Das Problem kann zwei verschiedene Ursachen haben:
1. Der Aufnahmewinkel (gemessen über die Formatdiagonale) des Kameraobjektivs ist größer als der scheinbare Sehwinkel des Okulars Ihres Spektivs.
2. Die Eintrittspupille des Kameraobjektivs lag nicht in der Ebene der Austrittspupille des Spektivs, sondern ein gutes Stück dahinter (so, als ob Sie beim Durchschauen Ihr Auge zu weit weg vom Okular haben).
Selbstverständlich können beide Ursachen auch gemeinsam vorliegen und so das Problem verschärfen.
ABHILFE
Zunächst sollte am Spektiv die Augenmuschel ganz eingedreht werden (wie für einen Brillenträger), damit Sie mit dem Kameraobjektiv möglichst nahe ans Okular kommen; achten Sie dabei auf ein exaktes Fluchten der optischen Achsen von Spektivokular und Kameraobjektiv.
Dann sollte die Eintrittspupille des Objektivs weit vorn liegen, was aber selten der Fall ist. Die von Ihnen verwendeten Kameras haben alle ein Zoomobjektiv. Bei Zoomobjekiven aber kann sich die Lage der Eintrittspupille je nach eingestellter Brennweite stark verschieben. Weil sich dabei zugleich auch der Aufnahmewinkel verändert, können Sie nicht beide Eigenschaften (Lage der EP und Größe des Aufnahmewinkel) unabhängig voneinander optimieren, sondern müssen wie folgt einen Kompromiß finden.
Bringen Sie das Kameraobjektiv so nah wie möglich ans Okular. Verändern Sie dann langsam die Brennweiteneinstellung (von Weitwinkel zu Tele) unter Beobachtung des Livebildes auf dem Kameramonitor. Es sollte jeweils eine Brennweiteneinstellung geben, ab welcher der Aufnahmewinkel der Kamera über die Diagonale kleiner ist als der scheinbare Sehwinkel vom realen Ort der Eintrittspupille aus (das kann ein deutlich kleinerer Winkel sein als der scheinbare Sehwinkel vom Ort der Austrittspupille des Spektivs!). Sofern dabei die Eintrittspupille zumindest relativ nahe an der Spektiv-Austrittspupille liegt, sollten Sie auf diese Weise ein rechteckiges Bild erhalten, also ohne Vignettierung der Bildecken.
Die beste Lösung bei Aufnahmen durch ein Spektiv ist natürlich die Verwendung des vom jeweiligen Hersteller angebotenen Fototubus in Verbindung mit einer Spiegelreflexkamera mit abnehmbarem Objektiv. Der Fototubus am Spektiv erzeugt ein reelles Bild im Abstand des jeweiligen Kamera-Auflagemaßes (ca. 45 mm hinter dem Tubus) und ist daher NUR ohne Objektiv an der Kamera nutzbar, also nicht mit den von Ihnen genannten Digitalkameras mit fest eingebautem Zoomobjektiv. Für Kameras mit nicht abnehmbarem Objektiv muß das vorgeschaltete Spektiv ein virtuelles Bild im Unendlichen (Idealfall „afokales System“) oder in weiter Ferne liefern wie bei visueller Beobachtung, so daß der Fototubus NICHT anwendbar ist.
Daß es bei Ihrer Videokamera funktionierte, lag wohl einerseits daran, daß Sie eine Brennweite eingestellt hatten, bei der der Aufnahmewinkel klein genug war (die meisten Videokameras haben gar keinen echten Weitwinkel-Modus, wenn man Foto-Maßstäbe anlegt), und andererseits daran, daß die Eintrittspupille wegen der sehr kurzen Brennweite als Folge des kleinen Video-Sensor-Formats nicht sehr tief drin im Objektiv lag.
Walter E. Schön
