wenn man wie früher doch zu BK7 (oder sogar HT-BK7) überginge und für den niedrigeren Grenzwinkel mit knapper, aber ausreichender AP-Lage und mit einem Tick unmerklicher Vignettierung bezahlte. Womöglich wäre beides viel leichter zu verschmerzen, als es auf den ersten Blick aussieht! Dann könnte der Glaswegvorteil voll durchschlagen: bessere Transmission und weniger Dispersion, also höhere Bildqualität bei größerem Feld und niedrigerem Gewicht als bei Dachkant.
Ich kenne z.B. ein etwa 30 Jahre altes einfach blauvergütetes 7x50 Porro mit 163m Sehfeld, rund 3m Nahgrenze und Zentralfokussierung, das bei knapp 15mm AP-Längsabstand vignettierungsfrei, ohne nenneswerte Verzeichnung und für mich wunderbar bequem einsehbar ist. Es hat eine bis auf die leicht grün-bräunlich gedämpfte Transmission ausgezeichnete, kontraststarke, mehr als genügend randscharfe und streulicht- und reflexarme Bildqualität, und liegt mir trotz mechanisch fast schon zu massivem Gehäuse mit seinen für ein 50er Glas leichten 895g auch noch sehr gut in der Hand. Ich kann bequem entspannt und ohne Abschattungen im großen Sehfeld umherschauen, das mir homogen ausgeleuchtet vorkommt. Die erst aus größerem Abstand deutlich sichtbaren AP-Vierecke werden von den BK7 Prismen herrühren. Das Glas dürfte seinerzeit nicht mehr als 250 DM gekostet haben und ist mit seinem weiten verzeichnungsarmen Feld und dem guten Einblick auch heute noch und gerade im Vergleich zu einem Victory 7x42 FL für mich ein Genuß - bis auf die leicht gehemmte Transmission.
Schaut man sich die viereckigen APs näher an als aus 10 oder 20 Zentimeter Abstand, stellt man fest, das von eckigen Abschattungen beim Ansetzen ans Auge nichts zu bemerken ist. In Höhe des tatsächlichen AP-Abstandes ist die Vignettierung komplett verschwunden. Bei diesem Glas sind die viereckigen Abschattungen also ein rein kosmetisches Problem, das nur beim Blick aus größerem Abstand auf die AP auftrittt, nicht aber beim Durchgucken. Hält man im AP-Längsabstand ein Blatt Papier als Mattscheibe in die AP-Ebene, zeigt sich ein homogen ausgeleuchtetes AP-Scheibchen wie es sein soll – erst wenn man das Papier weiter entfernt führen die niedrigeren Totalreflexionsgrenzwinkel des BK7 zu eckiger Vignettierung, deutlich jenseits des Abstands, der der normalen Beobachtungshaltung nahe am Auge entspricht. Und weil die Prismen auch auf den totalreflektierenden Flächen vergütet sind, wird das im Grenzbereich der Totalreflexion mit steileren Einfallswinkeln zunehmend mögliche Streulicht (durch bis zu 4% Restreflexion) so weit unterdrückt sein, dass sich selbst bei großem Sehfeld die am Rand beginnende Vignettierungszone nicht wahrnehmbar auf Ausleuchtung oder Bildkontrast negativ auswirken kann, obwohl man sich bei der Auslegung offenbar möglichst nahe an diese „verbotene Zone“ heranwagte.
Schon wenn man dieses Glas rein geometrisch unverändert ließe und nur die Vergütungen auf modernen Stand brächte, landete man mit dem damaligen BK7 sicher deutlich über 90%, statt den momentan geschätzt nur ca 80% Transmission (mehr als Dein Nikon EII? Hast Du im Papiertest die angeblich geringe Transmission mit Deinem Meopta verglichen, das muß doch sofort zu sehen sein? Dass Nikon nur einfach blauvergütet, wie vor Jahrzehnten, kann ich einfach nicht glauben, da stimmt was nicht.)... Ginge man außerdem zu einer höheren Transmissionklasse des BK7 oder sogar HT-BK7 über, dürften auch knapp 95% drin sein. (Die Wellenlängen- und Winkelabhängigkeit mal außen vor gelassen, ergäben 12 Glas/Luftübergängen mit 0,3% Restreflexion pro Übergang mit 0,997 exp12 max. 96,4% Durchlass, abzüglich einer Dämpfung von insgesamt bestenfalls 1,2% für, sagen wir, 88mm durchs HT plus weiterer vielleicht ca. 40mm Linsenweg, landet man bei 94,6%...) Mit maximalem Aufwand wie asymmetrischer Prismenverkittung, die 0,8% bringen könnte, vielleicht auch noch etwas darüber. Jedenfalls könnte man mit einem klugen optischen Kompromiss die AK-Gläser dann knapp aber sichtbar übertreffen.
Aber statt ultimativem Aufwand für Transmission zu treiben, wäre es vermutlich besser, bei heute herkömmlichem BK7 zu bleiben, neben moderner Vergütung eine vernünftige Innenschwärzung zur weiteren Kontraststeigerung nicht zu vergessen und das handliche Gehäuse noch etwas abzuspecken (die Tubenwände sind stellenweise fast 4mm dick) auf vielleicht 850 oder sogar nur 800g. So wäre ohne großen Aufwand ein tolles Gesamtpaket für ein siebenfaches 50er aus Handlichkeit, optischer Qualität, Sehfeld, Einblick, plastischem Bild und mit ca. 94% Transmission realisierbar, das ein modernes aufwendiges und teures Dachkant vermutlich nicht mal ansatzweise erreichen könnte… Nicht zu reden von einer möglichen leichten Verbesserung der optischen Rechnung (für noch höhere Rand- oder CA-Korrektur, die aber eigentlich nicht nötig wäre) und noch weniger vom Preis, der höchstens die Hälfte, vermutlich aber nur ein Drittel eines Spitzendachkants betragen müsste!
Für ein 8x40 sähe es ähnlich aus, knapp 160m Sehfeld bei weniger als 700g Gewicht wären so machbar. Dazu ein Satz austauschbarer gut abgestufter und evt. individuell gestaltbarer leichter Augenmuscheln, statt dieser uniformen Dachkant-Drehwülste und dann… Eigentlich ist mir schleierhaft, warum Mittelklassehersteller wie Minox oder Steiner und Eschenbach usw. so etwas nicht als optische Alternative erfolgreich anbieten können. Vielleicht weil Kunden bei Preisen ab 500 Euro partout nicht mehr auf Wasserdichtigkeit, Brillentauglichkeit und schickes schlankes Design verzichten wollen, auch wenn die Optik noch so sensationell gut, weitwinklig und leicht wäre?
Vielleicht aber leiten die neuen Pergerprismen als Porroabkömmlinge bei Leica eine andersgeartete kleine Porrorenaissance im Hochpreissegment ein? Vielleicht könnte Leica dank dieses Patents den Transmissionssvorsprung von Zeiss wettmachen, und der jagenden Kundschaft oder den Sternguckern und Vogelbeobachtern nicht nur neue lichtstarke und wasserdichte Brillenträger-Modelle anbieten, sondern deren Transmissionssteigerung sogar mit den traditionellen Leica-Merkmalen wie Farbstärke und Kontrast dank Streulichtarmut verbinden… Vielleicht verschieben diese Prismen mit ihrem Versatz auch die 56mm Dachkant-Objektivgrenze etwas nach oben? Und vielleicht würden sie bei den systembedingt transmissionsschwächeren und dispersionsanfälligeren Spektiven mit ihren längeren Glaswegen noch deutlichere Vorteile bringen?
Vielleicht wären neue Perger-Porros im Hochpreissegment auch ein Weg, die typischen Dachkantvorzüge (Brille, Dichtigkeit) beizubehalten und bei sichtbar gesteigerter optischer Mehrleistung dank fertigungstechnischer Vereinfachungen auch noch die Verdienstspannen zu erhöhen? Für sichtbare Mehrleistung moderat höhere Endpreise verlangen zu können, in der Fertigung aber womöglich günstiger zu werden (Winkel-/Planitätsanforderungen beim Perger?), das könnten Entwicklungsanreize sein…
Wie auch immer. Ich freue mich auf Dein Buch, das bestimmt die ein oder andere interessante Neuigkeit enthält.
3-mal bearbeitet. Zuletzt am 26.03.13 19:22.