Ich verbringe viele Wochenenden bei meinen Verwandten in der Eifel. Vom Haus aus hat man einen freien Blick bis zum Waldrand. Bereits gegen 15.00h kommen die ersten Tiere zum Vorschein, Rehe und Rehböcke. Sie bewegen sich vorsichtig und stehen in einer losen Gruppe herum. Das Fernglas zeigt mir jedes Detail und wie sie sich unterscheiden. Die Hörner der Rehböcke sind nicht immer symmetrisch, ein Bock hat eine abgebrochene Spitze, ein Reh scheint eine Beinverletzung zu haben, es geht unsicher.
Die Rehe sind jeden Nachmittag zu sehen, sie werden sich an die HÀuser gewöhnt haben, denn sie stehen oft ganz ruhig und zupfen Gras. Es fÀllt mir schwer, eine echte Hierarchie zu erkennen. Die Entfernungen schÀtze ich auf 100-500 Meter.
Ăhnlich einfach ist die Beobachtung der Wildschweine. Sie kommen spĂ€ter und auch nicht regelmĂ€Ăig, aber dafĂŒr kĂŒndigen sie sich laut an. Es ist dann oft schon sehr dunkel, was man erkennen kann sind schwarze Klumpen, die sich bewegen. Einmal habe ich 17 Tiere gezĂ€hlt, aber meistens sind es nicht mehr als 10.
Wenn man mehr sehen will, muĂ man sich in Bewegung setzen. Man zieht sich Gummistiefel an und geht ein StĂŒck in den Wald. Dort gibt es eine Lichtung, weil der Boden fĂŒr BĂ€ume zu sauer ist und vielleicht auch zu feucht. Hier halten sich die Wildschweine auch am Tag auf, denn es gibt einen kleinen Bach, den sie in ein SchlammflĂ€che verwandelt haben, Schweinekosmetik gegen Ungeziefer. Ob sie wissen, dass wir sie beobachten? Vermutlich ja, die WĂ€lder dienen ja auch der Naherholung, dazu kommen noch die Waldarbeiter. Wir verhalten uns aber so als wĂ€ren wir Spione, unauffĂ€llig und aus groĂem Abstand.
Das schwere Glas kommt voll zur Geltung, denn auch am Tag ist es hier nicht richtig hell.
Ich konnte schon mehrmals einen Dachs beobachten, wie er aus dem Schatten heraus sichtbar wird, dann beeilt er sich und ist wenige Sekunden spĂ€ter verschwunden. Hat der Dachs natĂŒrliche Feinde?
Der Höhepunkt ist die Hirschbrunft.
Die Bullen veranstalten einen HeidenlĂ€rm, sie sind die Könige unserer WĂ€lder und scheren sich nicht darum, wenn Besucher durch ihr heiseres Rufen und das harte Krachen der Geweihe angelockt werden. Die Hirschbrunft ist inzwischen ein Publikumsmagnet geworden, wir stehen in mehreren kleinen Gruppen regungslos auf einem Hang und beobachten das Treiben aus weniger als 200 Metern Entfernung. Die Bullen geraten ganz schön schlimm aneinander, Tiere groĂ wie Pferde, aber mit einer Wut und Energie, dass der Beobachter gerne Abstand einhĂ€lt. Es kommt zu Verletzungen durch die Spitzen und durch das Gehölz, das die wĂŒtendem Tiere ignorieren. Im Gegensatz zu vielen Menschen sind diese Tiere fair, der Verlierer gibt nach und darf dann unbehelligt entkommen.
Zur Hirschbrunft reicht sicher auch ein kleines Fernglas oder man verzichtet ganz darauf um den weiten Kampfplatz vollstĂ€ndig zu ĂŒbersehen.
Ich kenne auch die meisten Vögel, auch wenn ich noch nicht alle einheimischen Arten gesehen habe. Mir fehlt der Uhu, obwohl es in der NĂ€he zwei Horste geben soll, dafĂŒr habe ich aber mehrmals Adler gesehen. Spinnt der, werden sich manche fragen, Adler? Zur AufklĂ€rung, die Greifvogelstation Hellenthal ist in der NĂ€he und die Vögel haben oft Freiflug, der wird dann zu AusflĂŒgen in die Nachbarschaft genutzt. Zur FĂŒtterung sind sie dann aber wieder zurĂŒck.
Ich habe mich langsam an das 10x56 herangetastet, es ist ideal fĂŒr gröĂere Entfernungen und wenig Licht.
Es zeichnet sind durch seine sehr guten optischen Werte aus und schneidet auch im Gegenlicht gut ab, ebenso in der Ergonomie. Mein Begleiter - Holzbauer - schĂ€tzt das 8x56 in der klassischen Form, weil es ihm mehr DĂ€mmerungsreserven liefert. Mir fehlt es dann aber an der VergröĂerung, vielleicht muĂ man sich durch viel Beobachten an die schwĂ€cheren VergröĂerungen heranarbeiten. Ich trage das Glas um den Hals, das ist zu berĂŒcksichtigen, wenn man lĂ€ngere Touren plant. FĂŒr diesen Fall habe ich noch ein Hensoldt 8x30, da bleibt das 10x56 im Schrank.
Hagen Bauer