Man kann 3D-Aufnahmen vom Mond machen, wenn man den Erddurchmeser (genauer: etwas weniger als den Erddurchmesser*) als Stereobasis ausnutzt. das funktioniert beim Mond deshalb ziemlich gut, weil er 1. immer ziemlich gleich weit von der Erde entfernt ist, 2. uns immer (fast genau) dieselbe Seite zeigt, 3. wegen des Fehlens einer Mondatmosphäre weder Wolken noch Sandstürme die klare Sicht auf die Mondoberfläche behindern und 4. sich problemlos zwei Zeitpunkte für die beiden Aufnahme derart finden lassen, daß die Mondphase dieselbe ist (also die Einfallsrichtung des Sonnenlichts auf dem Mond ziemlich genau dieselbe ist).
* Wenn man den vollen Erddurchmesser nutzte, sähe man dem Mond im Moment des Auf- oder Untergehens durch eine die Bildqualität gewaltig herabsetzende Erdatmosphäre. Also muß der Mond schon mindestens ca. 10° über dem Horizont stehen.
Wenn Sie jedoch den Mars von zwei etwa an entgegengesetzten Enden eines Erdumlaufbahn-Durchmessers aus (oder auch von Orten in kleinerem Abstand voneinander, die schon für ausreichende Parallaxe möglich wären) fotografierten, haben Sie folgende Probleme:
1. Der Mars steht dann ganz wo anders in einer viel weiteren oder auch viel kürzeren Entfernung zur Erde. Das verursacht nicht nur verschieden große Bilder, die man ja nachträglich ausgleichen könnte, sondern auch etwas unterschiedliche Perspektive (Größenverhältnisse von Marsmitte zu Marsrand, unterschiedlich weiter Blick im Randbereich - je näher Sie einer Kugel stehen, um so kleiner ist der von Ihnen gesehene Oberflächenanteil).
2. Der Mars zeigt uns nicht unbedingt dieselbe Seite. Wenn man dann so lange wartet, bis seine Eigenrotation dazu führt, kann immer noch eine relativ starke Verkippung verbleiben.
3. Weil sich der Mars etwa ein halbes Jahr später zum Zeitpunkt der zweiten Aufnahme relativ zu Sonne und Erde an einer ganz anderen Stelle befindet, ist die für den Schattenfall maßgabliche Lichteinfallsrichtung eine ganz andere. Auch das macht die beiden Bilder als Stereobildpaar inkompatibel.
4. Der Mars verändert sein Bild durch Sandstürme, die größere Unterschiede zwischen dem Bild fürs linke und dem fürs rechte Augen verursachen als die Parallaxe. Das wäre vergleichbar mit Stereofotos, die Sie von einer Landschaft auf der Erde machen, indem Sie das Foto fürs linke Auge im Sommer machen (belaubte Bäume, grüne Wiesen) und das zweite um die Stereobasis nach rechts versetzte für das rechte Auge im Winter (alles unter einer Schneedecke).
5. Der Mars ist leider so weit weg, daß die von der Erde aus geschossenen Aufnahme viel zu wenige Details zeigen bzw. die erkennbaren Details grober sind als die durch die Parallaxe erzeugten (und beim Betrachten den 3D-Effekt erzeugenden) Unterschiede. Die Tatsache, daß noch bis vor wenigen Jahrzehnten (also vor der Zeit, da Marsaufnahmen von außerhalb der Erdoberfläche aus möglich waren) ernsthaft über die vermeintlichen Marskanäle gestritten wurde, sollte Ihnen doch zeigen, wie schlecht die Auflösung von Marsfotos war und noch immer ist, die von der Erdoberfläche aus gemacht wurden oder werden.
Walter E. Schön