Mein Eindruck wäre, dass auf Seiten Swarovskis die Serienproduktion technische Probleme macht und die Fertigungsanforderungen unterschätzt wurden. Man hat wahrscheinlich vorschnell dem Drängen technisch unbeschlagener Kaufleute nachgegeben und die gravierenden Schwierigkeiten beim Übergang vom Musterbau zur Serie heruntergespielt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass kompetente Entwickler die Probleme nicht erkannt und benannt haben werden. In letzter Konsequenz wäre Swarovskis Blamage damit eine Folge verfehlter Personalpolitik - ein Problem, für das familiengeführte Unternehmen bekanntermaßen anfällig sind.
Nikons überraschender und vollständiger Rückzug hingegen spricht eher für juristische als technische Probleme. Vorwürfe einer Patentverletzung gehören zum Instrumentarium des Marketing, von welchem Wettbewerber sie auch immer erhoben worden sein mögen. Hätten die EDG wirklich gravierende technische Defizite ist es sehr unwahrscheinlich, dass von diesen bisher nichts berichtet wurde und nur Nikon selber eine Langzeitanfälligkeit bemerkt haben müßte, noch dazu schlagartig und erst nach Auslieferungsbeginn. Ein Problem zudem, dass man nicht durch eine technische Modifikation zu lösen können glaubt, sondern das zwangsläufig die komplette Einstellung der Serie zur Folge haben muß scheint mir bei einem Fernglas schwer vorstellbar - es sei denn das Ding kann explodieren oder sonstwie die Gesundheit der Nutzer gefährden - aber dann dürften die Restbestände nicht abverkauft werden. Dass Nikons Fachleute ein fundamentales technisches Defizit bei einer kompletten Produktlinie erst nach der Markteinführung bemerkt haben sollen, halte ich für nahezu ausgeschlossen. Und selbst wenn, hätte man allein um den Gesichtsverlust zu vermeiden sicher alles darangesetzt, so etwas in der laufenden Serie zu korrigieren, wie es fast alle Hersteller machen, Stichwort Kinderkrankheiten. Auch hätte man sicher nicht vollumfänglich darauf verzichtet, wenigstens einen Teil der Entwicklungskosten der EDG durch den Verkauf hereinzuholen. Der sofortige Vertriebsstop Nikons und die Ankündigung eine neu entwickelte und soeben eingeführte Linie schlagartig und vollständig aufzugeben, also enorme Kosten in Kauf zu nehmen und kalkulierte Gewinne komplett abzuschreiben, sieht deshalb nach etwas ganz anderem aus: nach einem juristischen Verbot. Nach dem Versuch, finanziell unüberschaubarem Ärger frühzeitig aus dem Weg zu gehen. Andernfalls hätte man auch eine verspätete Einführung modifizierter EDGs nicht ausdrücklich ausgeschlossen.
Vielleicht spielen auch beide Dinge eine Rolle und es gibt auf beiden Seiten sowohl juristische als auch technische Probleme. Die offene Frage ist, ob die Probleme beider Hersteller wirklich irgendwie zusammenhängen.
1-mal bearbeitet. Zuletzt am 18.01.09 15:08.