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Re: Teleobjektiv als Spektiv?

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28. Juni 2005 10:44
Früher, vor mindestens 30 Jahren und danach noch eine ganze Weile, gab es von mehreren Zubehör- und einigen Kameraherstellern spezielle, mit einem Schmidt-Pechan-Bildumkehrprisma ausgestattete Okulare, die wie ein Telekonverter (oder wie das Kameragehäuse) am Teleobjektiv befestigt werden konnten und das Objektiv zu einem terrestrischen Fernrohr machten, also mit aufrechtstehendem, seitenrichtigen Bild. Ich dachte, daß zumindest Hama noch so einen Adapter liefern würde, aber konnte in meinem Hama-Katalog 2004/2005 leider keinen finden. Möglicherweise bietet derzeit in Deutschland nur noch Leica für das R-System einen solchen „Teleskop-Adapter TO-R” mit 12,5 mm Okularbrennweite an, wie hier beschrieben:

[www.leica-camera.de]

Das Problem war, daß diese Fernrohr-„Adapter” aus Kostengründen und wegen des beschränkten Auflagemaßes mit einem für ein großes Sehfeld viel zu kleinen Umkehrprisma und einem einfachen, wahrscheinlich nur zwei- oder dreilinsigen Okular mit ebenfalls kleinem scheinbaren Sehwinkel ausgestattet waren und daher der Beobachter nur einen „Tunnelblick” in der Größenordnung von vielleicht 30° hatte (ich besaß zwar auch einmal so einen Adapter von Hama für mein damaliges Nikon-F-System, aber ich habe den Sehwinkel nie nachgemessen und den Adapter bald wieder eben wegen dieses Problems verkauft). Größere Sehwinkel würden ein größeres Umkehrprisma erfordern, das aber wegen des auf ca. 45 mm beschränkten Auflagemaßes keinen Platz hätte. Ein weiteres Problem war die ziemlich enge Pupillenschnittweite, schätzungsweise um etwa 10 mm, die das Sehfeld bei Betrachtung mit Brille evtl. noch weiter einschränkte.

Wenn ich mich recht erinnere, lag die Brennweite der Okulare dieser Aapter bei 10 bis 15 mm, so daß die resultierende Vergrößerung zwischen 1/10 und 1/15 der Brennweite des vorgesetzten Objektivs lag (Beispiel: aus einem Tele 2,8/135 mm würde bei einer Okularbrennweite von 10 mm ein kleines Fernrohr mit 48,2 mm Öffnung (= 135 mm : 2,8) und 13,5facher (135 mm : 10 mm) Vergrößerung oder aus einem langen Tele 4/300 mm würde bei gleicher Okularbrennweite ein geradsichtiges Spektiv mit 75 mm Öffnung und 40facher Vergrößerung.

Ich möchte aber betonen, daß es prinzipiell durchaus möglich wäre (allerdings bei deutlich höherem Aufwand und mithin höheren Kosten sowie bei Verwendung eines 90°-Winkeleinblicks statt geraden Einblicks), ein durchaus gutes Spektiv auf diese Weise herzustellen, sofern man die Vergrößerung nicht zu hoch treibt und mit leichten Farbsäumen an kontrastreichen Kanten im Bildrandbereich leben kann. Denn die Kleinbild-Teleobjektive weisen einen relativ sehr großen Bildkreis von ca. 43 mm Durchmesser auf, der deutlich größer ist als der aller üblichen Spektivobjektive und auch weit größer als die Feldblenden der 1,25"-Astrookulare (max. ca. 28 mm), so daß eigentlich mit 2"-Astrookularen gearbeitet werden müßte, um dann ein riesiges Bildfeld sehen zu können. Ein Vorteil ist auch, daß die Bildfeldwölbung bei Kleinbildobjektiven sehr gut auskorrigiert ist, selbst bei einfachen Modellen in der Regel besser als bei vielen Top-Spektiv- und Teleskopobjektiven. Allerdings verhindert der bei Kleinbildobjektiven kurze Abstand zwischen Bajonettanschluß-Auflagefläche und Fokusebene (also das sogenannte Auflagemaß) von – je nach Kamerasystem etwas unterschiedlich – ca. 45 mm eine Nutzung des großen Bildfeldes, weil dieser Abstand nicht für ein ausreichend großes Prisma zu kurz ist.

Diese drei Nachteile der oft aus zahlreichen Linsen von mitunter auch beträchtlicher Dicke aufgebauten Teleobjektive schränken die Leistungsfähigkeit ein:

1. Die Transmission der Fotooabjektive dürfte je nach Linsenzahl (ca. 4 bis 8) wohl zumeinst unter 90%, bei Telezooms (oft 12 bis zu ca. 18 Linsen!) sogar manchmal unter 70% liegen, während die zwei- bis dreilinsigen Spektivobjektive – ohne die nachfolgenden Prismen und das Okular – Werte um 98% und evtl. mehr erreichen.

2. Die Teleobjektive sind dafür konstruiert, daß die Lichtstrahlen bis zur Bildebene nur durch Luft verlaufen, aber bei einem terrestrischen Fernrohr müssen sie zur Bildumkehr einen ziemlich langen Weg durch ein Prisma zurücklegen. Dieser Weg ist viel länger, als der Laie vermutet, denn der Lichtweg geht nicht geradewegs, sondern mehrfach „zick-zack” gefaltet durchs Prisma und wäre im Falle des Schmidt-Pechan-Prismas z.B. für einen Durchlaß von nur 15 mm schon fast 70 mm lang, und wenn für einen größeren Sehwinkel der Durchlaß verdoppelt würde, so wäre auch der Lichtweg entsprechend doppelt so lang!

3. Das oben erwähnte Auflagemaß von ca. 45 mm ist zu kurz, um ein Schmidt-Pechan-Prisma der genannten Größe und mit dem genannten langen Lichtweg darin unterzubringen, denn das Prisma müßte sich idealerweise vor der Bildebene befinden. Zwar könnte die Bildebene auch innerhalb des Prismas liegen, aber das brächte einige Probleme, z.B. könnte sich die Dachkante im Bild abzeichnen und es wären sehr spezielle Okularkonstruktionen nötig, und selbst damit ließen sich nicht mehr als nur einige Millimeter Spielraum gewinnen. Benutzte man statt des geradsichtigen Schmidt-Pechan-Prismas ein 90°-Amiciprisma, so hätte man jedoch mehr Spielraum für ein etwas größeres Sehfeld, weil beim Amici der Lichtweg durchs Glas bei gleichem Durchlaß nur ca. 37,5% des Lichtwegs beim Schmidt-Pechan-Prisma ist. Leider aber hat bisher kein mir bekannter Hersteller diesen Vorteil aufgegriffen und einen Teleskopadapter für Kleinbildobjektive mit 90°-Amiciprisma entwickelt: Er böte ein beträchtlich größeres Sehfeld, hätte dennoch weniger sphärische und chromatische Aberration und wäre für alle, die damit auch mal zenitnah den Nachthimmel betrachten möchten, den Vorteil des dafür viel günstigeren 90°-Einblicks. Nachteilig wäre nur, daß das Amiciprisma mit der für stärkere Vergrößerungen geeigneten hohen Genauigkeit des Dachflächenwinkels alles andere als billig wäre (die üblichen Astro-Amiciprismen taugen fast alle nichts!), insbesondere dann, wenn man es für höchste Abbildungsgüte auch noch mit einer Phasenkorrektur versehen wollte.

Ich habe vor, mir für ein seit langem geplantes lichtstarkes Dobson-Teleskop einen ca. 10fach vergrößernden 90°-Sucher mit aufrecht-seitenrichtigem Bild (wie in einem Spektiv, also auch terrestrisch einsetzbar) aus einem Fotoobjektiv nach ähnlichem Prinzip zu bauen: Ich setze allerdings aus Gewichtsgründen nur ein hochwertiges Leica-Projektionsobjektiv anstelle eines Aufnahmeobjektivs ein (weil die gesamte Fokussier- und Blendenmechanik entfällt, ist es kompakter und leichter, zudem habe ich ein etwas größeres Auflagemaß) und benutze kein geradsichtiges Schmidt-Pechan-Prisma, sondern ein hochwertiges 90°-Amiciprisma (es war als Militär-Restbestand bei BW Optik leider immer noch 128,- Euro teuer, weil es einen 25-mm-Durchlaß bietet und einen extrem niedrigen Winkelfehler der Dachflächen von kleiner 0,1 Bogensekunden bietet – übliche Amiciprismen auf dem Astromarkt sind um mehr als den Faktor 20 schlechter und zeigen deshalb bei stärkerer Vergrößerung schlechte Schärfe). Das Okular ist ein 25-mm-Zeiss-Okular aus einem Operationsmikroskop, das exzellente Schärfe in einem ca. 50° großen scheinbaren Sehfeld bietet (also vergleichbar dem von Plössl-Okularen). Der Versuchsaufbau auf einer improvisierten optischen Bank zeigte hervorragende Schärfe, aber zum Bau des Gehäuses hatte ich noch keine Zeit gefunden – nur die Konstruktionszeichnung ist weitgehend fertig.

Allein Prisma und Okular kosten ca. 350 Euro, so daß man sieht, daß ein kommerzieller Anbieter einen kompletten Adapter ähnlicher Qualität mit Amici- oder Schmidt-Pechan-Prisma wohl kaum zu einem Endverkaufspreis unter 800 bis 1000 Euro liefern könnte. Würden Sie da noch zugreifen? Wahscheinlich kaufen Sie dann lieber ein komplettes Spektiv.

Zu den eingangs beschriebenen Fernrohradaptern kann ich Ihnen nicht raten. Den von Leica kenne ich nur von Beschreibungen aus dem Katalog; er dürfte besser, aber zumindest hinsichtlich des engen Sehfeldes kann er nicht viel besser als die anderen sein, und zudem paßt er wegen des speziellen Bajonettanschlusses nur an Leica-R-Objektive.

Ich fürchte, Sie werden sich bei einem kompletten Spektiv bleiben müssen.

Walter E. Schön
Thema Autor Klicks Datum/Zeit

Teleobjektiv als Spektiv?

Patrik Küchler 3990 28. Juni 2005 02:02

Re: Teleobjektiv als Spektiv?

Michael Brücker 1915 28. Juni 2005 08:25

Re: Teleobjektiv als Spektiv?

Walter E. Schön 4097 28. Juni 2005 10:44

Re: Teleobjektiv als Spektiv?

Dietmar Streib 1819 28. Juni 2005 21:38

Adapter am Leica Teleobjektiv

Peter Kolb 1723 29. Juni 2005 05:10

Re: Teleobjektiv als Spektiv?

GStrakeljahn 1675 10. Juli 2005 15:18



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