In dem neuen Katalog werden die scheinbaren Sehfelder jetzt durchgehend nach der sog. ISO 14132-1:2002 berechnet (siehe Seite 43):
tan(w') = m*tan(w)
Hier ist 2*w' das scheinbare Sehfeld, 2*w das reale Sehfeld, und m die Vergroesserung. Der aufmerksame Leser dieses Forums erkennt die Tangentenbedingung wieder, die folglich ein Fernglas ohne kissenfoermige Verzeichnung (dafuer aber mit Globuseffekt) verspricht. Am Beispiel des Nikon 10x35 EII, mit realem Sehfeld von 2*w = 7.0 Grad, erhalten wir mit dieser Tangentenbedingung
2*w' = 2*arctan(m*tan(w)) = 62.9 Grad
wie im Katalog angegeben.
Mit der Winkelbedingung, die eine starke kissenfoermige Verzeichnung liefern wuerde, wuerden wir
2*w' = 2*m*w = 70.0 Grad
erhalten. Dann gibt es noch die Kreisbedingung, welche die meisten Hersteller, dem Beispiel von Zeiss folgend, als Kompromiss zwischen Tangenten- und Winkelbedingung verwenden. Hier gilt:
2*w' = 4*arctan(m*tan(w/2)) = 68.0 Grad.
Nun hat Walter E. Schoen das scheinbare Sehfeld dieses Fernglases gemessen und 67.6 Grad erhalten, d.h. nah an der Kreisbedingung.
Mit anderen Worten: Nikon liegt hier mit seiner ISO Norm, die auf der Tangentenbedingung basiert, weit daneben, tatsaechlich waere die alte Angabe von 70 Grad (gemaess Winkelbedingung) sogar genauer gewesen. Ich gehe nicht davon aus, dass Nikon die Okulare des EII inzwischen geaendert hat. Dann kann man wohl sagen, dass sie mit der Angabe des scheinbaren Sehfeldes in diesem Falle deutlich untertreiben!
Hier erkennt man das Dilemma, in dem sich ein Hersteller befindet, der Modelle mit unterschiedlich starkern Verzeichnungen anbietet: Eine einzelne Formel zur Berechnung des scheinbaren Sehfeldes reicht nicht aus. Nikon sollte sich also nicht generell auf diese ISO Norm berufen, die wohl auf die HG-L Reihe anwendbar ist, nicht aber auf die EII Reihe, und das scheinbare Sehfeld jedes seiner Modelle individuell berechnen.
Viele Gruesse,
Holger Merlitz