Die Geschlechterrollen scheinen nach Ihren Beobachtungen hinsichtlich der Aggressivität anders zu sein als sie gewöhnlich sein sollten. Normalerweise verfolgen sich die Amseln bei der Paarbildung im Revier (ob das jetzt bei Ihren Amseln schon so weit sein könnte, erscheint mir allerdings sehr zweifelhaft, erste Gelege sind normalerweise erst im März zu erwarten) , das Männchen geht auch im "Imponierschritt" mit leicht hängendem Handflügel (!) um das Weibchen herum. Aber hier scheint bei Ihren Amseln einiges anders zu sein. Amseln sind aber -ähnlich wie übrigens auch die scheinbar niedlichen Rotkehlchen- grundsätzlich recht aggressiv. Man muss berücksichtigen, dass für viele frei lebende Vögel jederzeit Lebensgefahr besteht, im Winter erst recht.
Bei den Amseln sollte man auch die unterschiedlichen Lebensräume beachten, in denen sie leben. Zwei Phänomene, von denen Sie berichten, werden als typisch für "Gartenamseln" beschrieben: Verletzungen (z.B. überlebte Zusammenstöße mit langsam fahrenden Fahrzeugen) und das Auftreten weißer Federn (bis hin zu fast weißen Vögeln, meist als Folge von normalen Erbveränderungen, evtl. auch als Verletzungsfolge) sind bei ihnen deutlich häufiger als bei den "Waldamseln", bei denen die Weißlinge eine geringere Überlebenschance haben als bei Garten- oder Stadtvögeln. Zudem müssen Ihre beiden Amseln nicht automatisch Standvögel sein, ein Vogel könnte z.B. durchaus ein nicht ziehender Standvogel sein, der andere eine sogenannte Zugamsel, die sich dann in Ihrem Garten behaupten muss.Zwischen solchen Tieren kann es übrigens durchaus zur Paarbildung kommen, auch wenn es jetzt gar nicht danach aussieht.
Vielleicht können Sie die beiden Vögel ja in den nächsten Wochen weiter beobachten, denn sie scheinen ja durchaus individuelle Merkmale zu besitzen. Vielleicht klärt sich dann manches auf, was jetzt nur Spekulation sein kann.
MP