Da Herr Jülich den entscheidenden Punkt nur im Titel genannt hat, möchte ich eine etwas ausführlichere Erklärung ergänzen:
Die Umkehrprismen haben die Aufgabe einer Bilddrehung um 180° (die eigentlich nicht durch ein echte „Drehung“, sondern durch mehrfache Klappung mit Richtungsänderung erzeugt wird). Aber für die durchfallenden Lichtstrahlen stellen sie nicht nur schrägliegende spiegelnde Flächen (an denen die „Klappung“ erfolgt), sondern auch einen – je nach Größe des Fernglases – etwa 10 bis über 20 cm dicke planparallelen Glasklotz dar. Verliefen alle Lichtstrahlen zueinander parallel, ergäbe das bei schrägem Lichteinfall (von Objektpunkten außerhalb der Sehfeldmitte) nur einen Parallelversatz der Bildpunkte, allerdings für jede Farbe (Wellenlänge) ein bißchen anders, so daß Farbsäume entstünden. Doch tatsächlich handelt es sich bei allen später zu jeweils einem Bildpunkt wiedervereinten Strahlen um kegelförmig konvergierende Bündel, und darum ist die Schräge zur optischen Achse unterschiedlich, daher der Bildpunktversatz sogar für ein und dieselbe Farbe und erst recht für verschiedene Farben unterschiedlich, was bedeutet daß es nicht nur zu Farbsäumen durch chromatische Aberration, sondern auch zu erheblicher Unschärfe durch sphärische Aberration und Astigmatismus kommt.
Deshalb muß ein Objektiv, dem ein Umkehrprismensystem nachgeschaltet ist, anders korrigiert werden als z.B. ein Fernrohrobjektiv ohne nachgeschaltetes Umkehrprismensystem (Spiegel-Umkehrsysteme wirken anders, da das Licht nicht durch Glas, sondern nur durch Luft verläuft): Das Objektiv muß möglichst genau dieselben Fehler aufweisen, die das Umkehrprismensystem erzeugt, aber mit umgekehrtem Vorzeichen bzw. in umgekehrter Richtung. Denn dann können die hineingerechneten Fehler des Objektivs die unvermeidlichen Fehler des Prismensystems kompensieren.
Wenn Sie ein normales Fernrohrobjektiv, das nicht zur Kompensation der Aberrationen eines bestimmten Umkehrprismensystems (d.h. einer bestimmten Länge des Lichtweges durch den Glasklotz und einer bestimmten Glassorte mit bekannter Brechzahl und Dispersion bzw. Abbescher Zahl) gerechnet ist, vor ein solches Umkehrsystem setzen, dann bleiben die Aberrationen des Umkehrsystems in voller Größe wirksam, und dann kann eventuell ein Super-Apo-Objektiv am Ende im Fernglas ein schlechteres, d.h. unschärferes und deutlichere Farbsäume zeigendes Bild liefern, als der ursprünglich vorhandene einfache Achromat, der aber so gerechnet war, daß er die Aberrationen des Umkehrsystems weitgehend ausgleicht.
Lassen Sie also die Finger von einem solchen Umbauversuch, falls es Ihnen um eine Qualitätsverbesserung geht. Sollte der Umbau nur zum Spaß und zur Gewinnung neuer Erfahrungen dienen, wäre das etwas anderes. Sie hätten dann am Ende ein gutes Demonstrationsobjekt, um sichtbar zu machen, warum man Objektiv und Prismensystem sorgfältig aufeinander abstimmen muß.
Walter E. Schön