Schon in Ihrem zweiten Beitrag hatten Sie geschrieben „ich muß jetzt jeden kleinen Entfernungswechsel nachstellen, aber sonst bin ich sehr zufrieden“, und nun ergänzen Sie „... sonst leidet die Beobachtungsfreude durch die knappe Schärfentiefe. Das scheint mir aber der einzige kleine Nachteil zu sein“.
Das haben Sie völlig richtig beobachtet. Aber weil möglicherweise Sie selbst oder Leser Ihrer mitgeteilten Erfahrungen das für eine Schwäche des Swarovski-Boosters halten könnten, möchte ich folgendes ergänzen:
Die vom Beobachter wahrgenommene Schärfentiefe eines Fernglases oder Spektivs hängt vor allem, um nicht zu sagen: fast ausschließlich vom Akkommodationsvermögen des Beobachers und von der Fernglas- bzw. Spektivvergrößerung ab. Das hat zwei wichtige Konsequenzen.
1. Junge Beobachter nehmen aufgrund ihrer noch sehr guten Akkommodationsbreite bei ein und demselben Fernglas oder Spektiv eine wesentlich größere Schärfentiefe wahr als ältere Beobachter. Die Akkomodationsbreite beträgt durchschnittlich mit 20 Jahren ca. 12 dpt, mit 30 Jahren ca. 9 dpt, mit 40 Jahren ca. 6 dpt, aber mit 50 Jahren nur noch 2 dpt und über 60 Jahre nur nach 1 dpt. Im Alter um 45 Jahre geht's besonders steil bergab.
2. Die von ein und demselben Beobachter bei verschiedenen Vergrößerungen wahrgenommene Schärfentiefe verhält sich näherungsweise umgekehrt proportional zum Quadrat der Vergrößerung. Daher ergibt sich z.B. für ein 10fach-Fernglas im Vergleich zu einem 8fach-Fernglas eine um den Faktor (8:10)ˆ2 = 0,64 geringere oder nur noch 64% der Schärfentiefe des 8fach-Fernglases. Da der Swarovski-Booster die Vergrößerung des Gesamtsystems um den Faktor 2 steigert, muß sich also die Schärfentiefe um den Faktor (1:2)ˆ2 = 0,25 oder auf 1/4 vermindern. Ein Spektiv oder ein anderes Fernglas mit derselben Vergrößerung hat ungeachtet seiner Öffnung, seines Bauprinzips oder seiner Fabrikats dieselbe geringe Schärfentiefe. Da Sie, Herr Höll, den Booster an ein 8x50-Fernglas montiert haben, bekommen Sie aufgrund der nunmehr erhaltenen 16fachen Vergrößerung genau dieselbe auf ein 1/4 verminderte Schärfentiefe, wie sie Ihnen jedes andere 16fach vergrößernde Fernglas oder Spektiv auch geboten hätte.
Wenn Sie mit einem anderen 16fach vergrößernden Fernglas mit größerer Öffnung vergleichen, z.B. mit dem Fujnon 16x70, so haben sie bei letzterem eine größere AP von ca. 4,4 mm statt ca. 3,1 mm bei Ihnem 8x50 mit Booster. Wenn bei der Beobachtung die Helligkeit so gering wird, daß sich Ihre Augenpupillen weiter als auf 3,1 mm öffnen, so wäre dann beim Fujinon das Bild wegen dessen größerer nutzbarer AP ein bißchen heller, aber die Schärfentiefe dann sogar ein ganz klein wenig geringer (denn die Schärfentiefe hängt auch von der effektiven Eintrittspupille des Auges und somit bei geringer Helligkeit von der AP-Größe ab).
Fazit: Die verminderte Schärfentiefe und der daraus resultierende Zwang zum viel häufigeren Nachfokussieren bei Verwendung des Boosters ist eine Tatsache, aber kein spezifischer Nachteil des Boosters, sondern allein eine Folge der höheren Vergrößerung. Ein Fernglas oder Spektiv ohne Booster mit derselben Vergrößerung hat dieselbe geringe Schärfentiefe.
Walter E. Schön