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Wenn Linsen violett schimmern, geht weniger Violett durch, nicht mehr!

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24. Juni 2006 13:29
Fällt Licht auf eine Glasplatte oder eine Glaslinse, wird an der ersten Grenzfläche (Luft zu Glas) ein kleiner Teil reflektiert und geht somit verloren, dann wird vom eindringenden Licht ein Teil durch Absorption „entwendet“, und beim Austritt aus dem Glas geht genauso wie beim Eintritt erneut ein kleiner Teil durch Reflexion verloren. Etwas genauer betrachtet ist das so:

Wenn weißes Licht, z.B. Tageslicht, auf eine unvergütete Glasoberfläche trifft, wird je nach dem Einfallswinkel und der Brechzahl des Glases etwa 4,5% des Lichts reflektiert. Mit zunehmendem Einfallswinkel und zunehmender Brechzahl nimmt auch der Reflexionsgrad zu. Die Reflexion ist für alle Farben nahezu identisch, so daß der Reflex dieselbe Farbe wie das einfallende Licht hat, bei weißem Licht also ebenfall weiß ist. Der Rest von ca. 95,5% des einfallenden Lichts dringt in das Glas ein.

Auf dem Weg durch das Glas wird ein Teil des Lichts absorbiert. Wieviel absorbiert wird, hängt einerseits vom Glas ab und andererseits von der Weglänge im Glas. Wenn das Glas völlig farblos ist, wie es bei den meisten optischen Gläsern annähernd der Fall ist, wird nur sehr wenig (z.B. nur 0,01%) und von allen Farben etwa gleich viel absorbiert; nur Violett nahe dem UV (Ultraviolett) wird von praktisch allen Gläsern in merklich höherem Maße absorbiert als die übrigen Lichtfarben, und für die unsichtbare UV-Strahlung nimmt die Absorption mit kürzer werdender Wellenlänge schon rasch zu, so daß das Glas für kurzwelliges UV bald ganz undurchlässig wird. Das ist der Grund, warum für Objektive zur Waferbelichtung mit UV-Strahlung in der Chipherstellung das UV-durchlässige Calciumfluorid anstelle von Glas als Linsenmaterial verwendet wird. Während der Lichtverlust durch Absorption bei dünnen Linsen beinahe vernachlässigbar klein ist, kann er vor allem bei den Umkehrprismen des Fernglases mit einem sehr langen mehrfach gefalteten Weg durchs Glas (in der Größenordnung von 10 cm) ebensogroß wie oder größer werden (Größenordnung um ca. 1%) als der Verlust durch Reflexion an einer vergüteten Oberfläche. Da vor allem Glassorten mit hoher Brechzahl oft nicht ganz farbneutral sind, weil sie meistens im Violett und evtl. auch im Blau deutlich stärker absorbieren, kann das einen leichten Farbstich (bei Absorption im Violett und Blau ist das dann ein Gelbstich) zur Folge haben. Auch verschiedene gegen radioaktive Bestrahlung resistente Gläser, wie sie in verschiedenen militärischen Ferngläsern verwendet werden, haben oft einen Gelbstich als Folge einer solchen Absorption.

Wenn das Licht wieder aus dem Glas (in Luft oder das Füllgas) austritt, wird wieder ebensoviel Licht reflektiert wir beim Eintritt ins Glas, bei unvergüteten Flächen also wieder ca. 4,5 %.

Damit haben wir Verluste von beispielsweise ca. 4,5% (1. Reflexion) + 0,01% (Absorption) + 4,5% (2. Reflxion) = ca. 9%. Durch die Linse dringen dann ca. 91% des Lichts. Bei einem optischen System aus zwei einzelstehenden Linsen gehen dann nur noch 0,91 · 0,91 = 0,828 = 82,8% durch, bei einem System aus 10 einzelstehenden Linsen nur noch 0,91 · 0,91 · 0,91 · 0,91 · 0,91 · 0,91 · 0,91 · 0,91 · 0,91 · 0,91 = ca. 0,3894 = 38,94%, also sehr wenig. Deshalb vergütet man Linsen, damit bei viellinsigen optischen System nicht soviel Licht verlorengeht, was bei Ferngläsern ein stark verdunkeltes Bild bedeutete.

Sobald die Glasoberflächen zur Abschwächung der Reflexion vergütet wird, kommen Farben sichtbar ins Spiel. Eine Einschichtvergütung besteht fast immer aus einer hauchdünnen Magnesiumfluorid-Schicht (MgF2), deren Brechzahl kleiner als die des Glases ist. Deshalb ist die Reflexion an der Oberfläche zu Luft erheblich niedriger als die am Glas. Allerdings kommt es an der Grenzfläche zwischen MgF2 und Glas wegen des nochmalen Brechzahlsprungs erneut zu einer Reflexion. Doch bei richtiger Dicke der MgF2-Schicht läßt sich erreichen, daß das hier reflektierte Licht um eine halbe Wellenlänge gegenüber dem an der ersten Grenzfläche reflektierten Licht phasenverschoben ist, so daß sich daher beide durch „Interferenz“ gegenseitig weitgehend auslöschen. Weitgehend und nicht vollständig deshalb, weil eine vollständige Auslöschung für jede Wellenlänge (Farbe) nur bei einem bestimmten Lichteinfallswinkel erfolgt und bei anderen Einfallswinkeln die Phasenverschiebung etwas von der erforderlichen halben Wellenlänge abweicht, so daß die Auslöschung nur teilweise erfolgt. Es ist daher wichtig, die Schichtdicke so zu berechnen und dann auch beim Vergüten in der Vakuumkammer exakt einzuhalten, daß bei der Haupteinfallsrichtung des Lichts (beim Fernglas kommen viele Richtungen vor!) die bestmögliche Auslöschung der Reflexe in dem Wellenlängenbereich erfolgt, für den das Auge am empfindlichsten ist. Das ist bei Tag der Bereich um 555 nm (Gelbgrün) und bei Nacht, wenn das Auge nicht mehr mit den Zapfen der Netzhaut, sondern mit den Stäbchen sieht, um 507 nm (Blaugrün). Da die meisten Ferngläser bei Tag benutzt werden, wird meistens auf ca. 550 nm, den gelbgrünen Bereich, optimiert. Die Reflexion ist dann bei Blauviolett am stärksten und auch bei Purpurrot relativ hoch (jeweils um ca. 2%), während sie um 550 nm je nach Brechzahl des Glases auf ca. 1,5% bis etwa 0,5% gedrückt wird.

Um die Reflexion noch weiter zu vemindern, kann man mehrschichtvergüten. Dabei werden mehrere dielektrische Schichten aus verschiedenen Metallfluoriden, Metalloxiden oder Metallsulfiden o.ä. mit abwechselnd niedriger und hoher Brechzahl in exakt berechneten Dicken so aufgebracht, daß die an den zahlreichen Grenzschichten reflektierten Lichtwellen sich nicht nur im engen Bereich um 550 nm, sondern fast über den gesamten sichtbaren Bereich (etwa 430 bis 680 nm) so stark gegenseitig auslöschen, daß die verbleibende Reflexion unter ca. 0,2% bleibt. Da die Reflexionskurve nicht ganz gradlinig, sondern etwas wellig verläuft, schimmert das reflektierte Licht in den Farben, bei denen die wellige Reflexionskurve höhere Werte erreicht. Ob der Farbschimmer nur blaugrün, grünlich, purpurn oder sonstwie gefärbt ist, sagt nicht viel über die Wirksamkeit der Vergütung aus. Je nach Glasart können die Farben (wegen der verschiedenen Brechzahlen) variieren.

Soviel zum Grundsätzlichen und fürs bessere Verständnis. Nun zu Ihren Fragen.

Ob die Vergütung gelbgrün bis gelbbraun oder violett schimmert, ist fürs DURCHschauen völlig belanglos. Es wäre auch belanglos, wenn z.B. die Frontlinse des linken Rohres andersfarbig schimmert als die des rechten (es ist nur ein „Schönheitsfehler” beim DRAUFschauen). Wenn in einem Falle etwa gelbgrünes Licht zu 0,2% und das übrige Licht nur zu 0,1% reflektriert wird, ist das gelbgrüne doppelt so intensiv, und darum erscheint Ihnen der Reflex gelbgrün. Ins Glas dringt dann vom gelbgrünen Licht 99,8% und vom übrigen 99,9%, was so ein kleiner Unterschied ist, daß Sie den beim DURCHschauen nicht als Farbstich wahrnehmen.

Sie fragen, warum verschiedene Hersteller bei der gleichen Aufgabenstellung zu verschiedenen Antworten (hier: Reflexionsfarben) kommen. Schon allein deshalb, weil die Linsen aus verschiedenen Glassorten bestehen können, also dann verschiedene Brechzahlen haben. Aber auch, weil die Zahl der Vergütungsschichten verschieden sein kann und ebenso die Materialien der Vergütungsschichte. Es gibt hier sehr viele Möglichkeiten und bei der Vielfalt der Schichtenanzahl, Materialien (Dielektrika) und Brechzahlen der Gläser schier unzählig viele Kombinationsmöglichkeiten. Dann kann manchmal auch eine bestimmte Reflexionsfarbe erwünscht sein, um bei nicht völlig farblosen Glassorten einen durch ungleichmäßige Absorption hervorgerufenen leichten Farbstich durch eine entsprechend angepaßte Reflexionskurve zu kompensieren. Ferner wird aus Kostengründen nicht für jede Glassorte eine andere Vergütung berechnet und realisiert, sondern bei einfachen Ferngläsern ein und dieselbe für alle Linsen und damit für alle Glassorten ungeachtet ihrer jeweils etwas verschiedenen Brechzahl verwendet. Bei höherwertigen Ferngläsern werden mehrere verschiedene Vergütungen glasspezifisch eingesetzt, aber auch nicht unbedingt für jede Glassorte eine andere, sondern für ähnliche Glassorten auch oft dieselbe. Alles das führt dazu, daß die Vergütungsfarben nicht einheitlich sind, sondern stark variieren können. Ein Rückschluß von der Farbe auf den Wirkungsgrad der Vergütung ist zumindest dem Nichtfachmann nicht und selbst dem Fachmann nur bei exakten Messungen möglich.

Es bleibt noch, auf Ihre Vermutung im letzten Satz zu antworten. Da irren Sie sich: Wenn eine Vergütung in einer bestimmten Farbe schimmert, z.B. in Violett, denn heißt das doch, daß Violett am stärksten REFLEKTIERT wird. Also kann Violett nicht am besten durchgelassen werden, denn das was reflektriert wird, kann nicht ins Glas eindringen und darum auch nicht hinten wieder herauskommen. Bei der dann folgenden Absorption im Glas können wieder andere Farben ins Spiel kommen, die aber bei normal dicken Linsen weitgehend vernachlässigt werden können. Deshalb kann man zumindest für Linsen (nicht unbedingt für Prismen mit sehr viel längerem Lichtweg durch das Glas) sagen, daß die Farben, in der eine Vergütung schimmert, diejenige ist, die im allgemeinen am wenigsten gut durchgelassen wird. Ich denke, daß das auch Ihnen logisch erscheinen wird.

Um nochmals beim Violett zu bleiben: Wenn die Spiegelung deutlich violett ist, geht weniger violettes Licht durch die Linse. Wenn vorn weißes Licht eingefallen ist und daher im austretenden Licht vor allem violettes Licht fehlt, erscheint uns das austretende Licht nicht mehr weiß, sondern in der Komplementärfarbe von Violett, und das ist nicht Rot (wie Sie vermuten, wahrscheinlich weil Rot am anderen Ende des Spektrums liegt), sondern Gelb.

Walter E. Schön
Thema Autor Klicks Datum/Zeit

Vergütungsfarben

Bernd O. Koch 1725 24. Juni 2006 03:12

Wenn Linsen violett schimmern, geht weniger Violett durch, nicht mehr!

Walter E. Schön 2166 24. Juni 2006 13:29

Vergütungsfarben bei "gleichen" Filtern

Dietmar Streib 1287 24. Juni 2006 16:36

Entscheidend ist die Transmission, nicht die Reflexion

Walter E. Schön 2635 24. Juni 2006 18:54

Vergütungsfarben - Haltbarkeit

Jürgen Kury 1526 24. Juni 2006 19:48

Heutige MC-Vergütungen sind sehr widerstandsfähig

Walter E. Schön 1266 24. Juni 2006 20:28



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