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Transmissionsverluste durch Reflexion an Glas-Luft-Flächen und Absorption im Glas

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02. Juni 2007 17:25
Der Transmissionsgrad gibt an, wieviel Prozent des vorn ins Fernglas einfallenden Lichts im unvignettierten* Strahlengang hinten wieder herauskommt. Wäre das Fernglas ein leeres Doppelrohr, so wäre der Transmissionsgrad 100% (der Verlust durch Streuung und Absorption an den Luftmolekülen ist so gering, daß man ihn getrost vergessen kann).

Daß bei einem echten Fernglas mit Linsen und Umkehrprismen in den Rohren weniger als 100% herauskommt, liegt an Verlusten durch Reflexion an Glas-Luft-Flächen, an Verlusten durch Absorption im Glas und bei solchen Ferngläsern, die eine Verspiegelung an Prismenflächen benötigen (also bei den meisten Dachkantprismengläser) durch Absorption an der Spiegelfläche.

1. Verluste durch Reflexion entstehen grundsätzlich immer an den Grenzflächen optischer Medien mit unterschiedlicher Brechzahl, in erster Linie an den Grenzflächen zwischen Luft und Glas bzw. Glas und Luft – die Reihenfolge spielt keine Rolle. Genau genommen entstehen auch an den Grenzflächen zwischen verkitteten Linen, also der Grenzfläche von einer Glassorte zum Kitt und vom Kitt zur anderen Glassorte, Verluste, doch sind diese wegen der sehr kleinen Brechzahlunterschiede im allgemeinen vernachlässigbar gering.

Die Reflexion an den Glas-Luft-Flächen lassen sich durch aufgedampfte sehr dünne dielektrische (sprich: di-elektrische) Schichten, sogenannte „Vergütung“ stark reduzieren. Während eine Glas-Luft-Grenzfläche bei senkrechtem Lichtauffall je nach Brechzahl des Glases etwa 3,8% bis 7,4% (bei den gängigsten Glassorten etwa um 4,5%) reflektiert, reduziert sich bei Einschichtvergütung für die gängigsten Glassorten die Reflexion auf etwa 1% bis 1,5% für eine wählbare Wellenlänge (meistens um ca. 546 nm) mit einem kontinuierlichen Anstieg bis knapp über 2% zu den Randbereichen des Spektrums (also ca. 400 nm und 750 nm). Mit Mehrschichtvergütung läßt sich die Reflexion je nach Aufwand, also Zahl und Art der benutzten Schichten sehr breitbandig (also z.B. zwischen 430 nm und 650 nm) unter 0,3% oder auch noch deutlich niedriger absenken.

Wenn ein relativ einfach aufgebautes Fernglas z.B. 2 verkittete Objektivlinsen (= 2 relevante Grenzflächen), zwei in Porro-1-Anordnung benutzte unverkittete Dreiecksprismen (= 4 Grenzflächen) und 3 Okularlinsen mit einem verkitteten Linsenpaar (= 4 relevante Grenzflächen) in jedem Rohr hat, so sind das insgesamt 8 relevante Grenzflächen. Bei durchschnittlich jeweils 4,5% Verlust (entsprechend einer Transmission von 0,955 oder 95,5%) im Falle eines gänzlich unvergüteten Fernglases ergäbe sich dann ohne Berücksichtigung der Absorptionsverluste eine Transmission von 0,955ˆ8 = 0,692 = 69,2% (Anm.: die Schreibweise 0,955ˆ8 bedeutet „0,955 hoch 8“). Das ist ein schlechter Wert, der tatsächlich in dieser Größenordnung bei schlechten Ferngläsern vorkommt. Die haben zwar meistens die Frontlinse und die letzte Okularlinse vergütet, damit der Käufer das Glas bläulich schimmern sieht, damit er denkt „das Fernglas ist vergütet“, aber der Rest ist nicht selten unvergütet. Und wenn dann etwa die beiden Objektivlinsen nicht verkittet sind, sondern frei stehen (mit Luftspalt dazwischen) und das Okular vielleicht 4 Linsen hat, so kann der Wert trotz der Teilvergütung sogar noch schlechter werden.

Wären alle Glas-Luft-Flächen einschichtvergütet, so ergäbe sich bei Annahme eines mittleren Reflexionsgrades von 1,5% im obigen Beispiel ohne Berücksichtigung der Absorption eine Transmission von 0,975ˆ8 = 0,817 = 81,7%. In dieser Größenordnung liegen viele gute Ferngläser einschließlich ihrer Verluste durch Absorption, was aber nur möglich ist, wenn zumindest ein Teil der Glas-Luft-Flächen mehrschichtvergütet ist.

Wären alle Glas-Luft-Flächen mehrschichtvergütet, so ergäbe sich bei Annahme eines mittleren Reflexionsgrades von 0,3% wiederum ohne Berücksichtigung der Absorption im Glas eine Transmission von 0,997ˆ8 = 0,976 = 97,6%. Diesen Wert erreicht kein Fernglas, weil auch noch die Verluste durch Absorption im Glasweg die Transmission vermindern.

2. Der auf eine bestimmte Glasdicke (z.B. 10 mm oder 25 mm) bezogene Absorptionsgrad hängt von den Glassorten ab, wobei zwischen Brechzahl und Absorption so gut wie keine Korrelation besteht. Welche Absorption dann das ganze optische System des Fernglases verursacht, kann daraus anhand der gesamten Glasdicke. berechnet werden. Im Umkehrprismensystem entstehen die höchsten Absorptionsverluste, denn der Glasweg ist darin mehrfach gefaltet und sehr lang. Beim Porrosystem Typ 1 aus zwei gleich großen Dreiecksprismen ist der geometrische Weg durchs Glas gleich dem 4fachen Durchlaßquerschnitt. Wenn objektivseitig ein größeres und Okularseitig ein kleineres Dreiecksprisma verwendet wird, um Volumen und Gewicht einzusparen, kann man den Lichtweg (bezogen auf den vorderen Durchlaßquerschnitt etwas verkürzen, z.B. auf den 3,8fachen Querschnitt. Je nach Bauart und Objektivbrennweite kann dieser Durchlaßquerschnitt bei einem 50er-Porroglas vielleicht bei 40 mm liegen, was dann eine Glasdicke von mindestens ca. 150 mm für das Prismensystem ergibt. Verglichen damit sind z.B. 15 mm Glasdicke des Objektivs und 25 mm Glasdicke eines einfachen Okulars wenig. Zusammen hätten wir in diesem Beispiel ca. 190 mm Glasdicke.

Der Absorptionsgrad der verschiedenen Glassorten wird von den Glasherstellern indirekt durch den sog. Reintransmissionswert angegeben. Das ist das Verhältnis zwischen der nach Durchtritt durch das Glas der angegebenen Dicke herauskommenden Strahlungsleistung zu der ins Glas eindringenden Strahlungsleistung (also nach Abzug des reflektierten Anteils). Man könnte vereinfacht auch sagen: Die Reintransmission ist 1 (oder 100%) minus Absorption. Die Absorption ist bei den üblichen optischen Gläsern für langwelliges (z.B. rotes) Licht geringer als für kurzwelliges (z.B. blaues). Ich will für unser Rechenbeispiel von der Absorption zwischen ca. 555 nm (Empfindlichkeitsmaximum des menschlichen Auges beim Tagessehen) und ca. 507 nm (Empfindlichkeitsmaximum beim Nachtsehen) ausgehen. Schott gibt im aktuellen Glaskatalog für die beiden gängigsten Prismen-Glassorten BaK4 und BK7 in diesem mittleren Bereich eine Reintransmission von ca. 0,995 = 99,5% für eine Glasdicke von 25 mm an. Da wir oben von einer gesamten Glasdicke von 190 mm ausgegangen sind, haben wird also eine Gesamtdicke von 7,6mal 25 mm, so daß wir (unter der Annahme, daß für die Glassorten der ca. 40 mm der Linsen ungefähr dieselben Werte gelten wie für die Glassorte der Prismen) auf eine Reintransmission von 0,995ˆ7,6 =0,963 = 96,3% kommen.

Wie man sieht, ist der Verlust durch Absorption (hier 3,7%) sogar etwas größer als der durch Reflexion (hier 2,4%) bei Mehrschichtvergütung aller Glas-Luft-Flächen. Reflexion und Absorption führen bei einem solchen Fernglas somit zu einer Transmission von 0,976 · 0,963 = 0,940 = 94%. Da hochwertige 50er-Porroferngläser aber mehr Linsen als oben für ein einfacheres Fernglas angenommen und somit mehr Glas-Luft-Flächen und auch eine insgesamt noch etwas größere Glasdicke aufweisen, bleibt man in der Praxis noch ein wenig darunter. Ein Transmissionswert knapp über 90% ist daher schon sehr gut!

3. Bei Dachkantferngäsern (Ausnahme: solche mit Abbe-König-Prismensystemen ohne Verspiegelung) kommt noch eine weitere Ursache für Lichtverlust hinzu, nämlich bei der Reflexion an der verspiegelten Fläche. Bei Porroprismen tritt verlustfreie Totalreflexion ein, und das gilt auch für alle nicht verspiegelten Spiegelflächen der Dachkantprismen. Es kommt also nur darauf an, wie die verspiegelte Prismenfläche beschaffen ist. Die herkömmliche und nach wie vor bei allen einfachen und Mittelklasse-Dachkantferngläsern sowie bis vor wenigen Jahren auch bei Top-Dachkantferngläsern benutzte Verspiegelung ist eine Aluminiumschicht. Die erzielt leider nur einen Reflexionsgrad von ca. 90% (etwas mehr bei kurzwelligem, etwas weniger bei langwelligem Licht). Somit kommen selbst sehr gute Dachkantferngläser mit Aluminiumverspiegelung, z.B. die „alten“ Leica-Trinovid-Modelle, auf bestenfalls ganz knapp über 80% Transmission. Mit Silberverspiegelung kann man schon viel gewinnen (z.B. Nikon HG-L), weil der Reflexionsgrad bei ca. 98% liegt. Noch besser und bis in den Violettbereich gleichmäßiger bis über 99% wird es mit einer dielektrischen Verspiegelung, wie sie zuerst von Swarovski (EL) und dann auch bei Leica (Ultravid, Duovid) und Zeiss (FL unter 42 mm Öffnung) eingesetzt wurde.
_____________

Nun nach dieser zum besseren Verständnis vorab nötigen technischen Erklärung komme ich zur Beantwortung Ihrer eigentlichen Fragen.

Beide von Ihnen genannte Ferngläser sind Porroferngläser. Eine Verspiegelung gibt es dort nicht, also auch keine dadurch verursachten Verluste (in der Erklärung bin ich deshalb darauf eingegangen, damit die Transmission nicht nur bei Porro-, sondern auch bei Dachkantgläsern erklärt wird). Wir haben es also nur mit Verlusten durch Reflexion an den Glas-Luft-Flächen und durch Absorption im Glas zu tun.

Die in linken und rechten Rohr verwendeten Glassorten sind dieselben. Da sie zur Einhaltung der optischen Eigenschaften mit extrem kleinen Toleranzen produziert werden müssen (und können), darf davon ausgegangen werden, daß die Absorptionsverluste mindestens bis zur ersten Nachkommastelle des Prozentwertes in beiden Rohren gleich sind. Erheblich schwieriger einzuhalten und für die optischen Eigenschaften (mit Ausnahme der Transmission) relativ unwichtig sind die Toleranzen bei der Vergütung. Hier liegt die Ursache für unterschiedliche Transmission beiden Rohre, sofern nicht z.B. Verschmutzung oder nur in einem Rohr eingebaute Strichplatten (Marineferngläser) oder Strahlteiler (Ferngläser mit IR-Entfernungsmessung) zusätzliche Verluste für nur eines der beiden Rohre bringen.

Gehen Sie also davon aus, daß die Verschiedenheit der bei meinem Transmissionstest (verkehrtherum gegen ein weißes Blatt Papier durchschauen) erkennbaren Helligkeit der (annähernd) weißen Kreisscheiben auf größere Toleranzen bei der Vergütung von Linsen und Prismen zurückzuführen ist. Es kommt bei manchen Fabrikaten und insbesondere bei billigeren Produkten durchaus auch vor, daß mal eine unvergütete Linse eingebaut wird, ohne daß es jemand bemerkt und den Fehler behebt. Ich kann Ihnen leider nicht sagen, ab welchen Prozentwerten Sie bei meiner Testmethode einen Unterschied erkennen können, denn dazu müßte man Vergleichmesssungen machen. Man muß ferner auch berücksichtigen, daß nicht jeder Mensch Helligkeitsunterschiede gleich gut wahrnimmt, vor allem dann, wenn sie zugleich mit Farbunterschieden verbunden sind. Aber ich vermute, daß man mindestens etwa 1% bis 2% Unterschied braucht, um ihn auf diese Weise sehen zu können. Beim praktischen Beobachten, also nicht von sehfeldfüllendem weißen Papier, sondern einem bunten, mehr oder weniger kontrastreichen Motiv, muß der Unterschied noch deutlich (ich schätze, mindestens um den Faktor 3 bis 5) größer sein, um mit Sicherheit erkannt zu werden. So gesehen, ist der Test mit dem Papier praxisgerecht und genau genug für beobachtungsrelevante Aussagen.

Unterschiede von einigen Prozent, wie Sie demnach bei Ihren beiden Ferngläsern zwischen links und rechts vorliegen, sind nicht schön. Eigentlich sollten Hersteller beim Zusammenbau darauf achten, jeweils Paare etwa gleicher Farbe und Transmission zusammenzufügen, wenn sie schon nicht in der Lage sind, die Toleranzen so eng zu halten, daß sichtbare Unterschiede nicht auftreten.

Nun zur anderen Frage, warum das Pentax Papilio (nicht Papillo, „papilio“ ist das lateinische Wort für „Schmetterling“, „papilla" mit a statt o am Ende wäre das lateinische Wort für „Brustwarze“) eine Spur heller als das alte CZJ ist. Das kann auch an der Wirksamkeit der Vergütung liegen (Sie sagten selbst, daß das CZJ schon mindestens 15 Jahre alt ist), aber hat zusätzlich auch noch eine andere Ursache: Das Papilio ist viel kleiner, hat also dünnere Linsen und viel kleinere Prismen und somit aufgrund der geschätzt nur etwa halb so großen Gesamt-Glasdicke deutlich geringere Verluste durch Absorption. Daß die Anordnung der Prismen „umgekehrt” (engl.: reversed Porro) den Objektivachsenabstand verkleinert statt vergrößert, hat keinen Einfluß auf die Transmission, wie Sie schon richtig vermutet haben.

Sollten sich nach diesen langen Ausführungen noch neue Fragen ergeben, bitte ich um etwas Geduld. Ich hatte letzte Woche die Maler im Haus, habe mehrere neue Deckenleuchten installiert und war wegen einer Fußoperation meiner Frau fast einen ganzen Tag außer Haus, so daß ich mit meiner beruflichen Arbeit etwas in Verzug geraten bin. Nächste Woche aber muß ein eiliger Auftrag fertig werden, und das schaffe ich nur, wenn ich in den nächsten Tagen keine Forumsbeiträge schreibe, zumindest keine so langen wie diesen. Ich kann also vermutlich frühestens Ende kommender Woche auf weitere Fragen antworten.

Walter E. Schön


* Eine Erläuterung zum ersten Satz: Die Bildhelligkeit hängt nicht allein von der Transmission ab. Auch eine Vignettierung, die nicht unbedingt als Beschneidung der Austrittspupille erkennbar sein muß, kann die Helligkeit insbesondere im Randbereich des Sehfeldes merklich herabsetzen. Üblicherweise wird die für Ferngläser angegebene Transmission aber auf einen paraxialen Bereich, also für das Zentrum des Sehfeldes angegeben, wo normalerweise keine Vignettierung vorliegt oder (wie im Beispiel des Canon-Glases 10x42 L IS WP) eine Vignettierung (hier durch zu kleinen Durchlaß der Vari-Angle-Prismen) als Verkleinerung der AP sichtbar wird. Darüber hinaus wird beim Vergleich zweier Ferngläser die Bildhelligkeit dann auch noch von der Größe der AP beeinflußt, wenn die Umgebungshelligkeit so gering ist, daß die Augenpupillen einen größeren Durchmesser hat als die kleinere der evtl. verschieden großen Austrittspupillen der beiden Ferngläser.
Thema Autor Klicks Datum/Zeit

Bei meinen Ferngläsern schwankt die Helligkeit zwischen rechter und linker Seite

Dieter Kurth 1482 02. Juni 2007 10:34

Re: Bei meinen Ferngläsern schwankt die Helligkeit zwischen rechter und linker Seite

Volker Werres 972 02. Juni 2007 11:19

Transmissionsverluste durch Reflexion an Glas-Luft-Flächen und Absorption im Glas

Walter E. Schön 5355 02. Juni 2007 17:25



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