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Kaufen Sie kein Monokular, sondern ein normales Fernglas mit ca. 15 mm AP-Längsabstand

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18. Dezember 2005 19:19
Was Ihr Hobbyornithologe gesagt hat, ist teils richtig, teils falsch.

Richtig ist, daß jemand, der auf beiden Augen sehr verschieden kurz- oder weitsichtig ist, meistens (es kommt dabei auf die Ursache der Fehlsichtigkeit an*) verschieden große Bilder auf den Netzhaut hat. Wenn die Ursache der Kurzsichtigkeit ein zu langer Augapfel ist, was der Normalfall bei Kurzsichtigkeit ist, dann ist das Bild auf der Netzhaut für das Auge größer, welches die stärkere Kurzsichtigkeit aufweist, also die absolut größere Dioptrienzahl zur Korrektur erfordert (im Falle Ihres Sohnes wäre es das Auge mit -7,5 dpt). Solange die Person keine Brille trägt, sind die beiden Bilder auf der Netzhaut außerdem verschieden (un)scharf.

Mit einer korrekt angepaßten Kontaktlinse würde das Bild auf der Netzhaut scharf, ohne daß sich seine Größe nennenswert verändert; es würde sich im Falle der Kurzsichtigkeit nur unmerklich verkleinern.

Mit Brille statt Kontaktlinsen ist ebenfalls ein scharfes Bild erzielbar, aber weil sich in diesem Falle das korrigierende Glas ca. 15 mm vor dem Auge befindet, tritt ein stärkerer Verkleinerungseffekt ein. Das wäre sogar hilfreich, um das beim Auge mit der stärkeren Kurzsichtigkeit größere Netzhautbild stärker zu verkleinern, um die Bilder beider Augen wieder annähernd gleich groß zu machen.

Nun findet aber der Sehvorgang nur in seinem physikalischen Teil im Auge und dann der weitere physiologische Teil in den Nervenzellen statt, einige Prozesse bereits in den Ganglien der Netzhaut (z.B. die Kontraststeigerung durch den Kanteneffekt, die Verrechnung der Rot- und Grünwerte zu Gelbwerten usw.), die meisten aber und insbesondere die Überlagerung der Netzhautbilder beider Augen zu einem räumlichen Gesamtbild in der als Cortex bezeichneten Großhirnrinde unter der Schädeldecke des Hinterkopfes. Dort muß man sich eine Art Hochleistungs-Computer vorstellen, der u.a. fähig ist, bis zu einem gewissen Grade auch geringfügig gegeneinander verschobene oder verdrehte und auch verschieden große Bilder dennoch zur Deckung zu bringen. Diesbezüglich ist das Gehirn auch unglaublich „lernfähig“. Ihr Sohn sieht (wenn man mit „Sehen" nicht nur den optischen Teil, sondern den Gesamtvorgang bis zur kognitiven Erfassung, also bis zum Wahrnehmen und Erkennen meint) mit seiner korrekt angepaßten Brille und ohne Fernglas ein räumliches Bild wie jeder Normalsichtige auch. Das Gehirn hat im Laufe der Jahre gelernt, die unterschiedlichen Netzhautbildgrößen aneinander anzupassen, gewissermaßen auf gleiche Größe zu skalieren.

Wenn Ihr Sohn also ohne Fernglas keine Probleme mit unterschiedlichen Bildgrößen beider Augen hat, dann kann das mit Fernglas nicht anders sein. Denn das Fernglas bietet dem, der in die Okulare schaut, auf beiden Seiten ein gleich großes Bild, wie sich ja auch die Natur vor den Augen bzw. vor der Brille Ihres Sohnes für beide Augen gleich groß präsentiert. Die unterschiedliche Netzhautbildgröße kommt ja erst im optischen Prozeß aufgrund der unterschiedlichen Augapfel-Länge zustande und wird später im Gehirn(-Computer) wieder auf gleiche Größe skaliert. Diese Prozesse finden auch dann in exakt gleicher Weise statt, wenn Ihr Sohn statt direkt auf die Gegenstände vor ihm nun durch das Fernglas auf diese Gegenstaände schaut.

Wenn Sie meinen, daß Ihr Sohn an einem Fernglas Freude hätte, dann kaufen Sie ihm ruhig eines. Er braucht dann aber eines, dessen Austrittspupillen-Längsabstand (oft nur als Pupillenabstand bezeichnet) für einen kurzsichtigen Brillenträger ausreichend groß ist. In Zahlen heißt das: ca. 14 bis 17 mm (der exakte Wert kann individuell je nach Gesichtsanatomie und Form und Größe der Brille variieren und muß daher durch Ausprobieren gefunden werden). Ohne Brille durchs Fernglas zu sehen, wird daran scheitern, daß der sog. Dioptrienausgleich wahrscheinlich nicht groß genug bemessen ist, um einen Unterschied von 6,5 dpt auszugleichen; meistens ist er auf ±3 dpt bis höchstens ±5 dpt beschränkt. Außerdem sieht Ihr Sohn ohne Brille auf dem einen Auge so unscharf (ich habe selbst -5 dpt und kenne das), daß es für ihn wahrscheinlich nicht angenehm ist, ohne Brille zu schauen. Denn wenn er die Brille abgenommen hat, muß er ja erst man in die richtige Richtung peilen, bevor er das Fernglas an die Augen setzt.

Ein monokulares Fernglas bietet bei weitem nicht den Sehkomfort wie ein binokulares. Außerdem wird beim Schauen durch ein Monokular das betreffende Auge stark gefordert, während das andere wegen des Zukneifens der Augenlider evtl. anschließend für eine gewisse Zeit schlechter sieht (es kann zu einer vorübergehenden Deformation der Hornhaut kommen). Also bitte ein Monokular, sondern ein ganz normales binokulares Fernglas!

Wenn Sie uns sagen, an welche Größe und Preislage Sie dachten, könnte ich Ihnen hier vielleicht einige geeignete Fernglasmodelle nennen, die dann Ihr Sohn vor dem Kauf ausprobieren könnte.

Walter E. Schön

*) Es gibt den relativ seltenen Fall, daß die Kurzsichtigkeit nicht durch einen zu langen Augapfel, sondern durch zu geringe Brechkraft verursacht ist. Dann sind die Bilder auf der Netzhaut beider Augen wie bei einem Normalsichtigen gleich groß und lediglich (bei unterschiedlicher Dioptrienzahl beider Augen unterschiedlich) unscharf.
Thema Autor Klicks Datum/Zeit

Augenoptische Frage

Beate Groß 1973 18. Dezember 2005 16:53

Kaufen Sie kein Monokular, sondern ein normales Fernglas mit ca. 15 mm AP-Längsabstand

Walter E. Schön 1343 18. Dezember 2005 19:19



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