Als am 28.1.2007 Herr Horst Krüger innerhalb der Diskussion mit dem Titel „Inflation“ das Fernglas „
Vixen Apex Pro 8x32“ als preisgünstiges Fernglas lobend erwähnte, das er nicht in die „untere Mittelklasse“ eingeordnet sehen wollte, bot ich mich an, dieses Fernglas zu testen und mit 8x32-Gläsern der Spitzenklasse zu vergleichen, wenn er oder ein anderer Forumsteilnehmer es mir für ein paar Tage leihweise zur Verfügung stellte. Herr Krüger meldete sich nicht mehr, doch Herr Daniel Müller, ein Forumsleser, der bisher noch keine Beiträge im Forum geschrieben hat und in der Nähe Münchens wohnt, bot mir am letzten Wochenende per eMail sein
Vixen Apex Pro 8x32 Fernglas zum Testen an. Ich sagte gern zu und erhielt es leihweise zum Test für eine Woche. Ich wollte den Test am Montag oder Dienstag zusammen mit dem Test der Ferngläser Pentax 8x32 DFC SP und Zeiss Conquest 8x30 durchführen, die ich am Freitag zuvor von anderen Forumsteilnehmern per Post zum Test bekommen hatte. Aber der Tod einer Arbeitskollegin und Freundin meiner Frau, mit der sie 18 Jahre lang gern zusammengearbeitet hat, und ein Absturz meines eMail-Browsers, bei dem über 2100 eMails verschwunden sind, die ich mühsam mittels meiner Sichereitskopien wiedergewinnen mußte, haben meinen Terminplan durchkreuzt. So mußte ich, da für heute die Rückgabe vereinbart war, heute im Schnelldurchlauf wenigstens das
Vixen Apex Pro 8x32 Fernglas testen, damit Herr Müller es auf dem Rückweg von einem Vogelbeobachtungsausflug bei mir abholen konnte. Ich machte mir beim Test Notizen, merkte aber erst jetzt beim Schreiben dieses Berichts, daß ich die Stärke der kissenförmigen Verzeichnung zu prüfen vergessen hatte. Dieser Punkt fehlt daher leider im folgenden Erfahrungsbericht.
Vixen Apex Pro 8x32 (Preisklasse um ca. 400 bis 450 Euro):
1. Aussehen, Verarbeitung, erster Eindruck
Das
Vixen Apex Pro 8x32 wirkt sehr solide, ist kompakt, vergleichbar dem Zeiss FL, ist jedoch ein wenig schwerer als dieses. Das Design ist etwas barock, aber insgesamt ansehnlich, auch wenn das Knickbrückenscharnier keine Designer-Glanzleistung darstellt. Die mich an Formen der aktuellen BMW-Autos erinnernden Wölbungen sehen aus, als sollten sie sich den Händen anschmiegen, was bei mir jedoch nicht ganz funktioniert. Offenbar sollte damit eine eigenständige, unverwechselbare Form gefunden werden. Diesem Ziel dürften auch die konisch gerundeten Objektivfassungen dienen. Die im Griffbereich ähnlich wie beim Nikon HG-L strukturierte Gummiarmierung fühlt sich angenehm und rauh genug an, um griffig zu sein. Dennoch bleibt daran weder Staub noch Schmutz stark haften.
2. Größe und Gewicht, Haptik
Angenehm für ein Allround-Glas ist die Kompaktheit. Die Länge liegt zwischen der des
Leica Ultravids und der des
Zeiss FL, doch machen es die barocken „Fettpölsterchen“ ein bißchen korpulenter. Mit ca. 635 g (ohne Riemen und ohne Schutzdeckel) liegt es im Gewicht etwa zwischen einerseits Leica Ultravid oder Zeiss FL und andererseits Nikon HG-L. Das
Vixen Apex Pro 8x32 Fernglas läßt sich gut halten. Angenehm sind die weitgehend versenkten Trageriemen-Ösen, die beim Halten des Fernglases nicht drücken können. Die Position der Ösen ist relativ weit außen, so daß das Fernglas nur ein wenig schräg am Trageriemen hängt, der etwas kürzer als üblich ist. Ich empfinde seine Länge als angenehm, weil das Fernglas dann beim Gehen nicht so stark baumelt und noch an der Brust statt am stoßempfindlicheren Bauch anliegt. Der Trageriemen hat eine schmalere Auflagefläche um den Nacken als bei den Premiumgläsern üblich und ist ungepolstert, benötigt dafür aber zusammengelegt weniger Platz. Die nur schwach vertieften Daumenmulden haben mehr gestalterische als praktische Relevanz.
3. Augenmuscheln und Einblickverhalten
Kurzsichtige Brillenträger mit nicht zu großer Brille können bei eingedrehten Augenmuscheln das für ein Glas dieser Preisklasse respektabel große Sehfeld gerade noch vollständig überblicken; Weitsichtige dürften bei größerer Brillenglasstärke jedoch Schwierigkeiten haben. Bei Beobachtung ohne Brille gibt es keine Probleme. Die herausgedrehten Augenmuscheln schirmen Seitenlicht gut ab. Sie haben keine rastenden Zwischenstufen. Die Friktion der Knickbrücke zum Einstellen auf die Augenweite ist optimal gewählt, nicht zu schwergängig und auch nicht zu leicht, um sich von selbst zu verstellen.
4. Dioptrienkorrektur und Überhub
Der Überhub für Kurzsichtige beträgt ziemlich exakt -5 dpt; ich kann mit ca. -5,25 dpt ohne Brille auf unendlich nicht ganz, aber fast perfekt scharf sehen. Der leicht geriffelte Dioptrienkorrekturring am rechten Okular hat keine Rastung, aber ist relativ schwergängig und an der Oberfläche bündig mit Gehäuse und Augenmuschel, so daß er sich nicht versehentlich verstellt. Allerdings ist die Schwergängigkeit beim präzisen Einstellen ein wenig hinderlich. Wenn das Fernglas nur von einer Person benutzt wird oder alle Beobachter dieselbe Dioptriendiffernz zwischen beiden Augen haben, ist das weiter nicht schlimm, weil diese Justage dann nur einmal vorgenommen werden muß und die Einstellung danach unverändert bleibt.
5. Sehfeldgröße
Der Sehwinkel ist für ein Fernglas dieser Preisklasse sehr groß, denn es fehlt nur wenig, ich schätze ca. 2°, zum scheinbaren Sehwinkel der Premiumgläser. Damit übertrifft es das von mir gleichzeitig getestete Fernglas Pentax 8x32 DFC SP etwas und das Zeiss Conquest 8x30 sogar deutlich. (Anm.: Ich habe vor, mir demnächst eine Einrichtung zu bauen, mit der ich den scheinbaren Sehwinkel sehr genau messen und dann künftig ganz exakte Gradangaben machen kann.)
6. Fokussierung
Die gummierte Fokussierwalze liegt griffgünstig, hat einen zweckmäßigen Durchmesser, die Riffelung fühlt sich angenehm an und ist weder zu fein noch zu grob. Leider dreht sich die Fokussierwalze verkehrt herum, also gegen den Uhrzeigersinn für weitere bzw. im Uhrzeigersinn für kürzere Einstellentfernung. Das könnte diejenigen stören, die mehrere Ferngläser benutzen. Üblich ist es (zumindest bei allen Premiumgläsern), die Walze für die Ferne nach rechts und für die Nähe nach links zu drehen. Die Gängigkeit der Fokussierwalze ist fast ebenso perfekt wie bei den in dieser Hinsicht vorbildlichen Ferngläsern Nikon HG-L und
Swarovski EL, ebenso auch die Untersetzung mit knapp über 1 1/4 Umdrehungen von unendlich (in diesem Punkt besser als Nikon HG-L mit nur etwa 3/4 Umdrehung) bis zur extrem kurzen Nahgrenze von ca. 1,1 m. Allerdings ist bei Entfernungen unter 2 m die Überschneidung der beiden Sehfelder des linken und rechten Auges schon ziemlich knapp, und außerdem müssen dann die Augen bereits deutlich schielen (bei 1,1 m Entfernung und 8facher Vergrößerung dieses Fernglases so wie mit bloßem Auge auf 1,1 m : 8 = ca. 14 cm Abstand!). So wird nicht jeder Beobachter den Bereich unterhalb 2 m ohne Anstrengung nutzen können.
7. Stativbefestigung
Das Fernglas hat vorn in der Knickbrückenachse ein Gewinde für einen gängigen Stativadapter. Es ist mit einer abschraubbaren schwarzen Kappe abgedeckt. Das Gewinde ist ein Pluspunkt gegenüber den Premiumgläsern.
8. Transmission und Farbtreue
Die Transmission und die Farbtreue sind für ein Dachkantfernglas dieser Preisklasse hervorragend. Visuell kann ich zu den Ferngläsern Zeiss FL, Leica Ultravid und Swarovski EL so gut wie keinen Unterschied in der Bildhelligkeit erkennen. Im Vergleich zum Nikon HG-L (schwach rötlich) und Leica Ultravid (schwach gelblich) ist es sogar farbneutraler. In Transmission und Farbtreue für diese Preisklasse exzellent.
9. Schärfe und Kontrast
Schärfe und Kontrast sind im zentralen Bereich des Sehfeldes nicht nur relativ zu dieser Preisklasse sehr gut. Die Abnahme der Schärfe zum Rand ist gut erkennbar und stärker als bei den Premiumgläsern. Da die Randunschärfe aber zum größten Teil auf einer starken Bildfeldwölbung beruht, kann man auch den Randbereich scharfstellen, wobei dann aber der mittlere Bildbereich ziemlich unscharf wird. Junge Beobachter, die noch über eine große Akkommodationsbreite verfügen, dürften daher diese Fernglas als ziemlich randscharf empfinden, während ältere sich mit einer Randunschärfe abfinden müssen.
10. Streulicht und Reflexe
Wie aufgrund der sehr guten Transmission, also sehr effektiver MC-Vergütung, schon zu erwarten war, zeigt das Vixen Apex Pro nur wenig Streulicht und Reflexe, ist also auch in dieser Disziplin besser als in dieser Preisklasse üblich. Wie fast alle Ferngläser hat auch dieses kein Gewinde für aufschraubbare Streulichtblenden. Da der Gehäusetubus um die Objektive herum leider etwas gewölbt konisch verläuft, ist es schwierig, innenseitig schwarze Papprohre so auf den Tubus aufzustecken, daß sie achsenparallel bleiben.
11. Farbsäume
Die Farbsäume an tangential verlaufenden Kanten im äußeren Bereich des Bildfeldes sind für ein Fernglas dieser Preisklasse gering und unterscheiden sich von denen der Premiumferngläser weniger, als der Preisunterschied erwarten läßt, und dies, obwohl der Sehwinkel fast so groß ist wie bei diesen.
12. Verzeichnung
Leider muß ich diesen Punkt offenlassen (Grund siehe oben in der Einleitung).
FAZIT
Für das
Vixen Apex Pro 8x32 ergibt sich ein relativ zur Preisklasse sehr positives Gesamturteil. Hervorzuheben sind die sehr solide Bauweise, das große Sehfeld und die sehr gute MC-Vergütung für hohe Transmission und hervorragende Farbneutralität. Die Randunschärfe ist angesichts der Preisklasse zumindest akzeptabel und von jüngeren Beobachter kaum festzustellen.
Ich danke Herrn Daniel Müller dafür, daß er mir dieses Fernglas zum Testen leihweise überlassen und es mir sogar persönlich gebracht und abgeholt hat.
Walter E. Schön
PS.: Die Ferngläser Pentax 8x32 DCF SP und
Zeiss Conquest 8x30 werde ich in den nächsten Tagen testen und dann die entsprechenden Erfahrungsberichte folgen lassen. Ich bitte um Geduld.
10-mal bearbeitet. Zuletzt am 10.07.07 14:11.