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Es gibt mehrere Gründe für die geringere Transmission der Spektive

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02. April 2005 15:07
Ohne Linsenschnitte und weitere Informationen zum Zeiss 8x42 FL und zu den Zeiss-Diascope-FL-Spektiven zu haben, kann ich zwar keine exakte Antwort auf Ihre Frage geben, aber zumindest möchte ich Ihnen mit einigen Hinweisen auf mögliche Ursachen der geringeren Spektiv-Transmission helfen.

Daß ein Spektiv „exakt so” wie ein Dachkantfernglas aufgebaut sei, ist nicht ganz richtig. Es gilt nur für das von Ihnen genannte Prinzip, aber nicht mehr, wenn man ins Detail geht. In folgenden Punkten kann es (muß es aber nicht in allen Fällen) Abweichungen geben, von denen jede einzelne zwar nicht 4% Unterschied in der Transmission ausmacht, die aber in der Summe durchaus zu diesem Unterschied führen können:

1. Das Spektivobjektiv hat eine deutlich größere Öffnung, also größere (und deshalb zwangsläufig auch dickere) Linsen. Die dickeren Linsen bedeuten einen längeren Lichtweg durch das Glas und folglich eine höhere Absorption, die wiederum zu Lasten der Transmission geht.

2. Das Spektivobjektiv hat neben der größeren Öffnung eine deutlich längere Brennweite, die erheblich größere Umkehrprismen bedingen, weil ein weiterer Durchlaß sowohl wegen der Öffnungsgröße als auch wegen des größeren Bildfeldes im Primärfokus nötig ist, um keine Vignettierung zu verursachen. Bei größerer lichter Weite muß das Prisma im gleichen Verhältnis auch länger sein (die Prismenform muß beibehalten werden!), und das bedingt ebenfalls einen erheblich längeren Glasweg (Länge des Lichtweges durch das Glas des Prismas), der auch wieder eine gesteigerte Absorption zur Folge hat, hier sogar noch mehr als bei den vergleichsweise dünnen Linsen.

3. Das Spektivobjektiv muß besser korrigiert sein, weil es nicht nur bei z.B. 8- bis 10facher Vergrößerung scharf abbilden soll, sondern auch noch z.B. bei 60facher Vergrößerung. Selbst wenn man von Faktor 6 bis 7,5 der höheren Gesamtvergrößerung Faktor 3 aufgrund der ca. 3fachen Objektivbrennweite abrechnet, bleibt Faktor 2 bis 2,5 für die Nachvergrößerung durch das Okular. Das kann zur Folge haben, daß für Objektiv und Innenfokussiergruppe ein bis zwei Linsen mehr und evtl. eine Konstruktion mit weniger Kittflächen nötig sind (eine Kittfläche ist insofern eine Einschränkung, weil beide miteinander zu verkittenden Linsenoberfläche dieselbe Krümmung aufweisen müssen, während der Konstrukteur bei nicht verkitteten Linsen eine zusätzliche Variable für Korrektionsmaßnahmen durch den frei wählbaren zweiten Linsenkrümmungsradius gewinnt). Nur eine Linse mehr und eine Kifttfläche weniger bedeuten bereits 4 zusätzliche Glas-Luft-Flächen, an denen selbst bei hochwertiger Mehrschichtvergütung ca. je 0,3% bis 0,5% Licht verlorengeht.

4. Das Spektivobjektiv muß auch noch aus einem zweiten Grund besser korrigiert sein, nämlich weil es mit wechselbaren Okularen verwendet werden soll. Bei einem Fernglasobjektiv können eventuelle kleine Restfehler durch entgegengesetzte Fehler des fest eingebauten Okulars (teil)kompensiert werden, was den optischen Aufwand reduziert. Beim Spektiv dagegen müssen Objektiv und alle Okulare möglichst für sich genommen optimal korrigiert sein. Also verstärkt das den oben unter 3 genannten Aspekt.

5. Jedes Umkehrprisma bringt aufgrund des langen Glaswegs nicht unerhebliche sphärische Aberration und chromatische Aberration ein, die bei der Objektivkonstruktion berücksichtigt (eliminiert) werden muß; für den Strahlengang ist ein Prisma nämlich eine sehr, sehr dicke planparallele Glasplatte, wenn man von den Spiegelungen absieht. Das ist erneut ein Grund für die höheren konstruktiven Ansprüche und verstärkt ebenfalls den oben unter 3 genannten Aspekt.

6. Damit trotz Trennmöglichkeit von Spektiv und Okular Wasserdichtheit und Dichtheit für die Stickstoffbefüllung gewährleistet ist und bei abgenommenem Okular das Eindringen von Staub in Bereich verhindert wird, die zur Reinigung schwer zugänglch sind, kann es evtl. nötig werden, als druckdichten und leicht zu reinigenden Abschluß des Spektivkörpers eine zusätzliche Glasplatte einzufügen, die zwei weitere Glas-Luft-Flächen hat und ebenfalls wieder Lichtverluste in der Größenordnung von mindestens ca. 0,3% bis 0,5% bringt.

7. Ebenso wie das Objektiv müssen auch die Okulare des Spektivs jeweils für sich genommen gut auskorrigiert sein (siehe oben unter Punkt 4), und deshalb haben hochwertige Spektivokulare in der Regel mindestens 6 Linsen, speziell bei Zoomokukaren noch erheblich mehr, während selbst sehr gute Fernglasokulare oft schon mit 5 Linsen auskommen. Auch hier bedeuten 1 bis 2 zusätzliche Linsen 2 bis 4 zusätzliche Glas-Luft-Flächen mit jeweils wiederum ca. 0,3% bis 0,5% mehr Reflexion selbst bei MC-Vergütung, also jeweils ca. 0,3% bis 05% weniger Transmission.

8. Das Umkehrprisma des Zeiss 8x42 FL ist ein Abbe-König-Prisma mit Dachkante, dessen Konstruktion Totalreflexion auf sämtlichen spiegelnden Flächen ermöglicht. Bei Totalreflexion aber entsteht kein Verlust (Reflexionsgrad 100%). Wenn aber das Umkehrprisma des Spektivs wie z.B. beim Schmidt-Pechan-Umkehrprisma eine Verspiegelung einer Fläche erfordert, dann gibt es erneut Verluste, nämlich bei normaler Aluverspiegelung bis über 10%, bei Silberverspiegelung um ca. 2% und bei dielektrischer Mehrschichtverspiegelung um ca. 1%. Da es bei Spektiven geradsichtige und abgewinkelte gibt und diese sehr unterschiedliche Umkehrprismen haben können, müßte man mehr Informationen haben, um hierzu Genaueres sagen zu können. Auf der Internetseite der Firma Baader-Planetarium

[www.baader-planetarium.de]

ist ein leider im Detail nicht klar genug erkennbarer Schnitt durch ein Zeiss Diascope mit abgewinkeltem Einblick zu sehen, bei welchem als Umkehrprisma „Schmidt-Prisma“ angegeben ist. Wenn damit das meistens als „Schmidt-Pechan-Prisma mit Dachkante” bezeichnete Umkehrprisma gemeint ist, das ein geradsichtiges Prisma ist, muß wohl noch ein zusätzliches Prisma für die Abwinkelung nötig sein (z.B. ein Bauernfeindprisma), das weitere 2 Glas-Luft-Flächen mit Reflexionsverlusten von je ca. 0,3% bis 0,5% zur Folge hätte.

FAZIT
Wenn Sie nun alle denkbaren Erschwernisse zusammenzählen, dann kommen Sie auf zusätzliche Verluste beim Spektiv, die weit über den 4% liegen, über die Sie sich bereits gewundert haben. Sie sollten sich also nicht darüber ärgern, daß die Zeiss-Spektive um 4% weniger Licht durchlassen als das 8x42 FL, sondern Sie sollten sich darüber freuen, daß sie NUR um 4% weniger Licht durchlassen, Zeiss also die beim Spektiv erheblich größeren Transmissionsprobleme dennoch so exzellent gemeistert hat.

Ich möchte zum Schluß noch einmal betonen, daß das mangels ausreichender Informationen über den Aufbau der genannten Geräte keine präzise Antwort auf Ihre Frage ist, sondern einen gewissen spekulativen Charakter hat, aber Ihnen hoffentlich verständlich machen kann, warum das Spektiv eine geringere Transmission als das Fernglas haben muß.

Walter E. Schön


PS.: Daß ich oben stets von 0,3% bis 0,5% Transmissionsverlust schrieb, war nötig, weil die Größe der Restreflexion nicht nur von der Vergütung abhängt, sondern auch vom Brechungsindes des Substrats (= des Glasmaterials, das vergütet wird). Da ein Objektiv oder Okular aus unterschiedlichen Glassorten zusammengesetzt ist, kann es zu deutlichen Unterschieden auch bei gleich hochwertiger, vielschichtiger MC-Vergütung kommen.
Thema Autor Klicks Datum/Zeit

Warum ist die Transmission der Spektive schlechter?

Walter Traub 1999 31. März 2005 15:00

Es gibt mehrere Gründe für die geringere Transmission der Spektive

Walter E. Schön 1971 02. April 2005 15:07

Re: Es gibt mehrere Gründe für die geringere Transmission der Spektive

Walter Traub 976 03. April 2005 15:32

Prismen in Spektiven

Frank Ullmann 1151 07. Februar 2009 23:10

Danke für die Ergänzung

Walter E. Schön 910 08. Februar 2009 14:37



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