Hallo Fernglasliebhaber!
Als ich im Büro erzählt habe, ich würde mir ein 7 x 42 anschaffen, erntete ich ungläubiges Kopfschütteln. Soviel Geld für ein Fernglas und dann noch nicht einmal bildstabilisiert und ohne Cash Back, wie uncool. 7 x kaufen nur Jäger hieß es dann und mein Glas stehe nur im Schrank, Fehleinkauf, wer braucht schon ein Fernglas.
Als fleissiger Leser hier im Forum war ich dann aber vorbereitet und habe beim Testen der Gläser, die in die engere Auswahl kämen, viel von den Beiträgen hier profitiert.
Es stimmt schon, was Herr Henseler vor zwei Jahren geschrieben hat, daß Leica Ultravid bleibt hinter dem Victory zurück.
Test der Helligkeit am Tag, Victory ist minimal vorne, egal ob man auf helle oder auf dunkle Ecken hält, es ist eindeutig.
Test auf Lichtreflexe, Sonnenlicht im Chrom, kein Unterschied sichtbar, das können beide gut.
Test auf Farbverschiebung beim Betrachten einer frisch gestrichenen Hauswand, bei beiden gibt es eine Verschiebung, bei beiden ist es sehr gering, aber zu erkennen, ich war überrascht, daß sie nicht völlig farbneutral sind, doch bei kritischer Betrachtung und etwas Nachdenken, was habe ich denn erwartet.
Test auf Randschärfe, für mich der schwierigste Test. Es ist garnicht so leicht, in einem großen Sehfeld den Punkt zu bestimmen, von dem ab die Schärfe nachläßt. So habe ich hier mindestens 10 Minuten immer wieder verglichen. Das Ergebnis ist für mich, beide Ferngläser zeigen in der Mitte ein perfektes Bild ohne jeden Farbsaum. Bei ca. 2/3 des Sehfeldes zeigt der Klingelschildtest ein erstes Nachlassen. Um diesen Punkt zu bestimmen bin ich mehrfach immer wieder von Bildmitte aus zum Rand hin verschwenkt, eine Konzentrationsübung, aber doch reproduzierbar. Man kann dann noch die Schrift lesen, aber nicht mehr so leicht, wie am Anfang. Zum Rand weitergeschwenkt kommt dann der Punkt, an dem man die Schrift nicht mehr lesen kann. Dieser Punkt ist bei beiden Gläsern ziemlich nah am Rand, beim Zeiss eine Winzigkeit näher, Pluspunkt für das Victory.
Das das Gesichtsfeld auch noch etwas größer ist, geschenkt.
Nachdem ich mich soweit vorgetastet hatte, war aus einem völlig anderen Grund klar, warum mir das Zeiss besser gefällt. Es ist der bessere Gleichlauf und das noch saubere Ansprechen auf Nachfokussierbewegungen. Im direkten Vergleich verliert das Leica in einem Punkt, den ich vorher zwar gelesen habe, dem ich aber selber nicht die Bedeutung zugemessen habe, die es dann in der Praxis hat. Immer dann, wenn ich beim Randunschärfetest nachfokussieren wollte, ging dies mit dem Victory präziser.
Die oft kritisierte Überhubeinstellung beim Leica ist für mich belanglos, ich trage Kontaktlinsen und weiter als bis unendlich will ich nicht sehen.
Trotz der für mich getesteten kleinsten Vorsprünge des Victory hat letztendlich der Mitteltrieb den Ausschlag gegeben. Denn einen Pluspunkt sollte man nicht unerwähnt lassen, die Verarbeitung und die Anmutung des Leica sind besser. Ich kann mir schon vorstellen, daß manch einer bei diesem Kopf an Kopf Duell deshalb auch andersherum entscheidet. Herr Jülich hat mich nicht beeinflußt, er war eigentlich nur geduldiger Stichwortgeber, so wie er hier immer beschrieben wird, ihm sollte es ja auch egal sein, Hauptsache man kauft und Hauptsache zufrieden. Was ich hier abliefere ist ja auch für ihn Werbung.
Mit dem 7 x 42 habe ich mein Glas gefunden, wie der Kurzurlaub, der vorgestern zu Ende ging, bewiesen hat. Das Glas ist leicht und läßt auch den längeren Fußmarsch zu, es läßt sich ruhig halten und mehr Vergrößerung brauche ich nicht. Für den Ausnahmefall habe ich mich dann aber auch eingedeckt, das 3 x 12 Mono mag man für einen Spleen halten, ich habe es jedenfall noch dazugekauft.
Heute Nacht habe ich dann zum ersten Mal in meinem Leben den Sternenhimmel beobachtet. Ich kenne mich noch in dem Gewimmel nicht aus, aber ein paar Objekte (Plejaden) habe ich gefunden und genossen.
So long
Helmut Sommer
