Wie ich schon schrieb, vermutete ich, daß sich die Canon G9 besonders gut zum Digiskopieren eignen müßte, da sie ...
1. eine sehr hohe Bildqualität liefert,
2. es zu dieser Kamera als Zubehör einen Tubus (zur Adaption von Filtern, Weitwinkel- und Televorsatz) gibt, der sich auch zur zentrierten Anbringung am Spektiv eignet, wenn ein passender Adapter gebastelt wird,
3. die Kamera eine TTL-Scharfstellung und TTL-Belichtungssteuerung bietet,
4. die Anfangsbrennweite lang genug ist, um in Verbindung mit einem weitwinkeligen Spektivokular keine Eckenvignettierung zu erzeugen,
5. bei Angangsbrennweite die Eintrittspupille weit genug vorn liegen dürfte, um annähernd in der Ebene der Spektiv-AP positiniert werden zu können.
Wie ich ferner ankündigte, habe ich heute leihweise eine Canon G9 zur Verfügung, um das alles zu überprüfen und mit meinem Stereomikroskop die Eintrittspupillenlage zu messen: Die Eintrittspupille liegt bei Weitwinkelposition ca. 18,5 mm hinter der Fassungsvorderkante, was bei den meisten Spektivokularen kurz genug ist, um die Kamera bei zurückgedrehter Augenmuschel korrekt positionieren zu können.
Es ist mit gelungen, vom Stativ aus voll ausgeleuchtete Bilder in dieser Weitwinkelstellung mit dem 20fach- und dem 30fach-Okular am Swarovski ATS 65 HD zu machen, und zwar freihändig bei mehreren Versuchen meistens sogar halbwegs scharf, einmal richtig scharf. Die geringfügige Unschärfe rührt eindeutig von der bei 1/20 s entstandenen Verwacklung. Mit einem Adapter, der die Kamera starr mit dem Spektivokular verbunden hätte, wäre das Bild scharf gewesen. Die Kamera mußte mit der Vorderfassung des Objektivtubus auf dem Rand der Okularfassung aufliegen, um die EP etwa in die AP-Ebene zu bekommen. Etwas schwierig ist bei freihändigem Fotografieren das richtige Zentrieren. Die optischen Achsen müssen sehr genau fluchten, also weder parallelverschoben noch verkanten sein, damit alle vier Bildecken ausgeleuchtet werden. Mit einem guten Adapter ist dieses Problem lösbar.
Ich kann daher nach diesem Versuch die Canon G9 ohne Vorbehalte für das Digiskopieren empfehlen. Ich werde mir wahrscheinlich, sobald die Kasse es zuläßt, diese Kamera selbst kaufen.
Nachtragen möchte ich noch, daß die Eintrittspupille bei der G9 beim Zoomen sehr tief ins Objektiv sinkt, bei der extremen Telestellung 45 mm tief! Man muß also unbedingt bei der äußersten Weitwinkelstellung oder in ihrer unmittelbaren Nähe bleiben.
Walter E. Schön