Ein Freund hat mich auf
diese europäische Patentschrift zum Nikon WX geführt, die es wert ist, etwas genauer betrachtet zu werden, denn sie enthält dankenswerter Weise eine Menge Details zum Aufbau dieses 'Jahrhundertglases'.
Ich möchte heute insbesondere auf die Okulare eingehen: Das Patent legt nicht fest, welches Okular letztlich verwendet wird, weist lediglich fünf Beispiele vor (S. 14 bis 20, Abbildungen S. 35 bis 44), die in den Rahmen des Patentanspruchs fallen. Anhand der Brennweiten und der Öffnungsverhältnisse, für die die Berechnungen erfolgten, kann man schließen, dass die ersten beiden Beispiele für ein 7x50 WX gerechnet wurden, die anderen drei für ein 10x50 WX. 9 Linsenelemente sind im 7x Fernglas verbaut, 10 im 10x Fernglas. Ich habe zwei Beispiele mal abgezeichnet, von denen ich annehme, dass sie den in den kommerziell erhältlichen Ferngläsern ähnlich sein dürften (in der Patentschrift das 2. Beispiel für das 7x und das 4. Beispiel für das 10x) und hier angehängt.
Man erkennt eine komplexe Gruppe aus verkitteten Linsen zur Bildfeldebnung, die aus 3 (beim 7x50) bzw. 4 (10x50) Linsenelementen besteht. Integriert ist dabei jeweils auch eine 'Luftlinse'. Es folgt eine Gruppe aus 6 Linsenelementen, die grundsätzlich einem Erfle-Design ähnlich und so ähnlich auch im 8x30 Porro von Zeiss (Oberkochen) - einer Konstruktion von Horst Köhler - zu finden ist.
Dass diese Okulare auch hinreichend gut abbilden, ist aus den jeweiligen Aberrationsdiagrammen (S. 38 und S. 42) ersichtlich. Man erkennt u.a. die geringere kissenförmige Verzeichnung des 7x50 im Vergleich zum 10x50, die man auch in den kommerziellen Modellen beobachtet. Bemerkenswert finde ich in beiden Beispielen, wie die Verzeichnungskurven gleichmäßig mit dem Sehwinkel ansteigen. Bei Swarovski findet man dagegen, dass diese Kurven i.a. zum Rand hin abflachen oder sich sogar etwas zurückbiegen, was im Birdforum als 'mustache-distortion' bezeichnet wird und dieses unangenehme Schwenkverhalten verursacht. Nikon ist somit etwas gelungen, mit dem Swaro (und weniger ausgeprägt auch Zeiss) immer noch ringt: Eine gute Bildfeldebnung bei sehr weiten Sehwinkeln und dennoch ein angenehmes Schwenkverhalten. Zweifellos ist die enorm aufwendige Bildfeldebnung, die Nikon in seinen Okularen betreibt, für diesen Erfolg verantwortlich.
Viele Grüße,
Holger