Wenn man sich ein bißchen mit den optischen Gesetzen auskennt, muß man das nicht erst ausprobieren, um zu wissen, daß das nicht funktioniert:
Wenn Sie eine Vorsatzlinse üblicher Art (d.h. mit positiver Brechkraft) vor das Objektiv eines Spektivs setzen, ändert sich nicht die Vergrößerung, sondern verkürzt sich entsprechend der Dioptrienzahl die Eintfernungseinstellung, so daß Sie einen erweiterten Nahbereich erhalten.
Beispiel: Wenn die kürzeste Naheinstellung Ihres Spektivs 4 m beträgt, so wäre es sinnvoll, eine Vorsatzlinse von +0,25 dpt Stärke (das bedeutet 4 m Brennweite, denn die Dioptrienzahl ist der Kehrwert der in Meter gemessenen Brennweite) zu verwenden. Dann nämlich haben Sie bei Fokussierung auf die sonst übliche Unendlicheinstellung bereits eine Naheinstellung auf 4 m, und wenn Sie dann die normale Naheinstellung mit der Fokussierwalze bis zum Endanschlag benutzen, kommen Sie auf eine nunmehr auf 2 m verkürzte Naheinstellung. Also haben Sie den Einstellbereich von ehemals unendlich bis 4 m (ohne Vorsatzlinse) damit erweitert um den Nahbereich von 4 m bis 2 m (mit Vorsatzlinse +0,25 dpt).
Mit einer schwächeren Vorsatzlinse, die Sie schwerlich bekommen dürften, ergäbe sich eine Überlappung mit dem normalen Einstellbereich und eine längere Minimalentfernung. Das wäre also nicht so gut. Und wenn Sie eine stärkere Vorsatzlinse benutzten, begänne Ihr Einstellbereich mit Vorsatzlinse bei einer kürzeren Entfernung als 4 m, so daß dann zwischen den beiden Bereichen (ohne/mit Vorsatzlinse) eine Lücke klaffte.
Wenn Sie die Vergrößerung verstärken wollten, müßten Sie entweder
1. ein Okular kürzerer Brennweite (z.B. ein Astrookular mittels des von Zeiss erhältlichen Adapters) oder
2. einen sog. Booster (keine gute Lösung, da sehr starke Einengung des Sehwinkel!) oder
3. vor dem Objektiv einen Tele-Vorsatzkonverter (afokales System) verwenden. Solche Tele-Vorsatzkonverter gibt es auch in relativ großen Öffungsdurchmessern für semiprofessionelle Videocamcorder. Aber die halbwegs guten (richtig gute kenne ich nicht) kosten schon mindestens 1000 Euro und sind sehr groß und schwer.
Raynox hat erst kürzlich einen 1,8fach Vorsatzkonverter DHP-9000EX für semiprofessionelle Videocamcorder vorgestellt, der 1040,- Euro kostet, 825 g wiegt, 108 mm lang ist, einen Durchmesser von 120 mm hat und ein Anschlußgewinde von 72 mm Durchmesser besitzt, was für das Diascope 65 T* FL ohne Vignettierung ausreichte. Sie brauchten dann nur einen passenden Adapterring, vermutlich auf ein 68-mm-Gewinde - leider habe ich keine Abgaben über die Gewindegröße dieses Spektivs. Ein Vorteil der Lösung 3 ist, daß sich die AP-Größe mit Vorsatz gegenüber der ohne Vorsatz fast nicht vermindert (sie vermindert sich in diesem Falle aufgrund des Eintrittspupillengröße des Konverters nur geringfügig). Sie hätten also mit dem Okular für 45fache Vergrößerung dann 81fache Vergrößerung bei statt 1,44 mm großer noch immerhin eine knapp über 1,3 mm große Austrittspupille.
Ich rate Ihnen von der Lösung 2 wegen des sehr kleinen Sehwinkels und von der Lösung 3 vor allem aus Preis-, Volumen- und Gewichtsgründen, aber auch wegen der Sie möglicherweise enttäuschenden Bildqualität ab. Es bleibt also nur Lösung 1.
Zu guter Letzt möchte ich Sie aber darauf hinweisen, daß Sie bereits bei der auf normalem Wege mit dem Diascope 65 T* FL, also mit den dazu lieferbaren Zeiss-Okularen erzielbaren Maximalvergrößerung 45fach eine nur noch 1,44 mm große Austrittspupille haben. Bei noch höherer Vergrößerung gemäßLösung 1 oder 2 verkleinert sich die AP weiter, und das bedeutet dann ein ziemlich dunkles Bild, das bereits bei hellem Tageslicht auffällt und für die Dämmerung gänzlich ungeeignet ist.
Walter E. Schön
