Alle von Ihnen genannten Probleme bei der Bestimmung von Sternhelligkeiten mittels Ferngläsern stehen außer Frage. Nur war es Herrn Westhöfer keineswegs darum gegangen, die Helligkeiten von irgendwelchen Sternen mit seinen beiden Ferngläsern zu bestimmen, sondern:
Er wollte einfach nur prüfen, ob sich die aus den unterschiedlichen Öffnungen (42 mm beim Nikon und effektiv 37 mm beim Canon) bei gleicher Vergrößerung (jeweils 10fach) und unterschiedlichen Transmissiongraden (schätzungsweise etwa 3% bis 5% höher beim Canon) ergebenden verschiedenen Bildhelligkeiten so auswirken, daß man mit einem der beiden Ferngläser (es war dann das Nikon) noch schwächere Sterne erkennen kann als mit dem anderen. Dies hat er dann in seinen praktischen Beobachtungen bestätigt gefunden, und er konnte anhand bekannter Helligkeiten einiger an der Grenze der Erkennbarkeit liegender Sterne den Unterschied zwischen beiden Ferngläsern etwa bei 0.2 mag festmachen.
Ihre an Herrn Westhöfer gestellte Frage, wie die Zahlen entstanden sind, will ich Ihnen beantworten, da ich vermute, daß Herr Westhöfer sich seit fast einem Jahre gar nicht mehr an diesem Forum beteiligt und darum nicht selbst antworten wird: Er hat wohl in einem Verzeichnis (Sternkatalog, Himmelsatlas) bei den Sternen nachgesehen, die bei beiden Ferngläsern an der Grenze der Erkennbarkeit lagen, und dann einfach die Differenz gebildet. Er hat also keineswegs selbst irgendwelche Helligkeiten zu schätzen versucht, sondern auf vorhandene Meßwerte zurückgegriffen. Daß er ein „ca.“ vorgesetzt hat, erklärt sich einfach daraus, daß ihm wohl bewußt war, daß es einige Unsicherheiten gibt:
1. weil der Übergang zwischen Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit nicht scharf, sondern fließend ist und zudem gerade an der Erkennbarkeitsschwelle auch der Netzhautort eine Rolle spiel, an dem die Punktabbildung erfolgt (Stichwort „indirektes Sehen“),
2. ob der betreffende Stern schon ganz an der Sichtbarkeitsgrenze lag oder noch minimal darüber, so daß ein noch minimal schwächerer (aber im beobachteten Sehwinkel nicht vorhandener) Stern auch noch sichtbar gewesen wäre,
3. wie stark die jeweilige Sternfarbe die Sichtbarkeit beeinflußt (was sogar individuell verschieden sein kann, wenn die persönliche spektrale Empfindlichkeitskurve von der Norm abweicht, was bei ca. 8,5% aller Männer der Fall ist),
4. falls der in einem Fernglas schwächste erkennbare Stern und der im anderen Fernglas schwächste erkennbare Stern nicht im gleichen von beiden Ferngläsern überblickbaren Himmelsausschnitt lagen, also jeweils in eine etwas verschiedene Himmelsrichtung geschaut werden mußte, ob in den betreffenden Richtungen der Himmelshintergrund exakt gleich dunkel war.
Man kann zwar durch Aufsuchen mehrerer „schwächster“ Sterne für jedes der beiden Ferngläser und Mittelung der Ergebnisse die aufgrund der obigen Unsicherheiten entstandenen Toleranzen etwas einengen, aber es bleiben immer noch Toleranzen, die dazu zwingen, von nur ungefähren Werten zu sprechen und deshalb das „ca.” vor den ermittelten Wert zu setzen.
Nachmals, damit endlich das ewige Mißverständnis ein Ende hat: Herr Westhöfer hat keine Sternhelligkeiten bestimmt, sondern anhand bekannter Sternhelligkeiten versucht, den Bildhelligkeits-Vorsprung des Nikon-Fernglases 10x42 HG-L vor dem Canon-Fernglas 10x42 L IS WP so zu quantifizieren, daß er anschaulich wird.
Walter E. Schön