Als treuer Leser Ihrer Beiträge möchte ich meine Erfahrungen zum Zeiss Victory 10x42 FL, neueste Version mit schmutzabweisender Lotutecschicht, mitteilen.
Da ich bereits ein 8x20 Zeiss besitze, sollte es diesmal ein Glas mit mehr Leistung werden. Mit Ihren Argumenten Pro und Contra war ich vertraut, also ging es beim Besuch des Händler darum, meine persönliche Eignung zu überprüfen.
Kann ich das Glas so ruhig halten, daß ich die stärkere Vergrößerung umsetzen kann?
Kann ich mit der Brille beobachten, welche Einschränkungen erwarten mich?
Leica-Swarovski oder Zeiss?
Auf meinen Wunsch nahm Herr Jülich das 8,5fach EL als Referenz. Ich habe noch nie gelesen, daß dieses Glas nicht gut wäre, dann wäre ein 10fach nur zu empfehlen, wenn es mir mehr Feinheiten zeigen kann.
Auf einem Ponton am Rhein saßen einige Silbermöven, Abstand geschätzt 30-40 Meter.
Frei stehend, ein Bein leicht vorgestellt, ging es über 10 Minuten hin und her, dann stand fest, ich bin ruhig genug, um den theoretischen Vorteil in der Praxis zu nutzen.
Einschränkungen mit meiner Brille fand ich nicht, weder wurde das Feld beschnitten, noch war der Einblick unbequem.
Der Vergleich zwischen den Marken ging für mich ganz leicht in Richtung Zeiss, bei diesem Ergebnis war es dann klar, Zeiss ist mindestens gleich gut und etwas günstiger im Preis.
Nach mehreren Exkursionen an die Nordsee, Ost- und Nordfriesland, in die Alpen und ins französische Zentralmassiv kann ich dem Glas eine überwiegend gute bis sehr gute Note geben.
Für meine eher kleinen Händen fasst es sich hervorragend, es ist ausbalanziert, die breite Verstellwalze kann ohne Umgreifen erreicht werden.
Die Augenmuscheln sind hineingedreht, dann ergibt sich eine ruhige Beobachtungsposition mit mittelfestem Andruck an meine Brille, eine sehr stabile Lage, mit der ich für eine längere Zeit beobachten kann.
Ich bemerke Reflexe, verursacht durch die Sonne, wenn diese fast quer zur Beobachtungsachse auf meine Brillengläser fällt und mehrere kleine Kreise auf die Okularlinse produziert. Abhilfe schafft man nur durch Abschatten mit der Hand, dabei erhöht sich geringfügig die Gefahr zu Verwackeln.
Es gibt bei der Beobachtung im nassen Watt Spiegelungen, die das Zeiss nicht sehr gut beherrscht. Dieser spezielle Punkt wurde hier schon oft angesprochen, er könnte durch konstruktive Maßnahmen verbessert werden, ich versuche diesen Mangel mit meiner Hand als Hilfsblende abzuschatten. Ein Mitreisender bemerkte schon vor Jahren Gleiches bei seinem Trinovid, er hat sich eine etwas plumpe Klappe konstruiert, die sehr wirkungsvoll den Reflexen zu Leibe rückt. Bei Gegenlicht klappt er eine rechteckige, schwarze Scheibe horizontal nach vorne, es sieht komisch aus, überzeugt aber in der Funktion.
Die Entscheidung für ein 10fach Glas habe ich nicht bereut. Das Beobachten ist ein Vergnügen, sowohl ästhetisch als auch was den Gewinn an Erkenntnissen betrifft. Das Glas wird regelmäßig nass, manchmal auch staubig. Die Reinigung ist einfach, ich trockne vorsichtig mit einem alten Leinenlappen.
Beobachter von Wasservögeln werden das Problem kennen, ich benötige noch eine stärkere Vergrößerung. Ich habe noch nicht entschieden, wie ich dieses Problem angehen werde, leicht und preiswert wäre der Aufsatz mit dem kleinen 3x12, andererseits würde ich auch gerne Belegaufnahmen machen, was wohl am besten mit einem Spektiv von Zeiss mit DCI Kamera gehen soll. Das wäre dann weder leicht noch preiswert.
Ich hoffe, Sie konnten mit meinem Bericht etwas anfangen.
Leonhard Fingerhut
