Die mangelnde Übereinstimmung Ihrer Beobachtungsergebnisse mit denen vieler Teilnehmer dieses Forums ist wohl vor allem auf zwei wichtige Punkte zurückzuführen:
1. Es kommt darauf an, was man beobachtet. Ist es z.B. nur ein Vogel auf einem Ast, der innerhalb des Bildfeldes nur einen Bruchteil der sichtbaren Fläche ausmacht, dann reicht es sicher, in der Bildmitte und einem kleiner Umkreis darum herum ein scharfes Bild zu haben. Sieht man sich aber mit dem Fernglas z.B. eine ganze Herde Büffel an, die sich über das ganze Sehfeld (und evtl. darüber hinaus) verteilen, oder gar ein Deckenfresko in 20 m Höhe mit feinsten Strukturen über die volle Fläche des Sehfeldes, dann wird man sich zumindest weit über die Bildmitte hinaus, wenn nicht gar bis zum Bildrand hohe Schärfe wünschen.
2. Wie in vielen anderen Bereichen auch, wachsen die Ansprüche mit der Erfahrung. Wer z.B. vom ersten selbst verdienten Geld eine billige Stereoanlage kauft, mag zunächst an ihrem „vollen” Klang große Freude finden (und das ist auch gut so, denn sonst gäbe es zuviel Frust auf der Welt). Aber wer dann im Laufe der Zeit ein besseres Ohr dafür bekommt, nicht mehr nur Klassische Musik von Popmusik, sondern schon spätestens nach dem zweiten Takt Schumann von Schubert oder Mahler von Bruckner oder Debussy von Ravel unterscheiden kann, wer allein am Klang (also ohne das Instrument zu sehen) erkennt, ob eine Oboe oder eine Klarinette, eine Violine oder eine Bratsche, eine Trompete oder eine Posaune spielt, der wird wohl bald nach einer besseren HiFi-Anlage Ausschau halten und vielleicht in einigen Jahren ein Vielfaches dessen allein für bessere Lautsprecher investieren, was er ursprünglich für die gesamte Stereoanlage ausgegeben hat. Einen solchen Lerneffekt und daraus erwachsende höhere Ansprüche gibt es auch bei Ferngläsern. Und wenn Sie heute mit dem Apex oder dem Coquest mehr als zufrieden sind, wird das vielleicht noch ein paar Jahre so bleiben, aber dann werden Sie, zumindest wenn Sie das Fernglas oft als Instrument eines Hobbys benutzen (z.B. Ornithologie, Wandern, Bergsteigen) und ab und zu Gelegenheit haben werden, durch bessere Ferngläser zu schauen, eines Tages wahrscheinlich doch überlegen, ob es sich nicht lohnte, in die nächsthöhere Güteklasse aufzusteigen.
Lassen Sie sich jetzt nicht Ihre Zufriedenheit mit und Freude am Apex oder Conquest nehmen. Aber rechnen Sie dennoch damit, daß eines Tages Ihre Ansprüche steigen werden. Das muß nicht unbedingt heißen, daß es besser wäre, jetzt gleich das bestmögliche Fernglas zu kaufen. Denn das ist ja auch eine Frage der Kosten. Außerdem werden Sie nach der mit einem Apex oder Conquest gewonnenen Erfahrung nach einiger Zeit wohl besser zu entscheiden in der Lage sein als heute, ob dann als neues Fernglas z.B. ein 7x50 Porro, ein 12x50 Dachkant oder ein nie zu Hause bleibendes Kompaktfernglas 8x20 Ihr „Idealglas“ ist. Sie werden bis dahin auch feststellen, ob und wie wichtig für Sie eine Naheinstellung bis 2 oder 2,5 m wäre, ob Sie ein Fernglas brauchen, das wasserdicht ist, ob Sie 10fache oder gar 12fache Vergrößeung noch ruhig halten können usw. Wenn Sie sich heute schon ohne diese erst noch zu machende Erfahrung auf ein Fernglas der Klasse über 1000 Euro festlegen, könnten Sie auch eine nicht unbedingt falsche, aber doch zumindest nicht optimale Entscheidung treffen. Das wird Ihnen nach ausgiebiger Erfahrung mit einem weniger teuren Fernglas, das Sie dann mit geringerem Verlust verkaufen, wenn Sie auf Ihr „endgültiges“ Fernglas umsteigen, nicht so leicht passieren. Ich nehme an, daß Sie dann das „Herumgeteste“ auch etwas anders als heute sehen, und ich könnte mir sogar vorstellen, daß Sie sich dann vielleicht selbst an unseren „lauten Diskussionen" engagiert beteiligen.
Walter E. Schön
