenchym
Periderm: entstehendes Periderm unter der Epidermis
EP: Epidermis
Cu: Cuticula

Bild 6a/b: Mark und Xylem, Bild 6b mit Beschriftung. Vergrößerung 200x, Stapel aus 9 Bildern


Beschriftung analog zu Bild 5b. Xpa = Xylemparenchym. Bei den rot gefüllten Zellen und den rot-orangen Überfärbungen des Xylems handelt es sich wohl um Präparationsartefakte des Milchsafts. Um dies zu prüfen, liegen zur Zeit einige Tropfen Milchsaft in AFE, die den kompletten Färbeprozess durchlaufen werden.

Bild 7a/b: Xylem, Cambium und Phloem, Bild 7b mit Beschriftung. Vergrößerung 200x, Stapel aus 6 Bildern


Beschriftung analog zu Bild 5b.
XPa: Xylemparenchym
SZ: Siebzelle
GZ: Geleitzelle
Gerade hier sind die vergleichsweise stumpfen Farben der Färbung sehr auffällig. Wir werden nachher sehen, dass das am Stück fixierte Material im Vergleich zur schnittfixierten Probe deutlich lebendigere Farben aufweist.

Bild 8a/b: Rindenparenchym und Periderm, Bild 8b mit Beschriftung. Vergrößerung 200x, Stapel aus 10 Bildern


Beschriftung analog Bild 5b.

Nun der Blattstiel:

Bild 9: Makroaufnahme des Präparates mit der Canon S3is

Schon hier ist zu erkennen: das stückfixierte Material liefert die von der W3Asim II Färbung bekannten Farbtöne.

Bild 10a/b: Etwas näher heran, Bild 10b mit Beschriftung. Vergrößerung 40x, Stapel aus 20 Bildern.


Beschriftung von innen nach außen:
MP: Markparenchym
XL: Xylem
Pl: Phloem
RP: Rindenparenchym
Per: Periderm
Die kleinen Objektive sind beim fotografieren immer etwas kritisch. Das Leica 4x C-Plan allerdings ist richtig schlecht, auch Stacken bringt keine befriedigende Schärfe in den Randbereichen.

Bild 11: Der Leitbündelring, Vergrößerung 50x, Stapel aus 14 Bildern

Beim 5x N-Plan sieht das ganze schon etwas anders aus. Die Bildqualität ist zwar nicht berauschend, aber immerhin auch im Randbereich zufriedenstellend.

Bild 12: Ein einzelnes Leitbündel aus dem Ring, Vergrößerung 100x, Stapel aus 5 Bildern

Auffällig sind die vielen kleinen Leitbündel oberhalb des großen Bündels, die dem aufmerksamen Beobachter auch in den vorangegangenen Bildern sicherlich bereits aufgefallen sind.

Bild 13a/b: Zwei kleine Nebenleitbündel, Bild 13b mit Beschriftung. Vergrößerung 400x, Stapel aus 6 Bildern


Beschriftung analog zu Bild 10b.
MK: Milchkanal?
D: Drusen
Bei den Nebenleitbündeln scheint ein nur schwach ausgeprägtes Xylem von Phloemzellen umringt zu sein.

Bild 14: Oberseite des leicht abgeflachten Blattstiels, Vergrößerung 200x, Stapel aus 9 Bildern

Auch hier scheint sich so etwas wie ein Periderm zu bilden. Die verdickte Stelle geht wahrscheinlich auf eine Verletzung zurück. Die ursprüngliche Epidermis mit ihrer Cuticula ist noch nicht eingerissen.

Bild 15: Unterseite des Blattsiels, Vergrößerung 200x, Stapel aus 9 Bildern

in den Zellen der Epidermis sind schön die Zellkerne zu erkennen. Die orangenen Punkte würde ich als Milchkanäle deuten.

Weiter geht es mit dem Blattspreit des Ficus elastica.

Zunächst zwei Auflichtaufnahmen:

Bild 16: Makro von der Unterseite des Blattspreits mit Nervatur


Mit zwei Jansjö und ein wenig Papier kommt man auch mit dem Durchlichtmikroskop näher heran - allerdings nicht so perfekt, wie Horst-Dieter mit seiner Methode.

Bild 17: einfache Auflichtkonstruktion am Leica DME


Bild 18a/b: Blattunterseite im Auflicht, Bild 18b mit Beschriftung; Vergrößerung 100x, Stapel aus 42 Bildern


In der Bildmitte verläuft ein größerer Blattnerv, der von länglichen Epidermiszellen bedeckt ist. An den Seiten in einzelnen Feldern liegen die Eisodialöffnungen (ST VH) der eingesenkten Stomata.

Bild 19: Die Blattoberseite im Vergleich, Vergrößerung 100x, Stapel aus 26 Bildern

In der Bildmitte verläuft wieder ein Blattnerv.

Aber zurück zur Blattunterseite. Die Auflichtaufnahmen zeigen nur wenige, verschwommene Details, die einfachen Papierblenden schwächen die Reflexe nicht stark genug ab. Was tun? Ein Blattabdruck muss her! Also frisch ans Werk mit UHU Hart - auf die Schnelle geht's auch unverdünnt. ;)

Bild 20: Zunächst ein ähnlicher Ausschnitt wie in Bild 18, Vergrößerung 100x, Stapel aus 21 Bildern


Bild 21a/b: Da geht noch was! Näher heran bei 200x und 57 Bildern. Bild 21b mit Beschriftung.


Oben wieder ein Blattnerv, der von den schon im Auflicht erkennbaren länglichen Epidermiszellen bedeckt ist. Darunter ein Feld mit Eisodialöffnungen (ST VH). Die eigentliche Spaltöffnung ist nicht zu erkennen - warum, das sehen wir gleich im Querschnitt.

Bild 22: Makroaufnahme vom Präparat des Blattquerschnitts (Mittelnerv und anrandendes Blattgewebe).


Betrachten wir zunächst den Leitbündelring des Hauptnervs.

Bild 23: Übersicht, Vergrößerung 50x, Stapel aus 13 Bildern

Das Bild verspricht einige interessante Details. Wie im Blattstiel sind auch hier innen liegende Leitbündel erkennbar, die hauptsächlich aus Phloemgewebe bestehen.
Die leuchtend rot gefüllten Zellen rechne ich zunächst wieder vom Milchsaft herrührenden Präparationsartefakten zu.

Bild 24: Der Leitbündelring mit Maßstab. Vergrößerung 100x, Stapel aus 8 Bildern


Bild 25a/b: Eines der Bündel im Detail, Bild 25b mit Beschriftung. Vergrößerung 200x, Stapel aus 8 Bildern


PL: Phloem
XL: Xylem
Skl: Sklerenchym
Pa: Parenchym
Links, im inneren des Rings, wieder die kleinen Bündel, die uns schon im Blattstiel aufgefallen sind.

Bild 26: Noch einmal einen Blick auf diese kleinen Nebenleitbündel. Vergrößerung 400x, Stapel aus 5 Bildern

Die zentral liegenden Zellen haben schon verdickte Zellwände, aber ob es tatsächlich Xylem ist?

Nun fehlt uns noch der Blattquerschnitt mit den Assimilationsparenchymen. Aber natürlich sind auch die Stomata nicht vergessen und im Blatt des Gummibaums finden wir noch eine weitere Besonderheit ...

Bild 27a/b: Blattquerschnitt, Bild 27b mit Beschriftung. Vergrößerung 200x, Stapel aus 21 Bildern


Die Darstellung des Zystolithen zwang zu einem Stapel aus 21 Bildern - beim 20x PlanApo nicht wirklich optimal, aber man muss Kompromisse machen.
Skl: Sklerenchym
Pl: Phloem
Xl: Xylem
LBS: Leitbündelscheide
PPA: Palisadenparenchym
SPa: Schwammparenchym
WSZ: Wasserspeicherzelle
Zy: stehender Zystolith in einer vergrößerten Epidermiszelle
St: ein Stoma - das sehen wir gleich noch schöner
EP: Epidermis, hier vierlagig, die jeweils innerste Lage als Wasserspeicherzelle.
Cu: Cuticula

Bild 28a/b: der Zystolith, Bild 28b mit Beschriftung; Vergrößerung 400x, Stapel aus 14 Bildern


Der Zystolith steht auf einem Cellulosestiel (CS) in einer erweiterten Epidermiszelle (eEpZ). Da es sich um ein recht junges Blatt handelt, sind nur geringe Calciumcarbonat-Ablagerungen zu erkennen.
Das Zellumen der Epidermiszelle misst ca. 55 auf 47 µm, der Zystolith etwa 13 auf 10 µm und er sitzt auf einem rund 2,5 µm breiten Stiel.

Bild 29a/b: Eines der Stomata, Bild 29b mit Beschriftung. Vergrößerung 400x, Stapel aus 6 Bildern


SPa: Schwammparenchym
WSZ: Wasserspeicherzelle
Sub: Substomaler Interzellularraum
NZ: Nebenzellen
SZ: Schließzellen
VH: Vorhof
EP: Epidermis
CU: Cuticula
Bei dem tiefen Vorhof wird schnell klar, warum auf den Auflichtaufnahmen und den Blattabdrücken keine Schließzellen erkennbar waren. Mit etwas Mühe ist zu erkennen, dass die Cuticula nicht nur den Vorhof sondern auch die Schließzellen bedeckt.

Bild 30a/b: Nochmals eines der Nebenleitbündel in seiner Bündelscheide. Bild 30b mit Beschriftung. Vergrößerung 200x, Stapel aus 8 Bildern


Beschriftung analog zu Bild 27b. Ob F. elastica bei den vielen Trockenanpassungen eine C4-Pflanze ist? Laut Literatur nicht.

Bild 31: Noch einmal das Palisadenparenchym und die Wasserspeicherzellen. Vergrößerung 400x, Stapel aus 6 Bildern.


So, das war es zum Blatt und ich hoffe, ich habe niemanden gelangweilt. Anregungen und Kritik sind wie immer willkommen.

Freundliche Grüße

Jörg Weiß

Mikroskopisches Kollegium Bonn
www.mikroskopie-bonn.de



2-mal bearbeitet. Zuletzt am 30.07.16 21:16.
Thema Autor Klicks Datum/Zeit

Botanik: Der Gummibaum - Ficus elastica

Fahrenheit 4806 30. Juli 2016 21:08

Re: Botanik: Der Gummibaum - Ficus elastica

Fahrenheit 3419 12. August 2016 21:29



In diesem Forum dürfen leider nur registrierte Teilnehmer schreiben.

Klicken Sie hier, um sich einzuloggen