Wenn Sie ein hochwertiges Fernglas zugrundelegen, also z.B. eines der hier immer wieder zitierten Modelle von Canon-IS, Leica, Nikon HG-L, Swarowski und Zeiss – wie immer in alphabetischer, nicht wertender Reihenfolge, dann können Sie bei zitterfreier Beobachtung (also bei den nicht bildstabilisierenden Ferngläsern z.B. Befestigung des Fernglases auf einem stabilen Stativ) in sehr guter Annäherung annehmen, daß sie aus der durch die räumlichen Verhältnisse gegebenen Entfernung mit Fernglas etwa so genau sehen wie ohne Fernglas aus derselben durch die Vergrößerung dividierten Betrachtungsentfernung.
Beispiel: Wenn Sie mit einem 8fach-Fernglas aus 12 m Entfernung beobachten, sehen Sie Details wie z.B. die gesuchten Risse, fast so gut wie ohne Fernglas aus 12Â m : 8 = 1,5Â m Entfernung.
Ob das ausreicht, einen 0,1 mm breiten Riß zu erkennen, hängt wohl auch davon ab, welche Struktur die Decke hat (je weißer, homogener und glatter, desto besser) und wie die Beleuchtung aussieht. Streiflicht einer kleinflächigen Leuchte aus einer Richtung quer zum Rißverlauf macht den Riß besser sichtbar als z.B. diffuses frontales Licht. Sie werden daher zur Ergänzung außer dem Fernglas (wahrscheinlich mindestens 12facher Vergrößerung, wenn die Abstände bis 20 m betragen) auch geeignete Leuchten, z.B. Video-Halogen- oder noch besser HMI-Leuchten benötigen, die ein Helfer evtl. aus verschiedenen Richtungen sehr schräg zur Beobachtungsrichtung auf die jeweils beobachtete Fläche richtet. Die Kleinflächigkeit der Lichtaustrittsöffnung (Reflektordurchmesser) gewährleistet scharfkantige und somit kontrastreiche Schatten, die den Riß besser erkennbar machen. Großflächige Leuchten erzeugen weiche Schattenverläufe, die das Erkennen der Risse erschweren oder gänzlich unmöglich machen.
Es dürfte auch nützlich sein, die Leuchten an sog. Galgen (= langen Stangen) zu befestigen, um sie nah genug an die betrachtete Fläche heranzuführen und dort ein flach einfallendes Streiflicht aus verschiedenen Richtungen zu erzielen. Das Streilicht ist wichtig, damit Sie nicht in die Rißfuge hinein leuchten. Nur wenn sie dunkel bleibt, ist sie auch dann noch gut zu erkennen, wenn sie sehr dünn ist.
Was Sie bei nur optischer Annäherung mit dem Fernglas nicht so leicht simulieren können wie bei tatsächlicher (physischer) Annäherung ist die Betrachtung aus verschiedenen Richtungen. Sind Sie nahe dran, kann evtl. schon eine Kopfbewegung ausreichen, um aus einer ganz anderen Richtung den Riß besser zu erkennen. Bei großer Entfernung dagegen müßte die Kopfbewegung um den Vergrößerungsfaktor größer sein, wozu Sie einen Giraffenhals haben müßten.
Walter E. Schön