Obwohl diese Diskussion ja eine Weile zurueckliegt, enthaelt sie dennoch eine Menge technischer Details, die leider inkorrekt sind. Da die hier aufgefuehrten Argumente jedoch auch an anderen Stellen des Internets auftauchen und dort als Referenz betrachtet werden, halte ich es fuer noetig, hier ein paar Richtigstellungen beizufuegen.
1. Prismentyp und Glassorte: Die Funktion des Schmidt-Pechan Prismas basiert neben der angesprochenen Verspiegelung auch auf der Totalreflexion, wobei an zwei Stellen (den beiden Basisflaechen, die durch ein Luftspalt getrennt sind) dieselben 45 Grad Winkel auftauchen wie im Porro-Prisma. Ergo erfordert das Schmidt-Pechan dasselbe Hochindex-Glas wie das Porro, gleiche Objektive und Sehfelder vorausgesetzt. Eine Ausnahme bildet das nur Abbe-Koenig: Hier treten die Strahlen bei der Totalreflexion flacher auf als beim SP, und es darf auf Glaeser mit niedrigeren Brechzahlen zurueckgegriffen werden.
2. Der geometrische Glasweg des Lichts ist beim Porro in der Tat sehr kurz: Beim symmetrischen Prisma sind es 4w (mit der lichten Prismeneingangsweite w). Allerdings benutzt man bei Weitwinkelfernglaesern asymmetrische Porros, bei denen das zweite Prisma kleiner ausfaellt als das erste (der Buendelquerschnitt verjuengt sich meist in Richtung Zwischenbild). In der Praxis landet man daher bei Werten um 3.4w. Beim Schmidt-Pechan erreicht man mit kompakten Varianten etwa 4.6w, beim Abbe-Koenig 5.2w (kompaktere Varianten existieren hier, die aber eine Verspiegelung benoetigen). Ein solches asymmetrisches Porro hat also 74% des Lichtwegs eines Schmidt-Pechan, und 65% des Lichtwegs eines Abbe-Koenig, so dass mein Schaetzwert (um 70%), dem hier heftig widersprochen wurde, realistisch war.
3. Die von konfokal angegebenen Transmissionswerte der Glaeser gelten fuer Licht der Wellenlaenge 400nm - das liegt an der aeusseren kurzwelligen Grenze des Sichtbaren im Violetten und ist fuer eine Diskussion der visuellen Transmission eines Glases voellig ungeeignet! Im Anhang habe ich die Kurven aus den Schott-Datenblaettern, inklusive der neuen HT-Glaeser, aufgezeichnet, umgerechnet auf 10cm Glasweg. Es handelt sich um die Reintransmissionen von Glaesern der hoechsten Transmissionsklassen, die standardmaessig lieferbar sind. Man sieht, dass traditionelles BK7 und BaK4 fast ueber das gesamte visuelle Spektrum (430nm-700nm am Tage, 400nm-620nm in der Nacht) etwa gleich transparent sind. Das BaK4 bricht lediglich im Blauen (unterhalb von 500nm) etwas ein, und die in diesem Thread angesprochenen signifikanten Unterschiede von knapp 4% pro 10cm existieren in der Tat erst bei sehr kurzen 400nm. Gemittelt ueber die visuelle spektrale Empfindlichkeit der Retina sind die Transmissionswerte von BK7 und BaK4 am Tage praktisch identisch, in der Nacht gibt es einen geringen (etwa 1%) Vorteil des BK7. Jedoch duerfte das BaK4 aufgrund seines leichten Abfalls im Blauen eventuell einen leichten Warmton des Bildes erzeugen.
Mit den neuen HT-Glaesern gelang es, das BK7 um weitere gemittelte 1.2% anzuheben, sowie die Blauschwaeche des BaK4 zu eliminieren. Ein Abbe-Koenig Prisma, das ein solches BK7 HT verwendet, kann hier unter Umstaenden einen kleinen Vorsprung ueber das Porro und einen etwas deutlicheren Vorsprung ueber das Schmidt-Pechan verbuchen.
4. Die Arbeit von Konrad Seil von Swarovski (die ich hier leider nicht anhaengen kann, da sie das Limit von 2MB ueberschreitet: Proc. of SPIE Vol. 1533, ed. R.A. Paquin, D. Vukobratovich, p. 48, 1991) enthaelt MTF-Kurven unterschiedlich vergueteter Schmidt-Pechan Prismen. Das Resultat ist, dass der Kontrast bei einfacher Verguetung der beiden Basisflaechen seinen hoechsten Wert erreicht, bei Mehrfachverguetung jedoch wieder abfaellt. Hier handelt es sich um ein prinzipielles Problem der Schmidt-Pechan Prismen, bei denen ein- und dieselbe Flaeche der Totalreflexion dient und gleichzeitig vom Lichtbuendel passiert werden muss. Loesungen diese Problems sind meines Wissens nicht bekannt. Es mag aber so sein, dass die Hersteller einen Verlust in der Aufloesung in Kauf nehmen und die Prismen mehrfachvergueten, da ein Mangel an Transmission (oder Geisterbilder an dem Luftspalt!) eher auffallen als ein leichter Verlust an Feindetail.
Fazit: Nimmt man alles zusammen, so kann ein Abbe-Koenig Prisma mit dem neuen BK7-HT Glas eine Transmission erreichen, die auf Augenhoehe eines (verkitteten) Porro liegt. Das Schmidt-Pechan liegt systembedingt zurueck, weil es einen Luftspalt hat, einen laengeren Glasweg als das Porro, Glas mit hoeherer Brechzahl als das Abbe-Koenig verwendet, und eventuell nicht so gut verguetet werden kann.
Viele Gruesse,
Holger
1-mal bearbeitet. Zuletzt am 22.03.13 03:31.