Das ist leicht zu erklären:
1. Bei allen Ferngläsern müssen die kegelförmigen Lichtbündel jedes einzelnen Bildpunktes durch das Umkehrprisma durch. Der Lichtkegel, von dem ich hier spreche, hat als kreisförmige Grundfläche die Objektivöffnung (Eintrittspupillenfläche) und seine Kegelspitze im jeweiligen Bildpunkt. Ich hoffe, Sie können sich auch ohne Zeichnung vorstellen, was ich meine.
2. Nun betrachten wir die Größe des Bildfeldes, das durch die freie Fläche der Feldblende vor dem Okular definiert ist. Nehmen Sie nun einen Bildpunkt oben ganz am Rand dieser freien Feldblendenfläche und betrachten Sie den zu diesem Bildpunkt gehörenden Strahlenkegel gemäß obigem Punkt 1. In einer Querschnittszeichnung (Schnitt durch die opt. Achse) erscheint dieser Strahlenkegel als ein Dreieck. Da wir als Beispiel einen Bildpunkt ganz oben angenommen haben, müssen wir nun in diesem Dreieck die obere Linie, also den am höchsten verlaufenden Lichtstrahl betrachten, der vom oberen Rand der Objektivöffnung zum Bildpunkt am oberen Rand der Feldblende führt.
3. Nun muß für ein vignettierungsfreies Bild auch dieser ausgewählte Lichtstrahl das zwischen Objektiv und Feldblende, und zwar ralativ dicht vor der Feldblende liegende Umkehrprisma durchlaufen. Wir brauchen dabei die mehrfache Umlenkung im Prisma nicht zu berücksichtigen, sondern können uns den Lichtweg zu einer geraden Linie „aufgefaltet“ und das Prisma wie ein langes, enges Rohr vorstellen. Denken wir uns dieses Rohr (= das Prisma) im Querschnitt groß genug dimensioniert, daß der betrachtete Lichtstrahl gerade noch durchtreten kann. Wenn Sie jetzt den Öffungsdurchmesser (Objektivdurchmesser) vergrößern und den entsprechenden neuen Lichtstrahl von dessen Rand zum gleichen Bildpunkt in der Feldblende zeichnen, so liegt der außerhalb des Rohres (Prismas). Das heißt, daß es nicht mehr das Prisma durchläuft, also nicht im oben betrachteten Bildpunkt ankommt, Sie ihn also beim Blick durchs Fernglas nicht sehen können. Zeichnen Sie nun einen Lichtstrahl vom oberen Ende der Objektivöffnung so, daß er gerade noch ins Rohr (Prisma) paßt, und Sie werden sehen, daß Sie nun in der Feldblendenebene zu einem Bildpunkt kommen, der näher an der opt. Achse liegt. Und das bedeutet nichts anderes, als daß Sie bei einem vergrößerten Objektivdurchmesser unter Beibehaltung der Größe des Umkehrprismas einen kleineren Bilddurchmesser, also ein kleineres Sehfeld erhalten.
4. Natürlich ließe sich auch mit dem größeren Objektivdurchmesser ein gleich großer Bilddurchmesser bzw. ein gleich großes Sehfeld erzielen wie zuvor mit dem kleineren Objektivdurchmesser. Aber dann müßten Sie größere Umkehrprismen nehmen. Und das ist nicht nur viel teurer, als wenn Sie für beide Fernglasgrößen nur eine Prismengröße fertigen müssen, sondern das Fernglas mit größerem Objektivdurchmesser wird auch erheblich größer und schwerer: Wenn Sie den Objektivdurchmesser um z.B. 20% vergrößern, müssen Sie in diesem Falle auch den Durchmesser des Umkehrprismas um nahezu 20% vergrößert, also ca. um den Faktor 1,2. Da aber die Form der Prismas beibehalten werden muß, werden die Breite, die Höhe und die Länge der Prismas um jeweils den Faktor 1,2 vergrößert, das Volumen und damit auch das Gewicht somit um den Faktor 1,2·1,2·1,2 = 1,728. Volumen und Gewicht wachsen also um ca. 73%! Natürlich werden auch die Halterung der Prismas und das Gehäuse des Fernglases großer, und am Ende wiegt Ihr 7x50-Fernglas vielleicht 400 g mehr als Ihr jetziges und es wäre viel klobiger. Würden Sie es dann noch kaufen?
Deshalb gehen die meisten Hersteller lieber den Weg, für die 50-mm-Ferngläser dieselben Umkehrprismen wie für die 42-mm-Fenrgläser zu verwenden und dafür ein etwas vermindertes Sehfeld in Kauf zu nehmen.
Walter E. Schön