Prinzipiell: Ja, natürlich, jede Linse erzeugt ein sekundäres Spektrum, hat also einen Farbfehler, warum sollte das bei Brillengläsern anders sein?
Wie bei allen Linsen, nimmt der Farbfehler mit der Brechkraft der Linse und zum Rand der Linse merklich hin zu, nahe der optischen Achse ist er dagegen so gut wie unsichtbar. Sollten Sie zur Fraktion der augenrollenden und gern randnah Beobachtenden gehören, dürften ihre Brillengläser an der randnah wahrnehmbaren CA mitbeteiligt sein, wovon Sie sich ja leicht beim Blick durchs Fernglas ohne Brille überzeugen können. Der Farbfehler ist außerdem umso stärker wahrnehmbar, je größer der Kontrast, der Helligkeitsunterschied beim Beobachten ist, weil dann die Lichtintensität ausreicht, das (immer vorhandene, aber bei weniger Helligkeit zu schwache) sekundäre Spektrum an der Kante genügend zu verstärken.
Wenn Sie zudem - zum Beispiel aus kosmetischen Gründen - hochbrechende Brillengläser tragen sollten, weil diese dünner sind als "normale" niedriger brechende, zeigen diese Linsen aufgrund ihrer höheren Dichte resp. Brechkraft leider zwangsläufig einen stärkeren Farbfehler am Rand. (Ob inzwischen auch schon Gläser mit verminderter Dispersion bei Brillengläsern angeboten werden, oder sogar mehrlinsige "Objektive", die eine bessere Fehlerkorrektur erlauben würden, weiß ich nicht, vermute aber, dass dem bei Glas ein zu hohes Gewicht entgegenstünde. Vielleicht gibt es medizinische Sonderfälle?)
Je nach Brillenstärke dürfte es schon genügen, wenn ihr Blick beim Augenrollen mehr als wenige mmm vom Linsenmittelpunkt abweicht, und die Farbsäume ihrer Gläser werden sichtbar. Das könnten Sie leicht an einem Dachfirst oder ähnlichen Hochkontrastkanten austesten. Wie stark sich ein nicht zentrierter Blick durchs Fernglas randnah farbfehlerverstärkend auswirkt, dürfte vom subjektiven Sehwinkel des Glases und auch von seiner Austrittspupille abhängen. Je größer beide Werte, desto leichter sollte es zu Farbfehlern kommen können, da die Gefahr steigt, nicht genügend zentriert durchs Fernglas zu blicken und dann, sozusagen zur Kompensation beim leicht "schrägen" Blick durch das Brillenglas sich dessen Farbfehler noch zu dem des unzentrierten Fernglases dazu addiert.
Viele Brillenträger möchten vorwiegend aus Bequemlichkeit mit Brille durchs Glas schauen. Wenn das aber nicht unbedingt erforderlich ist (starker Astigmatismus etc.), sollten insbesondere Kurzsichtige ausprobieren, ohne Brille durchs Glas zu schauen, denn die Bildqualität und auch das Auflösungsvermögen dürften in vielen Fällen ohne Brille besser sein. Ob Bequemlichkeit oder Bildqualität der Vorzug zu geben ist, muß jeder selbst entscheiden.
1-mal bearbeitet. Zuletzt am 23.04.08 13:48.