Wir haben eine 5-tägige Bootstour gemacht. Es ging mit der "Motorjacht" über die friesischen Gewässer in den Niederlanden, und zwar im Raum Sneek - Leeuwarden sowohl über enge Kanäle, als auch über die friesischen meere. Ich durfte den Skipper spielen, da Sportbootführerschein vorhanden und nicht bereits 79 Jahre alt, wie der andere potentielle Skipper.
Zur Orientierung ist dabei ein Fernglas unerlässlich, um z.B. die Fahrwassertonnen und Baken, Schleusenkennzeichnungen und Brückendurchfahrten aus größerer Entfernung identifizieren und beurteilen zu können. Natürlich sind auch die sonstigen Geländemerkmale, Ein- und Ausfahrten, Küstensilhouetten, etc. für die Orientierung wichtig. Ebenfalls ist es hilfreich, um aus einiger Entfernung die sogenannten Marrekriten (=Anlegestellen in freier Natur, kostenlos) sichten und beurteilen zu können. Da ich früher nur auf kleinen Seen gesegelt bin, war die Kursfindung grundsätzliches Neuland für mich. Als einziges Fernglas hatte ich mein Nikon Monarch 8x36 dabei. Kurz gesagt, ohne Fernglas wäre ich aufgeschmissen gewesen.
Ich habe festgestellt, an Bord werden ganz andere Anforderungen ans Fernglas gestellt, als an Land, insofern möchte ich meine Erfahrungen kurz schildern:
Oberste Priorität hat die schnelle (!) Verfügbarkeit des Bildes nach ansetzten des Glases. Man hat keine Zeit, den Kurs viele Sekunden zu vernachlässigen, um die richtige Einblickposition zu finden, oder nach zu fokussieren. Völlig egal sind Eigenschaften, wie Farbtreue oder Randschärfe. Ob die Ampel an der Brücke rot über grün mit Farbsaum oder ohne anzeigt - uninteressant, man möchte nur wissen, wird die Brücke gleich hochgeklappt, und wer darf dann zuerst fahren, der Gegenverkehr oder ich. Will der der Schleusenwärter 1 Euro oder 4,50 Euro kassieren - man muss die Zahlen erkennen können, das ist entscheidend, die Matrosen wollen schließlich eindeutige Anweisungen entgegen nehmen. Der Sehwinkel hingegen sollte nicht zu klein sein, um einen möglichst großen Uferbereich überschauen zu können, wenn man auf der Suche nach einem Kanal aus einem der meere ist.
Bei schönem Wetter, wie wir es hatten, ist mir eine Situation haften geblieben, die so z.B. in der Feldornithologie vermutlich kaum auftritt: Man schaut mit Sonnenbrille durchs Fernglas. Das Bild wird dann natürlich ziemlich dunkel im 8x36, es geht aber noch. Man hat in vielen Situationen keine Zeit und keine Lust, die Brille zu wechseln, das Bild muss auch mit Sonnenbrille hell genug sein. Spritzwasser und grobe Behandlung an Bord mit wechselnden Benutzern hat das Glas klaglos überstanden. Vermisst habe ich das schnelle finden des Schärfepunktes, man rührt ziemlich intensiv hin und her am Fokussierrad, und ist doch nicht zufrieden. Hier ist vielleicht die klare Grenze des recht preisgünstigen Fernglases aufgezeigt worden.
Diese Kombination aus Einblickverhalten, Lichtstärke und Schärfentiefe ist für mich entscheidend, warum 7x50 Ferngläser im maritimen Bereich ein Standard sind. Vielleicht liegt darin auch das Geheimnis des Erfolges der besseren Steiner Ferngläser, die ja streng auf diese Eigenschaften hin optimiert sind.
Natürlich kann man mit dem Fernglas neben den absolut notwendigen Sichtungen auch Vögel bei so einer Fahrt beobachten. Zahlreiche Entenarten, Möven, Kormorane, Gänse, Krähenartige und Reiher sind während der Fahrt und beim Festliegen ständige Begleiter (und nerven nachts manchmal, wenn sie übers Deck trippeln, oder einfach nur laut sind).
Dank u wel den vielen freundlichen Niederländern an dieser Stelle!
Andreas W.
3-mal bearbeitet. Zuletzt am 10.06.11 23:30.
