Wer glaubt, für 7 Euro ein 20x50-Fernglas auch nur halbwegs brauchbarer Qualität zu bekommen, findet bei mir kein Mitleid. Man sollte vor dem Klick auf die Option „Kaufen“ bei eBay nicht den Verstand abschalten.
Außerdem ist 20fache Vergrößerung freihändig nicht mehr brauchbar, weil das Bild so zittert, daß man weniger erkennt als mit einem 10fach- oder 8fach-Fernglas. Wer so etwas ohne das dafür unverzichtbare Stativ kauft, dem geschieht Strafe recht.
Ungeachtet dessen möchte ich Sie aber dabei unterstützen, den offenbar gewissenlosen Verkäufer in die Schranken zu verweisen.
1. Die tatsächliche Vergrößerung kann man auf verschiedene Art ermitteln. Die Methode mit Messung der Austrittspupille ist gerade bei Schrottferngläsern problematisch, wenn man nicht weiß, wie groß der EFFEKTIVE Öffnungsdurchmesser ist. Bei der internen Abblendung, wie sie oft zu finden ist, weil die Schärfe wegen miserabler Objektivqualität sonst noch viel schlechter wäre, ist nämlich der von außen sichtbare Objektivdurchmesser irreführend. Aber auch, wenn das Objektiv nich abgeblendet wurde, aber die Umkehrprismen zu klein dimensioniert sind, tritt aufgrund der dadurch bewirkten Vignettierung eine Verfälschung ein. In beiden Fällen messen Sie dann eine kleinere Austrittspupille, und wenn Sie den vermeintlichen (von außen sichtbaren bzw. hier in der Fernglasbenennung 20x50 mit 50 mm angegebenen Objektivdurchmesser durch diese zu kleine AP dividieren, erhalten Sie eine stärkere Vergrößerung, als das Fernglas tatsächlich hat.
Besser ist folgende Vorgehensweise: Fernglas auf einem Stativ befestigen oder auf eine feste Unterlage wie z.B. einen Tisch legen, so daß es nicht wackeln kann. Fernglas auf eine weit entfernte Wand ausrichten. An der Wand z.B. ein kleines Bild anpeilen, das im Fernglas ganz (also ohne Beschnitt) zu sehen ist, und scharfstellen. Nun mit einem Auge durchs Fernglas und mit dem anderen daneben vorbei in Richtung Bild schauen. Sie sehen ein Doppelbild: mit einem Auge das vergrößerte Motiv, mit dem anderen Auge sehen Sie es unvergrößert. Merken Sie sich an der Wand im Bild des Auges ohne Fernglas, wie hoch dort der Bilderrahmen, den Sie mit dem anderen Auge vergrößert sehen, ist. Eine zweite Person kann hilfreich sein, wenn Sie ihr Anweisungen geben, an der Wand (im unvergrößerten Bild) die Oberkante und die Unterkante des vergrößerten Bildes zu markieren. Wenn der Bilderrahmen z.B. 20 cm hoch wäre und Sie die Vergrößerung an derselben Wand so sehen, als ob sie 220 cm hoch wäre, dann vergrößert das Fernglas 220:20 = 11fach.
2. Eine "gefühlte Vergrößerung" ist Schwachsinn. Sagen Sie dem Verkäufer, daß Sie ihr Geld zurück haben wollen und geben Sie ihm dafür 20 Cent mit der Bemerkung, das seien „gefühlte 7 Euro”.
Wenn ich in einem Anflug von Geistesabwesenheit diesen Kauf getätigt hätte und nun im Besitz dieses Fernglases wäre, würde ich den Verkäufer verklagen. Offenbar kann man mit dieser Tour genug Geld machen, weil es genügend naive Käufer gibt und der Schwindel daher gut ankommt.
3. Sie schrieben, Sie hätten sich vor dem Kauf im Internet „schlau gemacht”. Ich verstehe unter schlau etwas anderes. Es hätte Ihnen nicht „fast” klar, sondern „ganz” klar sein müssen, daß Sie nicht „unter Umständen”, sondern „mit Gewißheit“ Schrott bekommen. Buchen Sie die zum Fernster hianusgeworfenen 7,- Euro als „Lehrgeld“ ab.
Können Sie die eBay-Nr. der Auktion angeben, in der Sie den Schrott gekauft haben? Ich würde mir mal gern ansehen, wie der Verkäufer das Fernglas dort beschrieben hat.
Walter E. Schön
