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Es gibt zu viele Möglichkeiten, die eine präzise Aussage nicht zulassen

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23. März 2006 00:25
Bei jedem optischen System, das aus mehreren Linsen und evtl. auch Prismen besteht, das also viel Glas-Luft- bzw. Luft-Glas-Grenzflächen besitzt, gibt es eine Vielzahl x von Möglichkeiten einer Reflexion derart, daß ein gewisser (von der Vergütung abhängender) Prozentsatz des von vorn einfallenden Lichts an einer Grenzfläche nach vorn und anschließend von einer der vor dieser Grenzfläche liegenden anderen Grenzfläche wiederum ein gewisser Prozentsatz wieder in Richtung zum Okular reflektiert wird. Bei n Grenzflächen ist die Zahl der Möglichkeiten x = n · (n-1). Wenn ein Fernglas z.B. ein zweilinsiges verkittetes Objektiv, dahinter eine einzelne Fokussierlinse der Innenfokussierung, dann ein zweiteiliges unverkittetes Dachkantprisma und dahinter ein Okular aus vier oder fünf Linsen in drei Gruppen hat, dann sind es insgesamt 14 Grenzflächen zu Luft. Also gibt es x = 14 · (14-1) = 14 · 13 = 182 verschiedene Möglichkeiten für einen etwa „Z-förmigen” Strahlverlauf mit Reflexion an zwei Grenzflächen.

Allein schon die Vielzahl macht es schwierig, dasjenige Paar von Grenzflächen herauszufinden, das an den von Ihnen beschriebenen Störungen im Bild schuld ist. Wahrscheinlich ist es nicht allein ein Grenzflächenpaar, sondern es dürften mehrere daran beteiligt sein, wenn auch in unterschiedlicher Intensität, und was Sie sehen, ist die Überlagerung mehrerer solcher Reflexe.

Warum nicht alle n · (n-1) derartig möglichen Strahlverläufe zu solchen Bildstörungen führen, liegt daran, daß die Form der beiden Flächen und ihr Abstand voneinander und ggf. die Art der dazwischen liegenden anderen Linsen(flächen) eine wichtige Rolle spielt:

Sind zwei derart spiegelnde Flächen direkte Nachbarn mit kleinem Abstand voneinander und ähnlicher Form (also mit ähnlicher Wölbung in derselben Richtung), dann können die Bildstörungen erheblich sein, weil der zweifach reflektierte Strahl annähernd dieselbe Richtung hat wie ein durchs gesamte System ohne Reflexion verlaufender Strahl (das ist derjenige, der das Bild erzeugt, das Sie im Fernglas beobachten). Solche reflektierte Strahlen können evtl. ein sehr scharfes Doppelbild erzeugen, wie man es bei vielen weniger guten Ferngläsern z.B. bei der Mondbeobachtung sehen kann. Meistens ist aber die doppelte Reflexion auch in solchen Fällen mit einer gewissen Ablenkung aus der ursprünglichen Richtung verbunden, und dann wird das Doppelbild unscharf. Ein sehr scharfes Doppelbild ergibt sich z.B., wenn die doppelte Reflexion an zwei ebenen parallelen Flächen (wie sie in den Prismensystemen vorkommen) erfolgen, wobei hier der Begriff „parallel“ nicht unbedingt wirklich parallel bedeutet, sondern für den „aufgefalteten“ Strahlengang gilt.

Da Sie schreiben, daß die Spiegelung „gegenläufig“ sei, was ich so interpretiere, daß ein sehr heller Lichtpunkt unten im Bild (bei 6 Uhr, wenn man sich zur Richtungsangabe am Zifferblatt einer Uhr orientiert) einen Reflex auf der gegenüberliegenden Bildseite, in diesem Falle also oben (bei 12 Uhr) erzeugt und folglich bei einer flächigen Lichtquelle deren Form im Reflex um 180° verdreht ist („auf dem Kopf steht“). So etwas ist möglich, wenn eine erste Reflexion z.B. an einer ebenen oder fast ebenen Fläche erfolgt und die zweite Reflexion an einer davor liegenden Linsenfläche erfolgt, die von der ersten Fläche aus gesehen derart konkav ist, daß der nunmehr zum zweiten Male reflektierte Strahl annähernd in die gleiche Richtung zurück läuft, aus der der zum erstem Male reflektierte Strahl kam. So ein Fall kann z.B. vorliegen, wenn ein Lichtstrahl an der ersten ebenen Linsenfläche teilweise (z.B. zu ca. 2% bei einer Einschichtvergütung) nach vorn reflektiert wird und nun auf die von hinten gesehen konkave Hinterfläche der Fokussierlinse fällt und dort annähern „in sich“ zurückgeworfen wird.

Genaueres kann man aber nur im Einzelfall sagen, wenn man den genauen Linsenschnitt des Fernglases kennt. Ohne diese Kenntnis bleibt alles nur Spekulation.

Trifft ein Strahl auf eine in Strahlrichtung gesehen konvexe Grenzfläche, so ist die Wahrscheinlichkeit groß, daß die Stahlungsleistung „verlorengeht“, weil das Lichtbündel weit aufgefächert wird. Das hat einerseits eine enorme Abschwächung der Helligkeit und eine starke Unschärfe des Reflexes zur Folge und andererseits wird meistens der größere Teil den Strahlengang des optischen Systems nach außen verlassen und auf der Innenseite des geschwärzten Tubus landen.

Je besser die Vergütung ist, also je geringer die Reflexion an den Grenzflächen, um so schwächer wird bei sonst gleichen Bedingungen der sichtbare Reflex (oder er wird gar unsichtbar). Daher ist es kein Wunder, daß das Victory FL mit einer Vergütung an der Grenze des heute Machbaren so gut abschneidet. Sicher aber liegt das auch daran, daß die Optikdesigner nicht nur den Soll-Strahlengang untersucht und durchgerechnet haben, sondern auch die möglichen n · (n - 1) doppelten Reflexionen. Das ist heute mit leistungsfähigen Raytracing-Programmen auf schnellen Computern gut machbar. Wenn dabei erkannt wird, daß eine ungünstige Konfiguration hinsichtlich solcher Reflexe vorliegt, dann wird die optische Konstruktion möglichst so modifiziert, daß starke Bildstörungen vermieden werden – manchmal auch zu Lasten anderer Qualitätsparameter, wenn dort die Einbußen nicht zu dramatisch sind.

Ich hoffe, daß meine Ausführungen Ihnen nicht zu vage sind. Aber man kann ohne Detailkenntnis der Linsenschnitte keine präziseren Aussagen machen. Und ich hoffe, daß Ihnen die Komplexität der Sache verständlich geworden ist.

Walter E. Schön
Thema Autor Klicks Datum/Zeit

Wie entsteht die Gegenlichtfigur im Glas ?

Walter Kosack 3254 22. März 2006 20:05

Re: Wie entsteht die Gegenlichtfigur im Glas ?

Wolfgang Wittek 1647 22. März 2006 21:35

Re: Wie entsteht die Gegenlichtfigur im Glas ?

Dieter Textoris 1429 23. März 2006 20:48

Re: Wie entsteht die Gegenlichtfigur im Glas ?

OhWeh 1447 24. März 2006 08:42

Es gibt zu viele Möglichkeiten, die eine präzise Aussage nicht zulassen

Walter E. Schön 1358 23. März 2006 00:25

Berichtigung: Es gibt nur n · (n-1) / 2 Möglichkeiten

Walter E. Schön 1132 23. März 2006 11:32



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