Man sollte zwei Fälle unterscheiden.
a. defekte bzw. dejustierte Optik
b. die absolute oder relative Bewertung der Teleskopqualität
a. ist relativ einfach, je nach Aufwand kann man diese Fehler feststellen und qualifizieren. Eine Quantifizierung, also eine zahlenmäßige Bestimmung der Fehler ist dagegen schon erheblich schwieriger und wird von uns eigentlich nie durchgeführt, da der Aufwand immens ist. Aber wenn es gewünscht und bezahlt wird, ist auch eine qualitative Bewertung mit Interferrometrie und Transmissions/Reflexionsmessung über den sichtbaren Frequenzbereich möglich.
Aus unserer Praxis kann man sagen, daß es ganz selten zu echten Fertigungsfehlern kommt. Meistens sind die reklamierten Geräte dejustiert oder die Käufererwartungen sind zu hoch bzw. atmosphärische Effekte werden nicht berücksichtigt, Zitat " bei tiefstehendem X sehe ich aber Farbsaum, obwohl ein Spiegel doch keinen Farbfehler hat".
b. ist sehr aufwendig, eine absolute Bewertung übersteigt unsere Ausstattung und müßte auch immer an mehreren Exemplaren durchgeführt werden. Daher reduzieren wir unsere Bemühungen auf relative Vergleichsbeobachtungen. Dazu dienen uns eine Reihe unterschiedlicher Optiken.
- Kosmos SB60, Refraktor
- Zeiss 63/840 Refraktor
- Vixen 90M, Refraktor
- Vixen 102M 1:10 Fraunhofer
- Vixen 114M 1:8 Newton
- Zeiss 100/1000 APQ
- Pentax 100/1200 ED
- Vixen 150N 1:5 Newton
- Lichtenknecker K125/3500 Kutter
- Lichtenknecker K150/3000 Kutter
- Lichtenknecker 110/1650 Refraktor
- Zeiss 150/1200 APQ
- Zeiss 180/1800 Meniscas
- Meade LX10, SC
- Eigenbau Newton 150/1200, Duran, Selbstschliff
- Eigenbau Newton 350/1680, Zerodur, Lichtenknecker Optics
- Swarovski 10 x 50 SLC
- Zeiss 10 x 56 Victory
- Zeiss 15 x 60 Classic
- Swarovski AT 80 HD
die Liste erscheint sehr lang, aber wenn man dieser Liste die Vielzahl an angebotenen Instrumenten entgegenhält, wird man sofort begreifen, daß eine relative Einordnung immer noch sehr schwierig ist. Kommt uns eine interessante oder fremde Optik in die Finger, versuchen wir uns auf dieser Basis ein Bild zu machen. Problematisch ist dabei, daß wir normalerweise nur ein Prüfexemplar zur Verfügung haben, also Verallgemeinerungen sehr schwierig sind. Ein weiteres Problem ist, daß einige unserer eigenen Optiken schon ziemlich alt und wertmäßig nur schwer einzuordnen sind.
Ein weiteres Problem ist der notwendige Einsatz unterschiedlicher Okulartypen und Okularbrennweiten. Vergleichen Sie einmal den 125er Kutter mit dem Vixen 130 ED. Der Kutter arbeitet wunderbar mit mittellangen Plössl. z.B. 15 bis 20 mm und zeigt dabei detailreiche Planetenoberflächen. Der kurzbrennweitige Vixen 130 ED erfordert ein 4 bzw. 5 mm LV Okular. Da wird es dann schwierig mit dem Vergleich.
Ihren 102 mm FH von Meade kann man gegen den 102 mm von Vixen vergleichen, wobei dieser Test am Himmel einfach ist, Beobachtungen mit 100mm Öffnung gehen fast immer. Bei der Bewertung des Farbsaumes ist immer zu beachten, daß dies viele Männer überhaupt nicht stört, weil ihre Farbsehfähigkeit reduziert ist. Also entweder einmal zum Augenarzt oder die Ehefrau/Freundin um Mithilfe bitten.
Was wir nicht testen, ist das Temperaturverhalten der einzelnen Optiken. Hier spielen zu viele verschiedene Faktoren hinein.
Es hat sich herausgestellt, daß man immer nur A/B-Vergleiche machen sollte. Da es sich immer um Einzelexemplare handelt, reicht ein besser/gleich/schlechter als Bewertung aus.
Wir vergleichen auf diese Weise etwa 3-4 Reklamationen und 8-10 Fremdgeräte jährlich, das ist schon Aufwand genug.
Zur Frage der Inzahlungnahme des Meade müßten wir das Gerät sehen, um ein Angebot abzugeben.
Werner Jülich