Am am gestrigen Freitag hatte wir – eine Astro-Gruppe aus dem Raum Braunschweig – die Gelegenheit, die neuen SF-Gläser von Zeiss ausgiebig zu testen.
Auf Einladung von H. Dr. Dobler – Leiter Produktmanagement – wurden uns nicht nur die Produkte aus dem Hause Zeiss vorgestellt, sondern man führte uns auch durch die gesamte Fertigung. Beeindruckend war es für uns zu sehen, welcher Aufwand nötig ist um solche High-End-Ferngläser zu bauen. Interessant war auch zu erfahren, wie so manche fertigungstechnische Herausforderung, in Zusammenarbeit mit Maschinenbaufirmen aus der Umgebung, gemeistert wurde.
Das Thema Qualitätssicherung war ein weiterer wichtiger Punkt. Diese hat bei Zeiss erfreulicherweise einen hohen Stellenwert (kenne mich da ein wenig aus). Qualität und Kundenzufriedenheit werden bei Zeiss ganz groß geschrieben. Jede Kritik wird ernst genommen (auch aus diesem Forum). Aber immer wo der Faktor Mensch im Spiel ist, kann auch mal etwas „durchrutschen“. Das ist in anderen Fertigungsstätten nicht anders.
An dieser Stelle möchte ich noch einmal ganz herzlich bedanken bei Herrn Dr. Dobler, Herrn Scheidt (Leiter-Labor) und Herrn Michel (Leiter-Fertigung) für die Mühe, die sie sich gemacht haben, für die freundschaftliche Atmosphäre und für die Zeit, die sie sich für uns genommen haben.
Es war für uns alle ein unerwartet positives Erlebnis.
Nach ca. 1 ½ stündigem Rundgang durch die Fertigung und anschließendem Mittagessen, konnten wir uns ausgiebig den neuen und alten Ferngläser widmen bzw. diese mit unseren mitgebrachten vergleichen (durch große geöffnete Fenster, mit freien Blick in die Landschaft). Ich hatte z.B. mein 10 x 50 Swarovision mitgebracht.
Die neuen SF-Gläser sehen den EL/Swarovision-Gläsern ja sehr ähnlich. Das ist so, wie mit zwei Kindern aus verschiedenen Familien: Sehen sie sich sehr ähnlich, so liegt die Vermutung nahe, daß sie denselben Vater haben. Das ist hier nicht anders.
Es war daher sehr wahrscheinlich: Die SF-Gläser müssen mindestens so gut sein wie die Swarovision, eher aber besser. Dies war tatsächlich auch der Fall.
Der erste Wow-Effekt kommt, wenn man so ein Glas in die Hand nimmt. Es ist wunderbar ausbalanciert, liegt super in der Hand, fühlt sich irgendwie besonders leicht an. Anders als andere Ferngläser ist es nicht kopflastig. Der Glasanteil im Objektiv wurde um ca. 50 % reduziert, dafür wurde mehr Glas okularseitig verbaut. Dadurch ist der Schwerpunkt zum Okular hin verlagert worden. Auch längeres Beobachten ist mit diesen Gläsern sehr angenehm, strengt nicht an. Bei meinem 10x50 Swarovision ermüde ich leider schon nach relativ kurzer Zeit.
Ergonomisch ist das Glas eine kleine Revolution. Warum ist nicht schon früher jemand auf die Idee gekommen?
Auch der Mitteltrieb ist ein Sahnestück, butterweich, gleichmäßig, nicht „hakelig“. Die anfängliche Skepsis gegenüber dem Smart-Focus-Konzept war schnell Begeisterung gewichen.
Wirklich super gemacht!
Der zweite Wow-Effekt kam beim Durchsehen: Ein wunderbar großes, helles Gesichtsfeld, welches angenehm zu überblicken war, mit sehr guter Randschärfe, kein nervöser Einblick, kein Kidney-Bean-Effekt. Der Globuseffekt wurde von keinem mehr wahrgenommen - im Gegensatz zum Swarovision 10 x 50.
Das Team um Dr. Dobler ist da nicht von irgendeinem K-Wert ausgegangen, sondern man hat die Verzeichnung ganz einfach durch Versuche ermittelt. Es wurde so lange an der „Verzeichnungsschraube“ gedreht, bis keiner mehr einen Globuseffekt feststellen konnte.
Die Verzeichnung ist somit etwas größer als bei den Swarovision-Gläsern. Das kann man auch sehen, wenn man die Gläser direkt miteinander vergleicht. Aber ich denke, das ist ein sehr guter Kompromiß. Die Verzeichnungskurve bei den SF-Gläsern ist normal, keine Schlenker.
Ca. 2 Stunden verbrachten wir in den heiligen Räumen des Labors. Dort konnten wir auch verschiedene Ferngläser testen. Mit dem SF 10x42 konnten wir z.B. in der Bildmitte noch 3,5 Bogensekunden auflösen, am äußersten Rand noch 8,8.
Hier muß ich noch einmal etwas klarstellen: Weder bei den SF-Gläsern, noch bei den Swarovision-Gläsern geht die hervorragende Randschärfe nicht zu Lasten der Mittenschärfe. Die Behauptung HT -Gläser hätten die bessere Mittenschärfe ist schlichtweg falsch. Davon konnten wir uns überzeugen.
Herr Dr. Dobler hatte noch meine alte Liebe, das Zeiss 10x50 Porro und das 7x42 Dialyt mitgebracht. Das 7x42 machte noch einen sehr guten Eindruck. Das übergroße Gesichtsfeld des 10 x 50 Porro (130 m) empfand ich als etwas anstrengend. Die Gesichtsfeldgröße der neuen SF empfinde ich als sehr angenehm – optimal.
Bei Zeiss wird man auch zukünftig zweigleisig fahren: HT für Jäger und SF für die Naturfreunde. Dabei sind die HT-Gläser auf bestmögliche Transmission in der Dämmerung getrimmt. Randschärfe und Gesichtsfeldgröße spielen dabei keine große Rolle.
Die von uns getesteten Ferngläser waren noch keine Seriengläser. Bei den Seriengläsern wird es nur noch geringfügige Änderungen geben.
Erst um 17 Uhr traten wir die Heimreise an. Leider kamen unseretwegen einige Zeiss-Mitarbeiter erst spät ins Wochenende.
Fazit:
Mit den SF-Gläsern meldet sich Zeiss eindrucksvoll zurück an die Spitze. Es sind Ferngläser, die keine Wünsche mehr offen lassen dürften.
Swarovski hat es nun doppelt schwer. Von Zeiss darf man in Zukunft allerdings noch mehr erwarten.