Ich habe mich lange mit der Suche nach einem 42er Glas befasst. Zu lange. Da es vielleicht jemandem helfen könnte, es für sich ein wenig abzukürzen, ein kurzer "Erfahrungsbericht" (der Vollständigkeit halber: bin Anfang 40, keine Brille, wandere gerne, interessiere mich für Vögel und Sterne, ohne ein wirklicher Experte zu sein). Und ich bitte um Nachsicht: der Bericht enthält nichts Neues, und er ist subjektiv. Wen das langweilt, der sollte nicht weiterlesen.
Ich besitze bereits ein gutes 8x30 (das Nikon EII). Das tut eigentlich alles, was ich will. Aber: ich wollte auch noch ein 42er haben. Für kritische Lichtverhältnisse, beim Abendspaziergang zum Beispiel, und für Regentage.
Mein bisheriges (Swaro SLC 7x42) hat mir viel Freude bereitet. Aber es ist mir mittlerweile zu schwer (950g netto). Nach einer halben Stunde mit dem Ding über der Schulter will ich es nicht mehr tragen. Und auf Verdacht nehme ich es gar nicht erst mit.
Also was leichteres. "Normale" 42er wiegen heute um die 800g. Als besonders von Interesse für mich habe ich identifiziert: Leica Ultravid 7/8x42 (BL oder HD), Zeiss Victory FL 7x42, Nikon EDG 8x42. Leica BL und Zeiss 7x42 sind besonders leicht (710 bzw. 740g). Minox habe ich nie in Betracht gezogen, obwohl sie von der Papierform interessant aussehen. Das Swaro Habicht 7x42 hat ein zu kleines Gesichtsfeld von 112m. Ist bei 7-fach einfach zu wenig, finde ich.
Ein 10-fach Glas kommt für mich nicht in Frage. Obwohl sie von vielen favorisiert werden. Mir ist das Bild zu unruhig. Trotz höherer Vergrößerung sehe ich nicht mehr. Weiß auch gar nicht, wie das die anderen alle hinkriegen. Naja, oder etwas differenzierter: Ich kann mir schon vorstellen, dass ein Vogelkundler, der das Beobachten trainiert hat, mit einem 10-fach Glas vielleicht noch einmal etwas mehr rausholt als mit 8-fach. Für das entspannte Beobachten, mit Genießen des Eindrucks, kann ich mir das jedoch nicht vorstellen. Erst recht nicht am Sternenhimmel. Hier ist ohne Stativ ganz schnell Schluss mit lustig. Dabei gibt es für 10-fach wundervolle Alternativen: Nikon SE 10x42, Swarovski Habicht 10x40 W GA. Beide leider nicht als 8-fach zu haben. Leider.
Das Leica BL 8x42 habe ich mir genauer angesehen. Ein wunderschönes Glas, Made in Portugal, tadellos verarbeitet, ordentliche optische Leistung, "normale" Schmidt-Pechan-Prismen. Hat keine herausragende optische Eigenschaft: ist weder besonders hell, noch besonders großes Gesichtsfeld, ... Und hielt am Tag dem Vergleich mit dem Nikon EII nicht stand. Konnte ich so nicht kaufen.
Das Nikon EDG habe ich nur im Laden angesehen. Hier würde ich aufgrund des Sehfelds dem 8er den Vorzug vor dem 7er geben (135m beim 8er gegen 140m bei 7er). Es hat eine wunderbare weiche Fokussierung, und es hat die "kurzen" Abbe-König-Prismen mit verspiegelter erster Fläche. Die dielektrischen Verspiegelungen reflektieren heute aber bis über 99%, sollte daher kein Nachteil sein. Es ist toll verarbeitet mit viel Zubehör, glasklares Bild, randscharf. Allerdings vom Design in meinen Augen ein wenig eigenartig mit den glänzenden Applikationen auf der Brücke.
Schließlich das Zeiss 7x42 FL. Hier hat mich lange das Kunststoffgehäuse abgehalten. Es fasst sich anders an als ein Metallgehäuse. Das Glas besitzt Abbe-König-Prismen. Das ist für mich eine entscheidende Eigenschaft dieser Zeiss-Gläser, und ich finde, es ist etwas besonderes. Dazu kommt ein großes Gesichtsfeld von 150m; auch das ist was besonderes, es ist das zweitgrößte Gesichtsfeld überhaupt unter den aktuellen Gläsern dieser Liga (nur das Nikon EII besitzt mit 154m noch mehr). Die große Austrittspupille ist angenehm, auch wenn ich sie selten ausnutze. Die 7-fache Vergrößerung garantiert ein ruhiges Bild und entspanntes Beobachten. Die Victory 42 FL sind Auslaufmodelle. So weit ich weiß ist ein 7x42 HT nicht zu erwarten.
So ist es das Zeiss 7x42 FL geworden.
Folgendes sind meine ersten Eindrücke: Das Glas ist wirklich angenehm und auffallend leicht. Das macht einen Riesenunterschied zum SLC. Es liegt dabei sehr gut in der Hand, hat eine angenehme Form. Das Kunststoffgehäuse stört mich gar nicht mehr. Schließlich ist es der Grund für das niedrige Gewicht. Die mitgelieferten Objektivdeckel sind ein Witz: sie sind zu eng, und beim Versuch, sie anzubringen, stellte ich fest, dass die Armierung an den Objektivtuben nur aufgesteckt ist und sich die Hülsen leicht lösen lassen. Ich benutze es jetzt ohne Objektivdeckel.
Das Glas besitzt zwei auffallende Nebenpupillen. Das hat mich unangenehm überrascht, obwohl ich aus Tests wusste, dass dies beim 8x42 FL, 10x42 FL und beim 8x56 Dialyt auch der Fall ist. Eine Suche im Forum ergab eine befriedigende Antwort: Dies liegt an den Abbe-König-Prismen, zusammen mit den Weitwinkelokularen. Es handelt sich um Lichtwege, die nur einmal an der Dachkante reflektiert werden. Tatsächlich kann man diese Nebenpupillen betrachten und erhält ein seitenverkehrtes und schlecht korrigiertes Bild. Die Nebenpupillen stören beim Beobachten nicht, sie sind weit genug von der Hauptpupille entfernt. Also kein "Bug", sondern ein "Feature".
Das zweite auffällige ist ein runder "Streulichtrand" am unteren Bildrand, der auftritt, wenn man beispielsweise in der beginnenden Dämmerung bei noch hellem Himmel beobachtet. Er verschwindet, wenn man die Objektive nach oben hin mit den Händen abschattet. Das ist nicht schön, scheint mir aber eine Eigenschaft des weiten Gesichtsfelds zu sein. Beschränkte man sich auf 140 statt 150m, so läge dieser Streulichtrand außerhalb des Bildfelds, glaube ich. Könnte durch entsprechende Blenden im Inneren erreicht werden. Auf Kosten des Bildfelds. Übrigens wird es nicht schlimmer, wenn man ganz dicht in Richtung der tiefstehenden Sonne beobachtet. Hier sind keinerlei Einschränkungen zu verzeichnen. Vorbildlich, würde ich sagen.
Das Bild ist generell sehr klar, und teilweise erstaunlich plastisch. Das könnte daran liegen, dass Farbschattierungen sehr nuanciert wiedergegeben werden (etwa auf einer Baumrinde). Aufgrund der geringen Vergrößerung und des großen Sehfelds lassen sich Landschaftspanoramen sehr schön betrachten. Mit 7-fach ist man außerdem sehr schnell beim Auffinden und Scharfstellen von Vögeln.
Ich fasse zusammen: Das Zeiss Victory 7x42 FL ist sehr leicht; es bietet ein sehr großes Sehfeld; es besitzt Abbe-König-Prismen, die eine besonders hohe Transmission besitzen sollten (sollte sich beim Einsatz als Nachtglas positiv bemerkbar machen); es weist hohe optische Qualität auf. Es ist in meinen Augen ein einzigartiges Gesamtpaket.
Dennoch: Am Tag schlägt auch das Zeiss das Nikon EII in meinen Augen nicht wirklich. Ich komme immer mehr zu der Überzeugung, dass Porroprismen mit kleinem Aufwand sehr scharfe Bilder erlauben, während Dachkantprismen beispielsweise mit Phasenkorrekturbelägen und perfekt gearbeiteten Dachkanten ausgestattet werden müssen, um halbwegs dasselbe zu leisten. Vor diesem Hintergrund verstehe ich immer weniger, dass Porrogläser heute nur ein Schattendasein fristen. Übrigens auch hier im Forum. Ich würde gerne einmal sehen, wie sich das so viel beachtete 8x32-Swarovision (1890€) gegen das Nikon SE 8x32 (700€) schlägt. Und mich nicht wundern, wenn Wasserdichtigkeit und Drehaugenmuscheln als einzige echte Vorteile verblieben.
So, genug geplaudert. Kommentare jeglicher Art sind herzlich willkommen!
Freundliche Grüße
Vom Elvis