Vor allem Vögel mit dunklem Federkleid (auf der Unterseite) gegen hellen Himmel zu beobachten, ist schwierig und zeigt kaum mehr als eine Silhouette. Nur wenn der Vogel sehr groß oder sehr nah ist, erkennt das Auge noch gut Strukturen und evtl. Farbe innerhalb des Vogelumrisses. Das Problem ist auch bei den besten Ferngläsern nicht zufriedenstellend zu lösen – außer durch eine praktisch kaum mögliche helle Beleuchtung von unten (die evtl. im Winter durch die Reflexion der Schneelandschaft gegeben wäre).
Zwar zeigt ein sehr gutes, kontrastreich abbildendes, also vor allem streulichtarmes (falschlichtarmes) Fernglas weniger detailschluckende Verschleierung der dunklen Vogelunterseite durch im Fernglas gestreutes Himmelslicht, aber das Auge hat auch dann einen so riesigen Kontrast zu bewältigen, daß es überfordert ist. Beim Blick gegen den hellen Himmel verkleinert sich die Augenpupille, um Blendung zu vermeiden, und der Rhodopsinverbrauch infolge der starken Belichtung nimmt so zu, daß die Neuproduktion des Rhodopsins „nicht mehr mitkommt“, so daß die Empfindlichkeit an der betreffenden Stelle der Netzhaut abnimmt (Rh. ist der lichtempfindliche „Sehpurpur“ der Zapfen in der Netzhaut des Auges, der permanent neu gebildet werden muß und sich durch Lichtabsorption chemisch verändert, wodurch die elektrochemischen Prozesse ausgelöst werden, die die Signale ans Gehirn senden). Diese als „Adaptation“ oder kürzer auch als „Adaption“ bezeichnete Anpassung an die Umgebungshelligkeit durch Änderung der Pupillengröße und des Verhältnisses von Rhodopsinzerfall zu -neuproduktion (dynamisches Gleichgewicht) schützt einerseits bei zunehmender Helligkeit die Netzhaut vor Blendung und steigert andererseits bei abnehmender Helligkeit die Lichtempfindlichkeit. Aber weil im Falle der Vögel vor hellem Himmel die Adaption zur Empfindlichkeitsabnahme führt, wird die dunkle Unterseite des Vogel für den Beobachter quasi noch dunkler. Genauso wie ein fotografischer Film hat auch die Netzhaut des Auges nur eine begrenzte „Dynamik", verkraftet also nur einen begrenzten Kontrastumfang, der allerdings viel größer als der eines fotografischen Films ist.
Nur wenn der Vogel einen größeren Raumwinkel einnimmt (einfacher ausgedrückt: als größere Fläche erscheint), kann das Auge im Inneren der Silhouette wieder etwas erkennen, auch wenn es dort noch immer ziemlich dunkel ist. Denn der Blendeffekt durch den hellen Himmel ist nahe der Silhouettenkante am stäksten und nimmt zum inneren Bereich der von der Silhouette eingefaßten Fläche ab, und zwar deshalb, weil dort wieder wenig Rhodopsin verbraucht wird, also sich dort eine höhere Lichtempfindlichkeit einstellt als an den Stellen der Netzhaut, die vom Himmel geblendet werden. Insofern ist das Auge einem fotografischen Film erheblich überlegen, denn der kann einen solchen Kontrastausgleich nicht vornehmen, weil er stets über die volle Formatfläche dieselbe Lichtempfindlichkeit hat. Neuerdings gibt es für Digitalkameras (z.B. Fuji) und für Bildbearbeitungsprogramme (z.B. DxO) Methoden, auf ähnliche Weise wie beim Auge durch einen solchen Kontrastausgleich eine Bildverbesserung herbeizuführen.
Sie hätten wohl mit einem Zeiss Victory FL aufgrund noch etwas höheren Kontrastes (weniger Falschlicht) eine leichte Verbesserung gegenüber Ihrem Zeiss Conquest, aber trösten Sie sich damit, daß selbst diese Verbesserung in diesem krassen Fall nur marginal ist – weil eben der Engpaß im Auge liegt.
Walter E. Schön