Es wundert mich, daß Sie Herrn Merlitz bescheinigen, es redlich versucht zu haben, mir jedoch nicht. Es scheint, daß Sie noch immer meinen, daß er das richtige Erklärungsmodell habe und ich irre. Dabei haben Sie von mir ausreichend viele Informationen und Antworten auf Ihre Fragen erhalten, daß Sie eigentlich in der Lage sein müßten, meine Version als die richtige oder zumindest die Version von Herrn Merlitz als die falsche zu erkennen.
Ich versuche nun mit einem ganz einfachen Gedankenexperiment, das wirklicher JEDER – nicht nur Sie, sondern auch jeder ohne die geringste Ahnung von Mathematik – nachvollziehen kann (und das mir nach unserem heutigen sehr späten Abendessen eingefallen ist), noch einmal aufzuzeigen, daß das Modell „Globus“ falsch ist und durch „Zylinder“ ersetzt werden muß:
1. Man suche eine gerade senkrechte Linie, z.B. einen Fahnenmast oder eine Gebäudekante. Dann richte man sein
nicht verzeichnendes Fernglas so darauf aus, daß diese senkrechte Linie durch die Mitte des Sehfeldes verläuft. Wenn man nun das Fernglas abwechselnd nach links oder rechts schwenkt, verschiebt sich diese senkrechte Linie innerhalb des Sehfeldes entgegengesetzt nach rechts bzw. nach links, aber sie bleibt dabei gerade. (Würde sich die Linie verbiegen, wäre es per definitionem kein verzeichnungsfreies Fernglas.)
Daraus folgt, daß sich beim Schwenken des Fernglases alle Punkte auf einer senkrechten Linie (von ganz oben bis ganz unten) mit exakt derselben Geschwindigkeit hin und her bewegt haben.
2. Dann nehme man einen Globus, auf dem Meridiane aufgezeichnet sind, und stelle ihn so auf, daß die Drehachse senkrecht steht (normalerweise sind Globen so gebaut, daß ihre Achse um den sog. Ekliptikwinkel 23° der Neigung zwischen Erdachse und Erdbahnachse geneigt ist). Dann drehe man den Globus so, daß ein Meridian, z.B. der nullte durch Greenwich als gerade senkrechte Linie durch die Mitte des Globus zu sehen ist; das ist dann der Fall, wenn sich das Auge in der betreffenden Meridianebene befindet.
Nun drehe man den Globus abwechselnd ein wenig nach links und nach rechts, und was passiert nun mit dem zuvor geradlinig erschienenen Meridian? Er verbiegt sich zu einer erst extrem schlanken und dann immer dickeren Halbellipse, bis er nach einer Drehung des Globus um fast 90° zu einem Halbkreis wird (es wären genau 90°, wenn wir aus unendlicher Entfernung oder mit einem telezentrischen Auge schauen könnten).
Und nun frage ich: Hat man im Fernglas denselben Effekt wie am Globus gesehen oder nicht? Im Fernglasbild ist doch die gerade Linie auch seitwärts der Mitte stets gerade geblieben! Also kann es kein Globuseffekt sein.
3. Wenn wir dann in einem dritten Gedankenexperiment eine zylindrische Konservendose nehmen und auf ihrem Außenmantel eine senkrechte Linie aufgezeichnet haben, stellen wir die Dose so auf den Tisch, daß wir (aus gleicher Höhe wie die Mitte der Dose) diese senkrechte Linie in der Mitte der Dose sehen. Dann drehen wir die Dose um ihre senkrechte Achse mal etwas nach links und mal nach rechts. Wie sehen wir hier die aufgezeichnete senkrechte Linie? Sie wandert mal nach der einen und mal nach der anderen Seite, aber sie bleibt immer gerade und senkrecht, also genauso wie der Fahnenmast oder die Gebäudekante im Bild des geschwenkten Fernglases.
Mein Wunsch:
Ich bitte nun alle noch immer an diesem Thema Interessierten um reichlich Wortmeldungen, ob Ihnen dieses Gedankenexperiment einleuchtet. Es ließe sich jederzeit leicht als tatsächliches Experiment wiederholen (Herr Jülich verkauft auch Globen, falls es daran fehlen sollte!).
Herr Merlitz wird sich wahrscheinlich weigern, diese Experiment nachzuvollziehen, weil er sein Ergebnis nicht wahrhaben will. Aber zumindest alle anderen wüßten dann, daß die Bezeichnung „Globuseffekt“ falsch ist und die von mir gewählte Bezeichnung „Zylindereffekt“ besser wäre. Das Experiment ist zwar kein Beweis dafür, daß mein Erklärungsmodell über das Zustandekommen der Wahrnehmung dieses Effekts stimmt (dazu sind weitere Erklärungen nötig, die ich aber schon an anderer Stelle abgegeben habe), aber es ist ein Beweis, daß das Globusmodell von Herrn Merlitz trotz Anerkennung durch ein in diesem Falle nicht ganz durchblickendes Wissenschaftler-Gremium (es möge anderweitig Großes geleistet haben) falsch ist.
Zum Schluß noch eine Bitte speziell an Forumsteilnehmer „Globuli“, weil er sich mit besonderem Interesse in die Diskussion eingeschaltet hat, weil seine Fragen mich glauben ließen, er würde sich in die Materie vertiefen wollen, und weil diese Fragen so formuliert waren, daß ich eine dafür gute Qualifikation bei ihm vermute: Glauben Sie nach diesem Gedankenexperiment noch immer an die Richtigkeit des Merlitzschen Erklärungsmodells?
Walter E. Schön