Ich würde einige Punkte unterscheiden.
Der kritische Betrachter findet bei vielen Produkten Finishschwächen, d.h. die Produktionsqualität ist nicht makellos. Hier sind in geringem Umfang sogar Spitzenprodukte betroffen, aber häufiger findet man diese Finishprobleme im Bereich der preiswerteren Produkte. Diese Produkte sind neu, es gibt Verarbeitungsmängel, die Sie je nach Preisklasse und Wertigkeit reklamieren sollten. Ein Fernglas für 100 Euro kann nicht so sorgfältig verarbeitet sein, wie ein Fernglas für 1000 Euro, da stimmen Sie sicher mit mir überein.
Besonders in den einfacheren Qualitäten ist der Auslieferungszustand nicht so, wie man sich das vorstellt. Da gibt es Schmutz, Fingerabdrücke usw. Es kann beim Oberflächenmaterial auch zu Inhomogenitäten kommen, da ist die eine Stelle etwas rauh, die andere Stelle glänzt dagegen schon abgegriffen. Dies ist die bezahlte Qualität, den Einen stört es, den Anderen nicht.
Wenn man ein Fernglas für 49 Euro im Laden kauft, dann hat der Hersteller davon weniger als 5%, typisch sind hier Abgabepreise um 2,75-2,90 US-Dollar, inkl. Verpackung, Tasche, Tragriemen. Die populären 10 x 50 für unter 100 Euro kosten um die 6 US-Dollar, immer entsprechende Stückzahlen vorausgesetzt. Der Rest ist Transport, Werbung und Handelsspanne. Ich kenne einige Hersteller in China, die schaffen es bis heute nicht, eine einzige Auslieferung homogen zu bestücken, wie sollen die sich da um Feinheiten wie Finish kümmern.
Kommen wir zum anderen Punkt.
Ein Premiumglas, sollte in excellentem Zustand sein. Wenn Sie Sorgfalt verlangen, wird zumindest der Händler es ausgepackt und geprüft haben. Erwarten Sie nicht, daß er dazu weisse Baumwollhandschuhe anzieht, er nimmt es in die Hand und die ist verschwitzt, schmutzig, jedenfalls nicht unsichtbar. Das macht dem Glas nichts, da dürfen ruhig 20 Hände angepackt haben, eine Reinigung mit etwas Prilwasser macht die Armierung wieder wie neu.
Wenn Sie bei einem Versandhändler kaufen, haben Sie Rückgaberecht. Es liegt in der Logik des Systems, daß da dann auch Gläser nach intensiver Kurznutzung zurückgegeben werden. Diese Gläser müßten ordentlich gereinigt und geprüft werden, dann sind sie für meine Vorstellung VERSANDHANDELNEU, ich kreiere einmal einen neuen Begriff. Die Wahrscheinlichkeit, ein solches retourniertes Glas zu erhalten ist nicht soo groß, wie man jetzt befürchten würde, aber natürlich gehört sie zum Geschäftsprinzip.
Wenn Sie ein solches Glas erhalten haben, dann sollte der Händler diese retournierte Ware prüfen und reinigen. Ich würde mir im Zweifel auch mehr Gedanken über den Transport machen, als über die Photonen, die durch dieses Glas schon in andere Augen gelangt sind. Es ist aber klar, daß in der Kalkulation der Versender die gründliche Prüfung und Reinigung nur in kritischen Fällen vorgesehen ist, wer soll denn den Aufwand bezahlen?
Robert Fritzen