Es handelt sich offenbar gar nicht um einen Fälscher, denn das Ihnen vorliegende Fernglas ist bestimmt nicht von einem (echten) Nikon-Glas „abgekupfert“ (nachgebaut), sondern ein x-beliebiges Schrottprodukt, das keine nennenswerte Ähnlichkeit mit Nikon-Produkten hat. Allein die vom Anbieter in irreführender (um nicht zu sagen: betrügerischer) Absicht gewählte Namensähnlichkeit ist das Problem. Der Anbieter spekuliert darauf, daß vielen potentiellen Käufern der Name Nikon bekannt ist und als Garant für ein Qualitätsprodukt angesehen wird – was sicher für die meisten Nikon-Fotoprodukte, Mikroskope, Halbleiterbelichter und andere präzisionsoptische Produkte, in der Sparte Ferngläser aber nur für einen kleinen Teil des Sortiments (vor allem für die HG-L- und SE-CF-Serie sowie einige Marine- und Astrogläser) gilt. Der weitaus größere Teil der Nikon-Ferngläser ist Durchschnitts- bis Billigware. Aber der Name Nikon ist trotzdem bei vielen Laien auch dann hoch im Kurs, wenn es sich um so ein minderwertiges Nikon-Glas aus Chinaproduktion handelt.
Daß der Anbieter Ihres Schrottfernglases Nicon mit c schreibt, gibt ihm die Möglichkeit, bei einer gerichtlichen Auseinandersetzung mit Nikon die Absicht einer Markenpiraterie und eine Verwechslungsmöglichkeit abzustreiten und dennoch bei vielen unbedarften Käufern auf eben diese Verwechslung hoffen zu können. Es gibt übrigens auch einen chinesischen Hersteller von kleinen Stereomikroskopen, die auf den ersten Blick sogar fast exakt wie die portablen Nikon-Naturescope-Modelle aussehen, sogar in der auffälligen Farbgestaltung, und die genau dort, wo bei den Originalen „Nikon“ draufsteht, in gleicher Schrift, Größe und Farbe den Namen „Likon“ tragen. Vergleicht man die Bildqualität, so stellt man fest, daß man für ca. 1/4 des Preises des Originals zwar dieselbe 20fache Vergrößerung, aber eben auch nur einen stark reduzierten Kontrast mit viel Streulicht und Randunschärfe bekommt. Auch Ihr Nicon-Fernglas dürfte sich da nicht anders verhalten.
Walter E. Schön