Für optische Anwendungen kommen nur glatte Oberflächen in Frage, da eine Rauhigkeit und selbst eine Mikrorauhigkeit zur Streulicht führt, das den Kontrast unzulässig herabsetzt und damit auch die Schärfe reduziert. Alle optisch hochwertigen Oberflächen wie die auf Fernglasobjektiven MÜSSEN also glatt sein, was – wie ich jetzt nach meiner Recherche weiß - den als Warenzeichen geschützten „Lotus-Effect“ (Effect mit c) gemäß den Forschungen und Entwicklungen der Uni Bonn ausschließt. Es kann sich also sowohl bei den MRC-Vergütungen von Schneider-Kreuznach als auch bei den neuen Victory-FL-Oberflächen nicht um diesen, sondern es muß sich um einen anderen Effekt von ähnlicher, aber auf anderen physikalischen Zusammehängen beruhender Wirkung handeln. So ist das, wenn sich jemand einen Schutz auf eine Bezeichnung sichert und man dann vorsichtig sein muß, ihn korrekt zu verwenden (siehe „Tempo-Taschentuch“, „Tesafilm“, „Fön“ usw.).
Nach Ihrem mithin berechtigten Einwand habe ich recherchiert und folgende aufschlußreiche Seite im Internet gefunden, die jeder Interessierte selbst lesen sollte, so daß ich mir Zitieren ersparen darf, zumal ich mich auch nicht mitfremden Federn schmücken will:
[
www.botanik.uni-bonn.de]
Ich müßte darum eigentlich meinen obigen Beitrag überarbeiten und dort sowie in seinem Titel das Wort „Lotuseffekt“ tilgen. Leider kann ich das jetzt nicht mehr, weil bereits eine Antwort dazu vorliegt oder das Zeitfenster für die Nachbearbeitung abgelaufen ist. Also muß ich meinen obigen Beitrag wie folgt auf diese Weise berichtigen:
Mit dem „Lotuseffekt“, „Lotus-Effekt“ oder „Lotusblüten-Effekt“ meinte ich nicht den auf den Erkenntnissen der Uni Bonn beruhenden Selbstreinigungseffekt, sondern einen ähnlichen, der auf besonderer Glattheit in Verbindung mit reduzierter Adhäsion beruht. Den gibt es nämlich auch, und der ist auf optische Gläser anwendbar, ohne störendes Streulicht zu erzeugen und fließendes Wasser zur Selbstreinigug zu erfordern. Ich bin deshalb sicher, daß auch Zeiss die Bezeichnung „Lotuseffekt“ in Unkenntnis des geschützten Markennamens „Lotus-Effect®“ und ebenso in Unkenntnis der bei der zugrundeliegenden Lotusblüte wirksamen Oberflächenstruktur benutzt hat.
Eine in vielen Gärten vorhandene Pflanze, an der der „Lotus-Effect®“ besonders deutlich zu beobachten ist, ist der Frauenmantel, an dessen feinen Härchen Wasser kleine, funkelnde Perlen bildet, die bei leichtem Schütteln der Blätter abrollen. Diese Wassertropfen sind übrigens in heißen Sommern eine beliebte Wassertränke für Wespen! Und da ich nun bei Insekten bin, auch noch eine andere, aber sozusagen „umgekehrte“ Anwendung des „Lotus-Effects®”: Wenn Mücken auf der Wasseroberfläche laufen, hat auch das seine Ursache darin, daß die Kohäsion des Wassers (gegenseitige Anziehung der Wassermoleküle untereinander) erheblich stärker ist als die Adhäsion zwischen den winzigen Insektenfüßen und der „Haut“ des Wassers. Wie bei den Oberflächen mit echtem „Lotus-Effect®“ hat auch hier ein Netzmittel, das die Oberflächenspannung des Wassers herabsetzt, eine fatale Wirkung: das Insekt sinkt ins Wasser ein, der „Lotus-Effect®“ verschwindet.
Es liegt nahe, daß Objektivlinsen mit feinen Härchen auf der Oberfläche, und wären sie auch nur mikroskopisch klein, für ein hochwertiges Fernglas unbrauchbar wären. Und einmal mit dem Mirofasertuch unter leichtem Druck abgewischt, wären die Härchen wohl in großer Zahl abgerieben und der Reinigungseffekt dahin.
Sprechen wir also besser von schmutz- und wasserabweisenen (hydrophoben) Oberflächen und nicht mehr von „Lotuseffekt“. Auch Zeiss sollte das so handhaben, um nicht mit den Botanikern der Uni Bonn in den Clinch zu geraten und möglicherweise einen Rechtsstreit zu provozieren. Ich habe dies soeben Zeiss telefonisch mitgeteilt, um die Firma nicht bei entsprechender Werbung für die neuen Ferngläser ins offene Messer der Rechteinhaber des „Lotus-Effects®“ laufen zu lassen.
Walter E. Schön