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Abschätzung des größtmöglichen Sehwinkels eine Prismenfernglases

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05. März 2009 13:02
Vorab ein Hinweis zu den von Ihnen genannten Kompaktferngläsern: In meiner Liste gemessener scheinbarer Sehwinkel (SSW)

[www.juelich-bonn.com]

sind die erstgenannten drei Kompaktferngläser bereits enthalten. Sie weisen die folgenden, für die Verwendung als Opern-/Theaterglas unbefriedigend kleinen scheinbaren Sehwinkel auf:

44,4° Nikon 5x15 Titan

48,1° Pentax Papilio 6,5x21

51,5° Nikon 8x20 HG-L

Das Kompaktfernglas mit dem größten SSW, allerdings mit asymmetrisch links liegendem, schwergängigem Fokussierrad, ist mit

53,7° Zeiss Victory Compact 8x20 B T*

Für das von Ihnen genannte Kowa BD 8x25 wird ein Sehfeld von 110 m auf 1000 m angegeben, was aufgrund der relativ geringen kissenförmigen Verzeichnung der Kowa-Ferngläser einen SSW von etwa 49° bis 50° ergeben dürfte, also etwa in der Mitte zwischen Pentax Papilio 6,5x21 und Nikon 8x20 HG-L. Für das Zeiss-Monokular 4x12 B T* gibt Zeiss 41° an.

Wir haben folgende bekannte Situation: Zunächst nimmt bei Ferngläsern „normaler Größe“ (ab 7facher Vergrößerung) mit kleiner werdender Vergrößerung der tatsächliche Sehwinkel zu, aber der scheinbare Sehwinkel aufgrund der Bündelbegrenzung durch das Umkehrprismensystem langsam ab. Wir wünschen uns bei einem Theater-Fernglas aber sowohl einen großen tatsächlichen Sehwinkel, um möglichst die ganze Bühne oder zumindest große Teile davon überblicken und das gesamte Spielgeschehen verfolgen zu können, andererseits aber auch eine gewisse Mindestvergrößerung von z.B. 3fach oder 4fach und auch einen ordentlichen scheinbaren Sehwinkel, um nicht das Gefühl zu haben, durch ein kleines Guckloch zu schauen.

Ausgehend von der Erfahrung eines sehr angenehmen SSW von 60° und etwas mehr bei den hochwertigen 8x32-Gläsern und dem obigen Wissen sollte es möglich sein, eine optimale Theaterglas-Vergrößerung unterhalb von 8fach zu finden, die einen ebenso großen Sehwinkel von mindestens 60° mit einem jedoch noch deutlich größeren Sehfeld verbindet. Die geringere Vergrößerung ist akzeptierbar, sofern sie nicht unter etwas 3fach oder 4fach sinkt, wenn dabei das Fernglas kompakter wird als ein 8x32 und das tatsächliche Sehfeld deutlich größer wird als ca. 150 m auf 1000 m (das ist derzeit der „Rekordwert“ eines Zeiss Victory 7x42 FL, das allerdings für ein Theaterglas viel zu groß und zu schwer ist).

Nun ergibt sich leider ein von mir im Zusammenhang mit den Fernglas-Boostern (monokularen Nachvergrößerungsgläsern, die auf ein Okular des Fernglases aufgesteckt oder aufgeschraubt werden und 2fach bis 3fach vergrößern) schon erwähntes Dilemma: Je geringer die Vergrößerung unter Beibehaltung eines komfortablen scheinbaren Sehwinkels wird, um so größer muß das Umkehrprismensystem relativ zur Objektivbrennweite sein. Und da gibt es bei vorgegebenem Mindest-SSW irgendeine Vergrößerung, bei der das Umkehrprismensystem den gesamten freien Raum zwischen Objektiv und Feldblende ausfüllt. Würde man die Vergrößerung im Interesse eines noch größeren Sehfeldes weiter vermindern, hätte das Prismensystem keinen Platz mehr zwischen Objektiv und Feldblende.

Ich will nun versuchen, diesen Grenzfall herauszufinden, mit dem sich eine Idealvergrößerung für ein Theaterfernglas ergäbe.

Wenn man als Umkehrprismensystem ein Porrosystem verwendet, das unter allen Prismensystemen die kürzeste Weglänge im Glas (für einen festen Durchlaßquerschnitt) hat, so wäre die Weglänge im Glas genau das 4fache des Querschnittsdurchmessers. Wenn wir einen Feldblendendurchmesser von 15 mm annehmen, für den es Weitwinkelokulare (mit SSW von 60° oder mehr) verschiedener Brennweiten gibt, wäre der Glasweg im Prisma also 60 mm lang. Nehmen wir den Extremfall, daß die Feldblende nur wenige Millimeter hinter der Prismen-Austrittsfläche liegt (genau in der Austrittsfläche ist ungünstig, weil dann jede Verunreinigung und jeder Kratzer auf oder in dieser Fläche scharf im Bild sichtbar wird).

Nun muß die bildseitige Hauptebene des Objektivs ein kleines Stückchen vor der Prismen-Eintrittsfläche liegen, weil die Linsen eine gewisse Dicke haben und die Hauptebene bei den üblichen Fernglasobjektiven (die keine Retrofokusbauweise haben) nicht am Ende des Objektivs oder gar dahinter liegt, sondern irgendwo „mittendrin“. Wenn wir einfach mal ca. 10 mm Abstand der Hauptebene vor der Prismen-Eintrittsfläche annehmen, was angesichts des relativ kleinen Objektiv-Öffungsdurchmessers denkbar wäre, können wir schon ein wenig rechnen: Es ergibt sich mit einiger Rechnerei, die ich Ihnen ersparen will, daß dann der maximale Neigungswinkel des Hauptstrahls eines Bildpunktes am Rand des Sehfeldes, der aus dem auf der optischen Achse liegenden Hauptpunkt H' austritt, etwa 11,25° beträgt. Ein noch schräger verlaufender Hauptstrahl würde nicht mehr die Austrittsfläche des Prismensystems, sondern seitliche Prismenflächen treffen. Somit ergibt sich für ein derartiges Prismenfernglas ein maximal möglicher tatsächlicher Sehwinkel von 2 · 11,25° = 22,5° und daraus ein maximales Sehfeld von 2000 · tan 11,25° = ca. 398 m auf 1000 m. Das wäre ja großartig!

Wenn wir wollen, daß an allen vier spiegelnden Flächen des Porro-Prismensystems Totalreflexion auftritt, darf jedoch der Neigungswinkel der für die Bildentstehung genutzen Lichtstrahlen bei BaK4-Glas nicht größer als 8,62° relativ zur optischen Achse sein. Somit können wir die obigen 11,25° vergessen. Wir müssen für den Hauptstrahl sogar noch weniger als die genannten 8,62° zugrundelegen, weil wir ja einen den Hauptstrahl umgebenden Lichtkegel nutzen wollen. Wenn wir für den Öffnungswinkel dieses Kegels auf der kritischen Seite nur 2,62° abziehen, was schon eine nicht zu vernachlässigende Vignettierung (Helligkeitsverlust am Bildrand) bedeutet, so bleibt ein nutzbarer Neigungswinkel für den Hauptstrahl von ca. 6° und somit ein Sehwinkel von maximal ca. 12° und ein Sehfeld von jetzt nur noch 2000 · tan 6° = 210 m auf 1000 m übrig. Damit sind wir mit unserer groben Abschätzung ziemlich treffsicher nahe dem Wert 212 m gelandet, den Leica mit dem Amplivid 6x24 schon 1956 und später auch mit dem Trinovid 6x24 (mit Uppendahl-Umkehrprismensystem) erzielt hat.

Die Tatsache, daß uns die Forderung nach Totalreflexion stärker einengt als die Platzprobleme (Prismensystemlänge zwischen Objektiv und Feldblende), läßt uns also Raum für einen größeren Objektivabstand vor dem Prisma und ermöglicht daher mehr Freiheit für die Objektivkonstruktion und eine längere Brennweite, als durch die oben angenommene Prismengröße vorgegeben. Letztere hätte bei einem geometrischen Glasweg von angenommenen 60 mm in BaK4 einem Lichtweg in Luft von ca. 38,3 mm entsprochen. Die Objektivbrennweite sollte also mindestens 50 mm betragen, damit die Feldblende mindestens knapp 2 mm hinter der Prismen-austrittsfläche und die Hauptebene H' der Objektivs mindestens ca. 10 mm vor der Prismen-Eintrittsfläche liegt. Bei 50 mm Brennweite und einem Sehwinkel von 12° wäre der freie Durchmesser der Feldblende 50 mm · 2 · tan 6° = 10,5 mm. Ein Okular mit einem SSW von mindestens 60° müßte dann eine Brennweite von 10,5 mm : (2 · tan 30°) = ca. 9,1 mm oder weniger haben. Solche Okulare gibt es in genügender Zahl, z.B. als Astro- oder als Spektivokulare.

Mit der genannten Objektivbrennweite von ca. 50 mm und und der Okularbrennweite von ca. 9,1 mm oder weniger kommen wir auf eine Vergrößerung von ca. 5,5fach oder größer. Da wir aber aufgrund der in unserem Rechenbeispiel angenommenen Prismengröße von 15 mm Durchlaßquerschnitt und 60 mm geometrischem Glasweglänge deutlich mehr hatten, als wir an tatsächlich nutzbarer Sehfeldblendengröße (10,5 mm) brauchen, müssen es nicht Porrosysteme sein, sondern wären auch Dachkantsysteme wie Schmidt-Pechan, Uppendahl oder Abbe-König für kompaktere Bauweise (insbes. geringere Breite) verwendbar.

Mit anderen Prismensystemen und anderen Glassorten und bei Dachkantprismensystemen mit nur einer verspiegelten Fläche könnten wir den tatsächlichen Sehwinkel noch geringfügig, aber nicht mehr wesentlich steigern, vielleicht auf 13° oder gar nahe bei 14°. Ohne jetzt alles für die komplizieren Dachkantsysteme (mit unterschiedlichen Reflexionswinkeln) zeitraubend durchzurechnen, kann man sagen, daß sich ein Sehfeld von günstigstenfalls vielleicht knapp 240 m erzielen ließe. Wenn dann ein besonders weitwinkliges Okular von ca. 65° SSW und einer kissenförmigen Verzeichnung um ca. 10° zur Unterdrückung des Globuseffekts verwendet würde, so ergäbe sich als Optimum für ein Theaterglas ein ca. 4,8fach vergrößerndes Modell.

Ein 4,8x24 mit einer 5 mm großen AP, einem Sehfeld von 240 m auf 1000 m und einem SSW von 65° (inkl. Verzeichnung) wäre also das Nonplusultra. Ich denke, daß damit auch Herr Champollion sowohl hinsichtlich der AP-Größe als auch hinsichtlich des auf der Bühne überblickbaren Sehfeldes zufrieden wäre. Was jedoch ihn und andere Konzert-, Opern- und Theaterfreunde nicht glücklich machte, wären das Gewicht und die Größe des Fernglases. Ein Okular mit den hier geforderten Eigenschaften dürfte ein Gewicht nicht unter 200 g, eher um 250 g haben, und davon werden zwei benötigt, die zudem nicht zu dick sein dürfen, da bei beidäugigem Durchblick die Nase dazwischen Platz finden muß. Das ganze Fernglas dürfe trotz kleinerer Objektive kaum kleiner als ein 8x32 und möglicherweise sogar bis zu ca. 100 g schwerer sein.

Bei einer Beschränkung auf vielleicht nur 210 m Sehfeld und z.B. 5x25 wäre vielleicht ein Gewicht um 500 g machbar. Leica war also mit dem Amplivid und Trinovid 6x24 schon ganz dicht dran; es fehlten nur ein längerer AP-Längsabstand für Brillenträger (der aber zu viel größeren Okularen führt), bessere Transmission und bessere Randschärfe. Heute, also ca. 50 Jahre später, sollte das alles machbar sein.

Wie wär's, liebe Produktmanager und Konstrukteure bei Leica, Swarovski und Zeiss - wagt Ihr ein solches 5x25-Theaterglas mit SSW von ca. 65°? Ich denke, daß es bei einem Preis bis auf das Niveau eines 8x32 der Topklasse durchaus genügend Käufer für mindestens einen Hersteller gäbe. Der Einwand, es gäbe zu wenige Kulturbeflissene (= Konzert-, Oper- und Theaterbesucher), ist leicht zu entkräften, wenn man ein solches Fernglas nicht nur als Oper- und Theaterglas, sondern auch als „Sportfernglas“ oder noch konkreter als „Fußballfernglas“ vermarktet. Denn auch bei der Beobachtung von Sportereignissen wäre ein möglichst großes tatsächliches Sehfeld ein gewaltiger Gewinn!

Walter E. Schön



1-mal bearbeitet. Zuletzt am 06.03.09 16:59.
Thema Autor Klicks Datum/Zeit

Opernglas gesucht

Bernhard Kock 4017 04. März 2009 17:38

Re: Opernglas gesucht

Werner Jülich 1670 04. März 2009 19:03

Re: Opernglas gesucht - fast unmöglich!

marc champollion 2135 04. März 2009 23:54

Abschätzung des größtmöglichen Sehwinkels eine Prismenfernglases

Walter E. Schön 2885 05. März 2009 13:02

Re: Fussballfernglas bestelle ich sofort ...

marc champollion 1531 05. März 2009 15:03

Warum ist das Fußballfernglas möglich, nicht aber mein Vorschlag?

Manni 1376 05. März 2009 16:55

Die damalige Kritik richtete sich auf Ihre Erwartung eines „Kompakt-Fernglases“

Walter E. Schön 1495 05. März 2009 17:20

Re: Die damalige Kritik richtete sich auf Ihre Erwartung eines „Kompakt-Fernglases“

Bernhard Kock 1382 05. März 2009 18:41

Gewünschte Ergänzung zum 7x25-Manni-Wunschfernglas

Walter E. Schön 1757 05. März 2009 21:08

Schade, ...

Bernhard Kock 1402 05. März 2009 23:19

Technisch machbar ist es schon

Manni 1276 09. März 2009 07:37

Machbar wäre es, ja, aber ...

Walter E. Schön 1325 09. März 2009 09:29

Was ist vom Steiner Safari 8x22 zu halten? Sehfeld 122 m, Gewicht bei 220 Gramm?

Dieter Wolf 1881 09. März 2009 10:01

Sie irren, weil Sie einige wichtige Punkte übersehen

Walter E. Schön 1549 09. März 2009 10:36

Re: Papilio 6,5x21 als Opernglas ?

marc champollion 1652 06. März 2009 00:32

Re: Papilio 6,5x21 als Opernglas?

Bernhard Kock 1558 06. März 2009 07:50

Re: Papilio 6,5x21 als Opernglas?

marc champollion 1514 06. März 2009 09:08

Re: Abschätzung des größtmöglichen Sehwinkels eine Prismenfernglases

FC-Fan 1345 14. März 2009 01:31

Man darf nicht physikalisch Unmögliches verlangen oder erwarten

Walter E. Schön 1569 14. März 2009 10:15

Re: Man darf nicht physikalisch Unmögliches verlangen oder erwarten

Eberhardt Heiden 1284 14. März 2009 10:53

Re: Opernglas gesucht

Ralf 1678 06. März 2009 11:18

Ihr Jena Theatis 3,5x15 bietet trotzdem nur Tunnelblick

Walter E. Schön 2880 06. März 2009 11:40

Re: Ihr Jena Theatis 3,5x15 bietet trotzdem nur Tunnelblick

Ralf 1856 12. März 2009 06:31

Re: Ihr Jena Theatis 3,5x15 bietet trotzdem nur Tunnelblick

perejler 1667 28. Januar 2015 23:02



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