Hallo,
heute möchte ich über einen Versuch berichten, den Anwendungsbereich des bildstabilisierten Fernglases Canon-L-IS 10x42 zu erweitern.
Die Idee dazu kam mir, als ich in einem Astroforum las, dass manche Beobachter zwei Telekonverter zusammengebastelt hatten, um ein binokulares holländisches Fernglas mit weitem Sehfeld zu erhalten.
Meine erste Digicam war die Bridgekamera Sony DSC F717. Nach 2 Jahren hatte ich den Wunsch, den Telebereich zu erweitern und schaffte den 1.7fach Konverter Sony VCL_HGD1758 an.
Mit der Bildqualität war ich zufrieden bis auf die außeraxial deutlich sichtbare CA, diese konnte ich aber mit einem Mausklick in Photoshop beseitigen.
Nach Umstieg auf das Canon EOS System 2006 verschwand der Konverter dann für 23 Jahre im Schrank.
Das bildstabilisierte FG Canon 10x42 L IS besitzt objektivseitig 52mm Gewinde, der Sony Konverter wiederum ein 58mm Gewinde. Mittels eines 58mm-52mm Reduzierrings von z.B. hama kann der Konverter sicher an einem der Canon-Tuben befestigt werden; da der Schalter zum Betätigen des Stabi nur mit der rechten Hand gut zu erreichen ist und ich auch normalerweise mit rechts fokussiere, wählte ich den linken (Foto).
Optische Eigenschaften
Zu beachten ist: der Konverter wird vor das Objektiv geschaltet. Der VCL_HGD1758 hat frontseitig einen freien Durchmesser von ca. 77mm, rückseitig gut 42mm. Damit wird das Objektiv des Canon Bino nicht abgeschattet und die AP von 4.2mm bleibt erhalten! Also ergibt die Kombination ca. eine 17x71 mono Optik.
Das „native“ Canon Bino 10x42 L IS besitzt eine ausgezeichnete Schärfe in der Bildmitte, die dank Bildfeldebnungslinsen zum Rand nur wenig abfällt. Auch mit dem Konverter ist die Bildschärfe sehr gut, aber die außeraxiale CA ist unübersehbar. Kritische Motive (Krähe oder Amsel vor hellem Hintergrund) müssen unbedingt in der Bildmitte platziert werden.
Nahpunkt:
dieser wächst bei der Kombi leider von 2.5m auf 8m an.
Scharfstellung:
diese funktioniert natürlich nicht mehr synchron für beide Tuben. Immerhin: Objekte, die weiter als ca. 100m entfernt sind, brauchen beim Wechsel von links nach rechts nicht nachfokussiert werden.
Streulicht
Das native Canon Bino verhält sich bei Streulicht sehr gutmütig, besser als jedes andere meiner (zu) zahlreichen Ferngläser. Aber auch Sony hat seine Hausaufgaben gemacht: auch mit Konverter bleibt das Streulichtverhalten im Wesentlichen erhalten.
Am gespanntesten war ich natürlich auf die
Bildstabilisierung
Diese ist leider nicht mehr so perfekt wie beim nativen Canon Bino. Ist das Bild bei eingeschalteter Stabitaste im rechten „Normal“Tubus absolut ruhig, so schwankt das Bild links ein wenig, aber nur niederfrequent. Das allseits bekannte nervöse hochfrequente Gezitter ist weitgehend ausgeschaltet. Also gibt es einen großen Unterschied zwischen ein- und ausgeschalteter Stabilisierung.
Bei Freihandhaltung mit eingeschaltetem Stabi sind links bei 17fach „semistabilisiert“ deutlich feinere Details als rechts bei 10fach „perfekt stabilisiert“ zu erkennen. Wenn man die Arme auflegt, wird der Unterschied noch größer.
Astronomie:
Im Liegestuhl, bei Beobachtung im Zenit und aufgelegten Armen, arbeitet die Stabilisierung auch links sehr gut, nahezu perfekt. Man sieht mit der Kombi deutlich mehr Sterne und Details als rechts. Astronomischer Vergleich mit einem 15x56 Swaro SLC (vorletzte Generation): trotz einer AP von nur 3.73 erscheint das binokulare Bild im Swaro etwas heller, aber es fehlt natürlich die Bildruhe.
Interessant bei der Kombi ist das Umschalten von rechts („aufsuchen“) nach links („Detailbeobachtung“).
Ergonomie
Man sieht es den beigelegten Fotos schon an: nicht gut. Der Konverter hat vorne ca. 90mm Durchmesser und ist ein solider Metall/Glas-Klotz, die Kombi wiegt satte 1.68kg! Am besten, man umfasst links den Konverter weit vorne. Die rechte Hand fasst weit hinten, um zu fokussieren bzw die Stabitaste zu betätigen. Allerdings: so gehalten erscheint das Bild links (17fach) auch ohne Stabi recht ruhig.
Fazit
Lohnt sich der Aufwand? Wenn man einen solchen Konverter bereits besitzt (z.B. für die Fotografie eingesetzt hat): ja. Die Kosten belaufen sich ja nur auf den Übergangsring von gerade einmal 17 €. Da ein guter Konverter (und um den handelt es sich bei dem Sony VCL_HGD1758 zweifellos) nicht zum Schnäppchenpreis zu bekommen ist, muss die Anschaffung ausschließlich für diese Art von visueller Beobachtung gut überlegt sein.
Grüße von Andreas
