Hallo Herr Ullmann,
danke für diese Information. Naja, solche Investitionen müssen sich natürlich rechnen, und wenn es zur Zeit nicht so gut aussieht auf dem Markt, dann ist diese Entscheidung bestimmt richtig. Irgendwie finde ich es ein bißchen schade, da die Idee vom Bariumkronglas Valley in Deutschland ja Charme und vielleicht auch wirtschaftliche Kraft und technologische Stärke hätte. Andererseits ist es vielleicht ganz gut für den Wettbewerb, wenn Produktionsstätten, Mitarbeiter und eventuell auch noch einige Lieferanten eine gewisse Eigenständigkeit, oder besser Eigenart bewahren, damit wir diese auch noch in den Endprodukten der geschätzten Hersteller wiederfinden, die sich zur Zeit ja - Gott sei Dank - nicht wie ein Ei dem anderen, oder wie ein Automodell dem eines anderen Herstellers gleichen.
Aber nun zu Ihnen Herr Ullmann, unserem Mann an der Quelle sozusagen. Ist es spannend dort bei Wetzlar? Lungern Sie jeden Samstag in den Showrooms von Zeiss und Minox herum? Könnten wir Sie vielleicht dazu überreden, für uns hin und wieder Ausschau nach Erlkönigen zu halten?
Also ich stelle mir das so vor: Ein als Kundendienstfahrzeug getarnter Wagen verläßt das Werksgelände von Zeiss, allerdings sitzt kein Monteur im Blaumann am Steuer, sondern ein junger Mann mit weißem Hemd. Er fährt zu nächsten Bergkuppe und holt zwei nebeneinander mit Klebeband fixierte blau-weiße Transportverpackungen für die 85er Diascope Spektive heraus. Sie sehen an den Bewegungen des Herren, daß dort etwas schweres drin stecken muß. Als er es auf ein Stativ wuchtet, fällt Ihnen auf, daß in jedem Karton vorn ein großes und hinten ein kleines Loch geschnitten ist, durch letztere schaut der Herr im weißen Hemd nun konzentriert und spricht dabei in ein Aufzeichnungsgerät. Zack! Und schon haben Sie ihn im Fokus und schießen uns ein paar schöne Aufnahmen vom neuen Zeiss-Großfernglas in aufgespachtelter Karosse.
Oder nächstes Beispiel: Ein als älterer Wanderer getarnter Zeissianer verschnauft auf einer Bank und scheint beiläufig die gegenüberliegende Waldkante durch ein altes Zeiss Victory 8x40 zu beobachten. Dann fällt Ihnen auf, daß er ständig das Glas von links nach rechts schwenkt, wobei er häufig absetzten und den Kopf schütteln muß. Einmal schluckt er auch ein Pille und trinkt etwas Wasser nach. Am Ende der Sequenz legt er das Glas unsaft zur Seite und muß sich in eine Kunststofftüte mit Zeiss-Werbeaufdruck übergeben. Sie melden uns dann schnell im Forum, daß sich der Prototyp der Zeiss-Antwort auf randscharfe, verzeichnungsarme Swarovision, Nikon HG L und Kowa XD bereits in der Erstmustererprobung befindet.
Na Herr Ullmann, heute schon an der frischen Luft gewesen? Und vergessen Sie die Kamera nicht! Vielleicht die kleine von Minox?
Spekulativste Grüße,
Jan Münzer