Unser Beobachtungsstandort ist Dernau, ein Weinort an der Ahr. Hier wohnen wir seit 1991. Hoch im Weinberg meines Nachbarn steht unsere schäbige Hütte. Bei gutem Himmel gehen wir etwa 300 Meter steil bergauf. Wir sind dann circa 120 Meter über den Lichtern. Der Himmel ist von Ost über Süd nach West bis zum Horizont sichtbar. Lediglich der tiefe Norden wird durch die letzen Meter des Hanges verdeckt.
Immerhin können wir die zirkumpolaren Sternbilder über dreiviertel ihrer Sichtbarkeit beobachten.
Uns stehen folgende Instrumente zur Verfügung.
Zeiss Jena Teletessar für Astroaufnahmen an einer Rollei 6 x 6 umgebaut.
Zeiss Telementor 63/840
Zeiss APQ 100/1000
Zeiss Meniscas 180/1800
Der Hang hat einen Böschungswinkel von fast 30°. Daher haben wir die Instrumente mit der Lasten-Seilbahn hochgefahren.
Über Zeiss Jena sind viele Märchen im Umlauf. Eines dieser Märchen hat ein großer Astrohändler aus Bayern erleben müssen, nämlich das der berühmten immergleichen Zeissqualität.
Da die Produktion der Optiken sehr aufwendig war, kamen sehr wohl auch schwächere Ergebnisse vor. Bei diesen wurde dann darauf geachtet, dass sie nicht rufschädigend ins valutabringende westliche Ausland geliefert wurden. Die besseren Optiken gingen in die Valutaländer, was auch für die hochwertigen Mikroskope und Sonderoptiken galt.
Beim Ausverkauf nach dem Zusammenbruch des alten Ostmarktes war diese Selektion natürlich nicht mehr möglich.
Unsere Optiken sind einwandfrei. In guten Nächten kann man dies immer wieder bestätigen.
Die Qualität unseres Standortes ist ungewöhnlich. Die Durchsicht ist eigentlich immer gut. Auch die Grenzgröße mit 5.5mag typisch ist ordentlich, besser war es in Thüringen auch nicht . Anders sieht es bei der Luftunruhe aus. Wir haben nur einige Nächte im Jahr von der Qualität, die das Meniscas am Planeten verlangt. In diesen Nächten ist man dankbar, den steilen Weg hinausgestiegen zu sein. Dann trennt das Gerät durchaus Doppelsterne, die unter einer Bogensekunde Abstand haben. Es kommt aber häufig vor, dass das kleine APQ für Planeten besser geeignet ist.
Wir beobachten je nach Wetterlage. Bevorzugt mit dem APQ Planeten und Mond, mit dem Maksutow Nebel und Galaxien. Das Tessar dient uns für Feldaufnahmen, das Farbmaterial ist von Agfa, meinem heutigen Arbeitgeber. Sowohl am Maksutow als auch am APQ stehen wahlweise Revolver mit Schraubgewinde und Steckhülse zur Verfügung. Mittlerweile haben wir aber auch Prismen für 31,8 mm und 50,8 mm. Hier haben wir einige der bekannten Okularfabrikate im Einsatz.
Am Telementor ist ein lichtelektrisches Element montiert. Hier können Helligkeiten von Veränderlichen gemessen werden. Die Spannungen werden direkt umgewandelt in eine digitale Anzeige.
Über einen kleinen Strahlenteiler wird ein Teil des Lichtes über einen Gitterspektrographen auf eine Diodenzeile ausgegeben. Wir erreichen immerhin eine Auflösung von 12 Dioden, was ausreicht für eine erste Klassifizierung. Unser Ziel ist hier, ein fertiges Gerät für den ambitionierten Veränderlichenbeobachter zu entwickeln.
Mit der optischen Qualität der Zeissgeräte sind wir zufrieden. Bei der Mechanik der 1b und beim Mikrometer-Auszug muß man Anmerkungen machen. Bei einer größeren Belastung wird die Schnecke sehr schwergängig. Da der Regelbereich des ausgelieferten Synchronmotors gering war, haben wir mit erheblichem Aufwand einen Saikal Scheibenläufermotor mit Servosteuerung der MBB-Gelma GmbH angeflanscht. Die benötigte Steuerungssoftware mußte leider selber
entwickelt werden, für einen Feinoptiker wie mich ein erhebliches Problem.
Der Antrieb der Deklinationachse wird durch einen Maxxon Gleichstrommotor mit Vorgelege durchgeführt. Ein einfaches 10Gang Potentiometer reicht aus.
Ich habe hier im Westen schon einige schöne Fernrohre gesehen. Trotzdem bin ich überzeugt, daß mit einem mutigen Geschäftführer und einer Modernisierung der Optikfertigung die Amateursparte der Zeiss Jena eine Chance gehabt hätte. Aus alter Anhänglichkeit werde ich meine Geräte niemals verkaufen.
Günther Korbian
Dernau im Oktober 2000.
