Sehr geehrter Hr. Kummer,
sehr gerne will ich versuchen, Ihre Fragen zu beantworten.
Zunächst zu meinem Vergleichstest: Das Zeiss AS 63 wurde mit Zeiss/Baader-Zenitprisma benutzt. Als Okulare habe ich hochwertige Plössls und orthoskopische Okulare verwendet, immer bei vergleichbarer Vergrößerung - das AS hat etwa die doppelte Brennweite des Swarovski - also waren beim Spektiv Okulare mit entsprechend kürzerer Brennweite erforderlich. Es zeigte sich übrigens, daß nicht alle Astro-Okulare aus meinem Bestand, wie z. B. einige ältere Nagler Typ 2, am Spektiv zu verwenden waren, das Bild ließ sich nicht scharfstellen.
Mein Ergebnis - das deutlich schlechtere Abschneiden des Spektivs bei höheren Vergrößerungen - kann m. E. verschiedene Ursachen haben:
1. Der Strahlengang im Astrorefraktor ist - auch bei Verwendung eines Zenitspiegels oder -prismas - einfacher als im 45° Spektiv, daher können auch weniger Fehler entstehen. Wenn man nämlich z. B. das Astrofernrohr mit einen 45°-Amiciprisma anstelle des Zenitprismas verwendet, läßt die Bildqualität auch deutlich nach.
2. Ich könnte natürlich eine Spektiv-"Gurke" und ein "Traum"-AS erwischt haben und mein Ergebnis ist nur ein Einzelfall.
3. Die Spektive sind - das ist nach meiner Vermutung wohl der wichtigste Punkt - in erster Linie für terrestrische Beobachtungen gedacht und auch kontruiert. Hier reichen Vergrößerungen bis ca. 60x völlig aus, da die Luft am Tage bei horizontnahen Beobachtungen so stark flimmert, daß selbst diese 60x nur selten eingesetzt werden können. Warum also ein teures Objektiv konstruieren, das auch bei 120x noch Toppbilder liefert, wenn das nie gebraucht wird. Bei einem Fernglas mit 8facher Vergrößerung baut ja auch kein Hersteller ein Objektiv ein, daß auch noch bei 50X scharf abbildet. Mir sind jenenfalls Äußerungen eines Astrooptikexperten bekannt, daß Spektive ( auch die Spitzengeräte ) beim Sterntest bzw. an der optischen Bank keine besonders gute Figur abgeben.
An Ihrer Stelle würde ich, wenn es in erster Linie um astronomische Beobachtungen geht, auch ein astronomisches Gerät wie das Vixen ED81 erwerben. Ein Spektiv kommt dann in Betracht, wenn in der Hauptsache Naturbeobachtungen auf dem Programm stehen, hier hat dieses Gerät durch Kompaktheit und Wasserdichtigkeit große Vorteile. Auch gelegentliche Beobachtungen von offenen Sternhaufen oder der Milchstraße machen sicherlich auch mit dem Spektiv viel Freude, bedenken Sie aber, daß zenitnahe Beobachtungen mit dem 45°-Einblick nur mit Nackenverrenkungen möglich sind!
Mit freundlichen Grüßen
Manfred Müllers