Eine Woche Dauerregen, bedeckter Himmel, erinnert sich noch Jemand von Ihnen an die Hitze?
Zu meinem 10 x 56 Victory FL hatte ich zwei Abende lang einen Freund mit seinem 10 x 50 SLC, schon in der neuen Ausführung, zu Gast. Im Fernsehen war Nichts besonderes und unsere Frauen hatten uns großzügig frei gegeben, so sind wir auf den Petersberg bei Bonn gefahren um ein wenig Gegend zu geniessen.
Kalendarisch mitten im Sommer hatte man abends gegen 19.00h schon den Eindruck von Dämmerung. Die umgebenden Berge waren nur als schwarze Masse zu erkennen, der Rhein was als ein mittelgraues Band vor tiefgrauer Stadtkulisse zu sehen, Bonn und Godesberg waren teilweise großflächig beleuchtet. Es regnete in verschiedenen Abstufungen aus einem fast einheitlich grauen Himmel.
Na dann ist man ja mit diesen Gläsern genau richtig.
Bonn wird vom Petersberg aus betrachtet durch den Posttower dominiert. Ein massiver Klotz in einer Entfernung von ca. 3-4 Kilometern. Wie in der modernen, einfallslosen Architektur üblich, dominieren Glas und Licht. Licht in grellen Farben, die in Abständen wechseln. Kitschige Proletenkunst, wenn sie den Ausdruck gestatten, passend zur provinziellen Stadtverwaltung einer Kleinstadt, die zu unsicher ist, Kitsch von Kunst zu unterscheiden und auch nicht den Mut hat, den Bauherren auf die Auswirkungen seines Überfalles auf das Stadtbild hinzuweisen.
Aber zum Testen unserer Ferngläser ist dieser Klotz perfekt geeignet!
Zwischen hell erleuchteten Büroräumen gibt es auch solche, in denen kein Licht eingeschaltet ist. Diese Räume sind sehr dunkel, aber da offensichtlich schwaches Licht von den Seiten hineinscheint, kann man die Einrichtung untersuchen.
Wir konnten mit dem Zeiss 10 x 56 Victory FL in den dunklen Räumen die Schreibtische erkennen! Im Swarovski war dagegen dann keine Chance, wenn im Bild gleichzeitig auch ein hell erleuchteter Nachbarraum das Auge zusätzlich belastete.
Wir konnten am dunklen Langen Eugen mit dem Zeiss die senkrechten Verstrebungen erkennen und zwar alle. Mit dem Swarovski war das nur eingeschränkt möglich.
Der Sendemast auf dem Venusberg, kinderleicht zu finden wegen seiner roten Warnleuchten, war mit beiden Modellen als schwarzer Strich gegen den dunklen Himmel zu sehen. Die Abpannung konnte man an zwei Stellen mit dem Zeiss erahnen.
Schiffe auf dem Rhein waren in beiden Gläsern vergleichweise gut zu erkennen. Der Köln-Düsseldorfer war hell erleuchtet und erleuchtete die Wasserfläche um das Schiff herum so stark, daß man die seitliche Bugwelle erkennen konnte. Man erkennt die Tische, den Fahnenmast und natürlich die Menschen an Bord.
Wir sind dann nach zwei interessanten Stunden gefahren und haben uns gestern um weitere Ferngläser bemüht.
Aus meinem Fundus bot sich das 15 x 60 Zeiss und das 7 x 42 an. Ein Arbeitskollege entschied sich spontan, mit seinem 10 x 50 Fujinon und seinem 8 x 32 Leica als Verstärkung mizukommen.
Petrus hatte ein Einsehen und organisierte ein langandauerndes Gewitter mit monströsen Wassermassen. Wir entschieden, daß die Einschläge ausreichend entfernt waren und standen dann zu Dritt im heftigen Regen mit Schirm und Plastiktüten.
Der heftige Regen reduzierte im Vergleich zum Vortag die Sicht. Lichter erschienen gedämpfter, selbst ihre Häßlichkeit, der Posttower war fast erträglich.
Ich war etwas besorgt um mein 15 x 60 und deshalb wurde dieses Glas nur unter dem Schirm eingesetzt. Das Zeiss ist zwar gummiarmiert, aber garantiert nicht wasserdicht und ich wollte nichts riskieren.
Die stärkere Vergrößerung war unter diesen Umständen kein Vorteil, die dunklen Räume im Posttower waren nicht einzusehen, in diesem Punkt war das 10 x 56 überlegen.
Die senkrechten Streben am Langen Eugen waren nicht zu erkennen. Mit dem 10 x 50 SLC an diesem Abend ebenfalls nicht, genauso wenig mit dem 10 x 50 Fujinon. Das 10 x 56 hatte keine Mühe, die äußerste Strebe am linken Rand des homogen grauen Hochhauses zu erkennen.
Nur in einem Punkt war das 15 x 60 besser, der Sendemast verlangt wohl nach etwas stärkerer Vergrößerung und war einschließlich der vom Mast abgehenden Abspannseile zu erkennen.
Das Fujinon 10 x 50 ist etwa auf dem Niveau des 10 x 50 SLC. Beide Modelle kämpfen mit extremen Kontrastunterschieden und schneiden immer dann bemerkenswert schlecht ab, wenn man direkt in die entfernte Lichtquelle schaut und dann noch erkennen will, was unmittelbar um das Licht plaziert ist. Wer nur Zeiss 10 x 56 verkaufen will, sollte sich auf diese spezielle Vorführung beschränken. Als Seefahrer käme dieses Glas mit.
Dem 7 x 42 fehlt es an Vergrößerung, denn wenn man sich auf nahe Gebäudeteile am Petersberghotel beschränkt, ist die Leistung klasse, obwohl auch hier der Kontrasttest mit starker Lichtquelle vom 10 x 56 gewonnen wird und zwar ebenfalls deutlich.
Das kleine Leica ist ungeeignet für diese Lichtverhältnisse, es hat seine bekannten Stärken auf anderen Gebieten, ich bin fest davon überzeugt, daß andere Gläser dieser Größe nicht besser abgeschnitten hätten.
Und das in einem der heissesten Sommer des Jahrtausends!
Bis auf das 15 x 60 wurden alle Gläser pitschnaß. Es gab keine Probleme mit rutschigem Material, es gab die bekannten Probleme mit Einzelokularverstellung, es war eine tolle Erfahrung und mit das Beste, was wir in diesem Wetter veranstalten konnten.
Was uns gefehlt hat war ein 8 x 56 und auch ein 8 x 50 hätte mich interessiert. Was wir gelernt haben, ein 8 x 32 ist für diese Zwecke nicht zu empfehlen und ein 7 x 42 zeigt zwar ein helles Bild, kommt aber mit der Detailerkennbarkeit nicht zum Ziel. 10 x ist da schon zu empfehlen.
Ich hätte die Kamera mitnehmen sollen, um die Helligkeit zu bestimmen, dies werde ich beim nächsten Mal wiederholen.
Achim
