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Gegenfrage: Kann man 50% besser dichten als Goethe?

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19. Oktober 2005 18:04
Derartige Produkte wie dieses Mikroskopobjektiv werden nicht für eine Schar von Hobbyisten gefertigt, die oft länger sparen müssen, um sich den „Luxus“ von Spitzenqualität leisten zu können, sondern sie werden zu mindestens 99% professionell eingesetzt — in wissenschaftlichen Forschungseirichtungen, in Kliniken, in der Materialprüfung, in der Industrie, in der Kriminalistik usw. Da ist immer das Beste gerade gut genug, denn die mit den besseren Geräten gewonnenen Ergebnisse bringen das betreffende Unternehmen schneller vorwärts, und die Investition hat sich dann bald amortisiert. Man ist dort also ganz pragmatisch und bezahlt auch höchste Preise, wenn sich damit beste Resultate erzielen lassen. Diese Produkte sind also jeweils sehr nahe an der Grenze des zum jeweiligen Zeitpunkt Machbaren, aber deswegen sind sie auch extrem teuer.

Man darf ferner bei der Beurteilung solcher Preise nicht vergessen, die produzierten Stückzahlen einzukalkulieren! Es werden sicher viel mehr Spitzenklasse-Ferngläser 10x50 und 12x50 als solche Mikroskopobjektive verkauft. Und da sowohl Entwicklungskosten als auch Werkzeugkosten bei kleinen Stückzahl hoch zu Buche schlagen, kann es dann sehr leicht zu solchen (nur für den Laien horrend hoch erscheinden) Preisen kommen.

Ein extremes Beispiel wären die Geräte, die in den Weltraum geschossen werden, z.B. zu Forschungszecken auf der ISS oder ähnlich. Das sind manchmal sogar Einzelfertigungen, und die können dann Hunderttausende oder gar Millionen kosten, würden aber, wenn man davon z.B. 5000 Stück pro Jahr verkaufen könnte, nur einen winzigen Bruchteil davon kosten. Nur gibt es die dafür nötigen jährlich neuen 5000 Käufer nicht.

Was technisch machbar ist, ist übrigens immer auch eine Frage des Zeitpunkts. Als ich noch studierte, waren z.B. keine elektronischen Taschenrechner machbar, und wenn ich im Fach Numerische Mathematik meine Übungsarbeiten ablieferte, so waren die (für heutige Verhältnisse ganz altmodisch) auf einem Fernschreiber-Lochstreifen eingestanzt und wurden auf dem Elektronenrechner „Perm” der TU München (den wir von der Uni mitbenutzen durften) verarbeitet, der etwa so groß wie mein heutiges Wohnzimmer war, in einem vollklimatisierten Saal stand und bei dem eine Wartungsperson ständig damit beschäftigt war, Röhren zu überprüfen und auszuwechseln. Heute ist mein Macintosh G5, der nur einen winzigen Bruchteil dessen gekosten hat, was damals die „Perm“ kostete, der in meinem nicht klimatisierten Büro seit zwei Jahren rund 14 bis 16 Stunden am Tag ohne bisher eine einzige Wartung läuft, um einiges leistunsfähiger! Und heute sind elektronische Taschenrechner für die vier Grundrechenarten technisch machbar, die nur soviel kosten wie ein Ring Schinkenwurst.

Bei Ferngläsern, um wieder zum Ausgangsthmema zu kommen, sind wir im heute technisch Machbaren den physikalischen Grenzen schon ziemlich nahe, so daß eine weitere Evolution in der Größenordnung wie der Sprung von der „Perm“ zum Macintosh G5 nicht mehr möglich sein wird. Aber auch heute schon könnte man gegenüber einem Ultravid oder Victory FL noch ein paar Kleinigkeiten verbessern (diese Geräte stellen also nicht das heute technisch Machbare dar), aber weil sich mit zunehmender Perfektion der Aufwand und damit der Preis mindestens exponentiell steigert, würde man die wirklich an der Grenze des technisch Machbaren angsiedelten Ferngläser niemandem mehr verkaufen können. Oder würden Sie vielleicht 30000 Euro (in Worten: dreißigtausend Euro) für ein Leica Hypervid bezahlen?

Wie Walter Wehr schon geschrieben hat: Jeder Fernglashersteller muß seine Produkte auch verkaufen können. Diejenigen, die sich in der Spitzengruppe etabliert haben und deshalb auf Spitzenqualität achten müssen, müssen deshalb immer auch darauf achten, daß ihnen vor lauter Perfektionismus nicht die Kosten aus dem Ruder laufen. Es ist ein ständiger Balanceakt zu entscheiden, wie weit man im Streben nach höchstmöglicher Qualität gehen darf, ohne den Kosten-Bogen zu überspannen. Irgendwie scheint da in der Klasse der „normalen“ Ferngläser (also der Größenordnung bis etwa 12x50) derzeit das von ausreichend vielen Käufern akzeptierte Limit bei ca. 2000 Euro zu liegen. Also werden die Tophersteller versuchen, das ZU DIESEM ENDVERKAUFSPREIS TECHNISCH MACHBARE (der Werksabgabepreis ist niedriger) zu realisieren – nicht das absolut technisch Machbare.

Ihre Frage, ob „ein Fernglas noch 50% besser“ ginge, ist insofern nicht beantwortbar, als Sie erst mal eine Qualitätsskala angeben müßten, aus der hervorgeht, wie die vielen einzelnen Parameter in Prozentwerte umgerechnet werden sollen: Schärfe (Prozentwert = Auslösungsvermögen?), Kontrast (???), Bildfeldwölbung (???), Transmission (wenn Sie den Transmissionsgrad = Prozentwert setzen wollen, sind 50% mehr gar nicht möglich, da jetzt etwa 90% erreicht sind und man dann auf 135% käme, was der Energiegewinnung aus dem Nichts gleichkäme), Sehfeldgröße (???), Verzeichnung (???) usw., usw. Bei einigen Parametern muß man auch noch den Verlauf von der Bildmitte bis zum Rand mit ins Kalkül ziehen, was alles nochmals komplizierter macht. Also sagen Sie bitte erst, was für Sie „50% besser“ ist. Vorher kann die Frage nicht beantwortet werden.

Erlauben Sie mir eine Gegenfrage: Meinen Sie, daß man 50% besser dichten könnte als Goethe? Oder ob man 50% besser malen könnte als Michelangelo? Oder ob man 50% besser komponieren könnte als Beethoven?

Walter E. Schön

Thema Autor Klicks Datum/Zeit

Optische Grenzen

Mannes Urban 1674 19. Oktober 2005 12:53

Re: Optische Grenzen

P. Nisius 1067 19. Oktober 2005 16:55

Re: Optische Grenzen

Walter Wehr 1049 19. Oktober 2005 17:00

Re: Optische Grenzen

T. Boehm 911 19. Oktober 2005 17:01

Gegenfrage: Kann man 50% besser dichten als Goethe?

Walter E. Schön 1063 19. Oktober 2005 18:04

Re: Optische Grenzen

Franz-Josef Severin 1066 20. Oktober 2005 07:27



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