Daß die vergleichweise geringe Mehrleistung der HD-Version soviel Aufpreis kostet, ist nicht ungewöhnlich, auch keine „Geldschneiderei“, sondern ganz normal. Denn während es auf niedrigem Qualitätsniveau mit relativ geringem finanziellen Aufwand möglich ist, deutliche Verbesserungen zu erzielen, fällt das bei hohem Qualitätsniveau zunehmend schwerer.
Sehen Sie sich doch einfach die Autobranche an. Ausgehend von den kleinen, schwach motorisierten und spartanisch ausgestatteten Modellen bekommen Sie zu Mehrpreisen von 2000 oder 5000 Euro zum Teil ganz erhebliche bessere Fahrzeuge. Wenn Sie dann in der Klasse eines sehr teuren Mercedes SL oder Porsche angelangt sind und noch signifikant höhere Leistung und Ausstattung bekommen möchten, müssen Sie schon 100.000 Euro und mehr drauflegen, und oftmals ist das, was Sie mehr bekommen, nur "Prestige" und gar nicht oder nur minimal höhere Motorleistung, besserer Fahrkomfort oder mehr Sicherheit. Wenn es Ihnen vorwiegend auf Motorleistung ankommt, können Sie sich noch mit einem Formel-1-Fahrzeug merklich verbessern. Dann kann der Mehrpreis nochmals um eine Zehnerpotenz größer werden.
Wenn Ihnen der Vergleich mit Autos von der Größenordnung her übertrieben erscheint, bleiben wir bei Fahrrädern. Da sind wir bei Preisen, die sich auf ähnlicher Höhe bewegen wie bei Ferngläsern. Sie können für 500 Euro ein sehr viel besseres Fahrrad bekommen als für 200 Euro, und Sie werden diese Verbesserungen beim Fahren auch deutlich spüren. Wenn Sie aber schon ein Fahrrad für 1500 Euro haben und noch etwas Besseres wünschen, was läßt sich dann überhaupt noch verbessern? Sie können einen Rahmen aus Carbonrohr nehmen. Damit sparen Sie nicht mehr ein oder zwei Kilogramm oder noch ein bißchen mehr wie beim Aufstieg aus der Tiefpreiskategorie, sondern vielleicht noch 200 g bis 300 g. Sie können Metallteile aus Titan mit nitriergehärteter Oberfläche nehmen, und sparen nochmals 50 g oder 100 g. Und so geht es weiter. Alles kostet ab hier Mehrpreise in vielfacher Höhe der Mehrpreise bei Aufstieg von Ihrem ersten Fahrrad für 200 Euro. Da sind Sie schnell 5.000 Euro, 10.000 Euro oder gar noch mehr für ein simples Fahrrad los. Die Materialien und die Verarbeitung, die auf diesem Niveau für gerade noch feststellbare Verbesserungen nötig sind, kosten ein Vermögen, und die vergleichsweise geringen Stückzahlen machen alles nochmals teurer!
Zurück zu Ferngläsern und Spektiven. In der Einstiegsklasse genügt bereits ein bißchen Qualitätskontrolle und bei Bedarf Nachbessern und sorgfältigere Justage (oder überhaupt erst Justage, wenn zuvor einfach so zusammengebaut wurde, wie die Teile zusammenpaßten), um schon ein viel besseres Bild zu bekommen. In der Klasse über 1000 Euro sind alle simplen und kostengünstigen Verbesserungsmöglichkeiten bereits ausgereizt. Da helfen dann nur noch dielektrische Verspiegelung mit etwa 50 hauchdünnen und sehr präzise zu dimensionierenden Schichten statt einer simplen Aluminium- oder Silberschicht plus Schutzschicht, oder eine 8- bis 13fach-Mehrschichtvergütung auf allen freien Linsen- und von Licht durchdrungenen Prismenflächen statt eines einfachen „Blaubelags“, oder teure, schwierig zu bearbeitende Sondergläser, die Zentrierung der Linsen mit speziellen Laser-Zentriergeräten mit anschließender UV-Aushärtung der plastischen Füllungen in der Fassung statt einfacher Klemmung in leicht wellenförmigen Kupferringen. Ja, da will jede Kleinigkeit an Leistungssteigerung buchstäblich erkämpft sein mit einem "Wahrsinnsaufwand“ an modernster Technologie. Daß da die Preise explodieren, ist kein Wunder.
Jeder Käufer kann dann selbst entscheiden, ob ihm die noch etwas bessere HD-Version die 800 Euro Mehrpreis wert ist bzw. ob er sie sich die noch leisten kann. Aber wer weiß, welcher Aufwand getrieben werden muß, um aus einem sehr guten Spektiv ein hervorragendes zu machen, der wundert sich nicht über einen Mehrpreis in dieser Größenordnung. Andererseits darf der, dem die HD-Version zu teuer ist, sich darüber freuen, daß er für sehr viel weniger (800 Euro sind keine Kleinigkeit!) trotzdem ein wirklich sehr gutes Spektiv bekommt, das dem derzeit käuflichen Optimum schon sehr, sehr nahe ist. Sehen Sie es also positiv!
Ich möchte bei solchen Preisdiskussionen darauf hinweisen, daß schon eine simple Brille mit einer drahtähnlichen Fassung und links und rechts nur je einer Linse gut 500 bis über 1000 Euro kosten kann. Wenn Sie sich ansehen, wieviel mehr in einem hochwertigen Fernglas oder Spektiv steckt, müßte man sich eigentlich darüber wundern, daß so ein Spektiv nicht noch viel teurer ist.
Jetzt zu Ihrem Vorhaben, einen Snap-Shot-Adapter zu kaufen. Ich rate Ihnen nicht dazu, denn Sie können mit den heutigen Superzoom-Digitalkameras viel einfacher viel bessere Bildergebnisse erzielen, nicht zuletzt auch wegen der Ihnen dort zur Verfügung stehenden Bildstabilisierung, die am Fernglas mit Adapter nicht funktioniert. Dieser Adapter paßt auch nicht an alle Kameras, und bei einigen, an denen das herausfahrbare Zoomobjektiv in den Klemmring paßt, halte ich diese Kombination für problematisch, weil die Verbindung zwischen Fernglas und Kamera sehr fragil und wackelig ist. Die leicht gebauten Objektive sind nicht so stabil gebaut, daß man daran die Kamera am Fernglas(adapter) aufhängen kann.
Sie sollten, wenn Sie dennoch den Adapter kaufen wollen, Ihre Digitalkamera zum Kauf mitbringen und ausprobieren, ob die Verbindung paßt und ob Sie eine Brennweiteneinstellung finden, in der Sie Fotos ohne dunkle Bildecken aufnehmen können. Wundern Sie sich nicht, wenn es mit Ihrer Kamera nicht funktionieren sollte. Swarovski stellt den Snap-Shot-Adapter leider so dar, daß der potentielle Käufer gar nicht auf die Idee kommt, daß es bei der Anpassung Schwierigkeiten geben könnte.
Wie Sie sehen, kann ich keinen pauschen Rat geben, weil es sehr darauf ankommt, welche Digitalkamera Sie haben. Und selbst dann, wenn Sie mir das verrieten, werde ich vermutlich passen müssen, denn ich habe selbst nur mit wenigen Kameramodellen entprechende Versuche angestellt und habe weder die Zeit noch die Möglichkeit, alle derzeit aktuellen Kameramodelle daraufhin zu prüfen, welche paßt und welche nicht.
Walter E. Schön