Leider habe ich wohl fast bis zum Monatsende noch zu viel zu tun, um eine ausführliche Erklärung zu schreiben. Aber Herr Champollion hat es richtig im Gedächtnis gehabt und zwar knapp, aber korrekt dargestellt: Die Vergrößerung ist in der Regel (zumindest bei den namhaften Herstellern) richtig angegeben und vertrauenswürdig. Aber die verschieden große Stereobasis (Abstand zwischen den Objektivachsen) bei Porro- und Dachkantferngläsern führt beim stereoskopischen (beidäugigen, einen räumlichen Eindruck hervorrufenden) Sehen dazu, daß man den in beiden Fällen unter einem identischen Sehwinkel wahrgenommenen Gegenstand einmal näher (Porro) und einmal weiter (Dachkant) lokalisiert. Sieht das Auge zwei Gegenstände, die sich in unterschiedlicher Entfernung befinden (oder auch nur zu befinden scheinen) unter gleichem Winkel, so schlußfolgert das Gehirn aufgrund seiner Erfahrung, daß der in größerer Entfernung liegende (oder auch nur vermutete) Gegenstand größer sei. Daher kommt dem Betrachter beim Blick durch das Fernglas mit den enger stehenden Objektiven derselbe Gegenstand größer vor als beim Blick durchs andere Fernglas mit den weiter stehenden Objektiven.
Bei der sog. Mondtäuschung ist, wie Herr Champollion ebenfalls richtig sagte, derselbe Grund der Hauptgrund für die Wahrnehmung eines (scheinbar) größeren Mondes am Horizont.
Walter E. Schön