Sie schreiben selbst, daß sich Ihnen noch nicht alles ganz erschlossen hat, und im weiteren Text ziehen Sie einige nicht korrekte Schlüsse. Um Sie vor einer Fehlentscheidung zu bewahren, möchte ich daher einige Korrekturen an Ihren Vermutungen anbringen.
Die Leica D-Lux 3 (und natürlich ebenso die mit dem gleichen Objektiv ausgestattete D-Lux 2) ist eine sehr gute und die von mir deshalb bevorzugte Digital-Kompaktkamera. Aber für die Digiskopie ist sie nur mit Einschränkungen zu empfehlen:
1. Das mit dieser Kamera zu kombinierende Spektiv sollte einen großen scheinbaren Sehwinkel (SSW möglichst über 60°) bieten. Daher ist Ihre Absicht, ein Zoomokular zu verwenden, falsch. Alle Zoomokulare haben bei geringer bis mittlerer Vergrößerung deutlich kleinere scheinbare Sehwinkel, oft nur knapp über 40° bei geringster Vergrößerung und dann langsam ansteigend bei mittlerer Vergrößerung etwa um oder knapp über 50° und erst am Endanschlag bei maximaler Vergrößerung einen für nicht vignettierte Bilder brauchbaren SSW um oder über 60°. Die höchste Vergrößerung ist jedoch immer mit der zugleich kleinsten AP und somit der geringsten Helligkeit, fotografisch betrachtet also mit der kleinsten Blendenöffnung verbunden, bei der sich die längste Verschlußzeit ergibt, die nur bei einem bombenfesten und somit sehr schweren Stativ und sich nicht bewegendem Motiv unverwackelte Bilder ermöglicht.
Wenn Sie z.B. eine Äquivalentbrennweite um 40 mm bei der Digitalkamera für ein voll ausgeleuchtetes Bildfeld benötigen, haben Sie mit 60facher Vergrößerung eine Äquivalentbrennweite von 2400 mm, woran Sie die enorme Verwackelgefahr erkennen müßten! Wenn Sie bei der D-Lux 2 oder 3 das Format von dem fürs Digiskopieren wenig geeigneten Breitformat 16:9 auf das Format 3:2 umstellen, haben Sie dann eine tatsächliche effektive Brennweite von etwa 7 mm an der Kamera und zusammen mit der 60fachen Vergrößerung des Spektivs etwa 420 mm Effektivbrennweite für das Gesamtsystem. Wenn der Öffnungsdurchmesser Ihres Spektivs z.B. 80 mm wäre, so resultiert daraus ohne Berücksichtigung der Transmission eine geometrische Blende von 5,25. Unter Einbeziehung der Transmission haben Sie dann eine sog. T-Blende schon relativ nahe an 8. Das erfordert bei hellem Tageslicht eine Verschlußzeit um bestenfalls ca. 1/125 mm. Angesichts der großen Verwackelgefahr (Äquivalentbrennweite 2400 mm!) ist das eigentlich schon viel zu lang.
Gehen Sie mit dem Zoomokular zu niedrigerer Vergrößerung zurück, um einerseits die Verwackungsgefahr zu reduzieren und andererseits die Öffnung (aufgrund der größeren AP) für kürzere Verschlußzeit zu vergrößern, haben Sie wieder dunkle Bildecken wegen des zu kleinen scheinbaren Sehwinkels Ihres Zoomokulars. Ich vermute zudem, daß alle Zoomokulare merklich kürzere AP-Längsabstände haben als Okulare fester Vergrößerung, was gerade in Kombination mit einer Digitalkamera mit so tief liegender Eintrittspupille ein KO-Kriterium sein kann.
Es empfiehlt sich generell für die Digiskopie und insbesondere mit dieser Kamera nur ein Okular fester Brennweite bzw. fester Vergrößerung. Vergessen Sie das Zoomokular für diesen Zweck.
2. So gut die D-Lux 3 fürs normale Fotografieren ist, für die Digiskopie ist die Lage der Eintrittspupille bei der für vignettierungsfreie Ecken erforderlichen Mindestbrennweite in Verbindung mit vielen Spektivokularen problematisch: Eine um ca. 21 mm hinter der Fassungsvorderkante liegende Eintrittspupille erfordert einen AP-Längsabstand von fast 25 mm beim Okular, da Sie die Fasungsvorderkante ja nicht direkt auf die letzte Linse drücken können, sondern nur auf den einige Millimeter über der Linsenfläche liegenden Rand der Augenmuschel. Da müssen Sie schon prüfen, ob das von Ihnen benutze oder in Erwägung gezogene Spektiv überhaupt Okulare mit ausreichend großem AP-Längsabstand bietet!
3. Ihre geäußerte Absicht, noch mit dem Kamerazoom zu längeren Brennweiten zu zoomen, ist nicht sinnvoll. Wenn Sie unbedingt einen größeren Abbildungsmaßstab haben wollen, daann lieber ein festbrennweitiges Okular höherer Vergrößerung wählen, z.B. 30fach statt 20fach, eventuell auch 40- oder 45fach. Darüber wird die Verwackelgefahr zu groß. Wenn Sie mit dem Kamerazoom zu längeren Brennweiten gehen, verschiebt sich die Eintrittspupille des Zooms nach innen, also weg von der AP des Spektivs, so daß Sie wieder eine zunehmende Vignettierung (dunkle Bildecken) bekommen.
Fazit: Wenn Sie die D-Lux 3 kaufen, haben Sie eine erstklassige Digital-Kompaktkamera. Für das Digiskopieren sollten Sie sie aber nur in einer Formateinstellung auf 3:2 oder 4:3 und in einer Brennweiteneinstellung knapp oberhalb der Weitwinkel-Endposition verwenden, damit die Bildecken nicht dunkel werden. Leider zeigt diese Kamera wie auch andere Digital-Kompaktkameras nicht die am Zoom eingestellte Brennweite oder Äquivalentbrennweite an, sondern nur in einem breiten Rechteck, das beim Zoomen kurzzeitig nahe dem unteren Bildrand im Display erscheint, einen von links (= Weitwinkel-Endposition) nach rechts (Tele-Endposition) wandernden Strich. Die ideale Brennweiteneinstellung für Digiskopieren liegt etwa da, wo der Zwischenraum zwischen diesem Strich und dem linken Ende genauso breit ist wie der Strich. Die Äquivalentbrennweite dürfte dabei nahe 40 mm liegen.
Wenn Ihnen die D-Lux 3 zu teuer ist und Sie auch eine D-Lux 2 mit exakt dem gleichen Objektiv und demselben Verhalten beim Digiskopieren akzeptieren würden, melden Sie sich per eMail bei mir. Ich habe noch meine (natürlich neuwertige) D-Lux 2, die ich Ihnen zu einem günstigen Preis anbieten könnte.
Wenn Sie auf eine D-Lux 4 warten, so werden Sie sich bei deren Erscheinen überlegen müssen, ob Sie nicht noch länger auf deren Nachfolgering D-Lux 5 warten sollten ... Deren wahrscheinlich dann noch höhere Pixelzahl wird Ihnen den Vorteil bieten, daß Sie die Verwacklungsunschärfe bei hoher Vergrößerung am Monitor noch besser sehen können. Die dann auch kleinere Pixelrasterweite wird die Empfindlichkeit weiter absenken, so daß Sie entweder mit noch längeren Verschlußzeit und somit noch stärkerer Verwacklungsunschärfe oder mit stärkerem Bildrauschen rechnen nüssen, das auch durch weitere Softwareverbesserungen nur reduziert, aber nicht eliminiert werden kann (weil jede Rauschunterdrückung zwangsläufig die Schärfe vermindert und somit den Vorteil der gewonnenen höheren Auflösung eliminiert.
Walter E. Schön