Ich hatte jetzt ein paar Tage Gelegenheit, das nagelneue 10 x 56 FL von Zeiss zu erfahren.
Wir waren in Südtirol, nicht einmal sehr hoch, aber unter wunderbarem Himmel. Für einen Norddeutschen ist es ja immer wieder begeisternd, im Sommer unter angenehmen Nachttemperaturen den Sternhimmel zu geniessen.
Was kann ich sagen, das Zeiss ist erstaunlich gut. Es wird letztlich nicht ganz randscharf sein, aber dieser schmale äußerste Kreisring nachlassender Schärfe ist so klein, wie bei keinem anderen Zeiss, das ich jemals vor Augen hatte.
Sterne, ja auch die hellen Sterne, werden über ein sehr großes Feld als Punkte dargestellt. dann kommt diese kleine Zone zum Rand, in der die Punkte nicht mehr unruhig klein, sondern etwas nachdrücklicher und leicht verstärkt erscheinen. Zeiss sollte nicht nur die neue Beschichtung bewerben, es ist diese verbesserte Randschärfe, die ich herausstellen würde und die Transmission. Transmission bedeutet ja nicht nur Helligkeit, besonders in der Himmelsbeobachtung bedeuten höchste Transmissionswerte den Unterschied zwischen schon Erkennen und oder bloß Erahnen. So gut habe ich mich noch nie durch die Milchstraße bewegt.
So klar, ja so präsent waren mir schwierige Objekte wie Cirrus oder Nordamerika noch nie, auch nicht bei meinem 15 x 60, das für mich bisher das Maß aller freihändigen Dinge war.
In 1200 Metern wäre sicher auch einmal ein Blick durch das 8 x 56 interessant gewesen, aber von Bremen aus betrachtet wäre so ein Kauf die reinste Verschwendung.
Ich kenne die meisten Spitzengläser in der Klasse zwischen 800 und 1600 Gramm. Da ist keines dabei, daß sich mit diesem Zeiss am Nachthimmel messen kann.
Nach dieser für Norddeutsche ungewohnten Gefühlsaufwallung noch einige Details.
Ich habe weder am Mond, noch an einer hellen Lampe Geisterbilder entdeckt. Auch nicht nach intensiver Suche. Mein 15 x 60 Zeiss und auch mein 8 x 32 zeigen wenn man gründlich genug sucht, zum Mond einen feinen Geistermond, also eine an einer Fläche hin-und hergeworfene zum eigentlichen Bild versetzte Abbildung. Beim neuen 10 x 56 ist davon nichts zu erkennen.
Einfallendes Seitenlicht führt wie bei jedem Fernglas ohne ausziehbare Fremdlichtblende zu teilweisen Aufhellungen, die den Kontrast reduzieren. Testweise vorgesetzte schwarze Kartonblenden von 5 Zentimetern Länge beseitigen diesen Effekt zu 100 Prozent. Diese Tüpfelchen auf dem i, würde beweisen, daß sich die Entwickler bei Zeiss gegen die Verpacker durchsetzen könnten. Designer klingt immer so modern positiv, nennen wir diese Ignoranten lieber Verpacker, Verpacker die die optischen Notwendigkeiten ignorieren.
Gegenlichtbeobachtungen über sonnenbeschiedener Wasserfläche zeigen ebenfalls, daß trotz aller erreichten Verbesserungen erst mit der Pappblende ein ungestörter Sehgenuß möglich ist. Ohne diese Hilfe ordne ich das Glas in die Gruppe der Gläser ein, die besonders gut mit Gegenlicht fertig werden. Mit der Pappblende dagegen ist das Gegenlicht kein Problem mehr.
Zurück zur Nacht, natürlich kam mein 3 x 12 Mono zum Einsatz. Mit 30 x 56 bietet der Himmel dann die üblichen Verdächtigen.
M13 mit Genickstarre, könnte noch etwas mehr Vergrößerung vertragen, aber kein Zweifel, ein Kugelsternhaufen, jeder kennt ihn, so what.
M23-M25, ja Freunde wir sind ein Stück weit im Süden, sind ebenfalls gut auszumachen und sogar M25 ist als Kugelsternhaufen zu erkennen.
Dazu kommen dann einige der interesanten Planetarischen Nebel, die bei den normalen Fernglasvergrößerungen langweilig erscheinen, aber bei 30fach schon interessant werden.
Manfred Klier