Eigentlich sollte es heißen "reiner Stickstoff", also nur das in der Chemie mit dem Zeichen N (= Nitrogen) bezeichnete Gas ohne irgendwelche Beimengungen oder Verunreinigungen. Reiner Stickstoff enthält nichts anderes als Stickstoff, also auch kein Wasser, und ist somit automatisch trocken. Weil die Hersteller aber dem normalerweise nicht fachlich versierten Kunden sagen wollen, dass es dabei hauptsächlich darum geht, das Innere des Fernglases oder Spektivs kondenswasserfrei zu halten und Korrosion vorzubeugen, betonen Sie das mit dem Zusatz "trocken". Vielleicht kommt eines Tages ein Hersteller oder seine Werbeagentur auf die Idee, "seinen" Stickstoff als XD-Nitrogen zu bezeichnen, was nach etwas ganz Exquisitem und vermutlich besonders Gutem und Teurem klingt. XD konnte dabei als "Extra Dry" interpretiert werden, wobei allerdings etwas anderes gemein wäre als beim Sherry.
Der nächste Schritt in der Komparation werbeträchtiger Begriffe könnte "trockenes Aluminium" bzw. "trockenes Magnesium" sein, dann sollte baldmöglichst auch noch "trockenes Glas" folgen, damit wir dann nicht nur hundert-, sondern dreihundertprozentig sicher vor Kondenswasser im Fernglas und Spektiv sein können.
Ganz ähnlich ist die Motivation, welche die Werbetexter zu den Bezeichnungen XD-, ED-, SD- oder UD-Glas (bzw. englisch glass) veranlasst. Alle diese Präfixe sollen "besonders niedrige Dispersion" bedeuten (XD = e
xtra-low
dispersion, ED =
extra-low
dispersion, SD =
super-low
dispersion, UD =
ultra-low
dispersion) und diese - meistens sind es dieselben wenigen Glastypen von Schott, Hoya, Ohara & Co. - in ihrer die Dispersion vermindernden Eigenschaft noch über die früher als etwas Besonderes gehandelten LD-Gläser (
low
dispersion) hinausheben.
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